Volltext: IX. Jahrgang, 1904 (IX. JG., 1904)

Seite 58. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 8. 
einer römischen Wasserleitung auf, welche sich zur 
Linken in regelmässigen Zwischenräumen, entsprechend 
den Pfeilern des Bauwerkes, neben dem Fahrdamme des 
Weges bis zum Gebiet der Ausgrabungen hin zieht. 
Damals wurde das Wasser dieser Quellen mittels jener 
gemauerten Wasserrinne nach Altofen geleitet, wo der 
bedeutendere Teil „Aquincum“ lag. Nähert man sich den 
aufgedeckten Ruinenfeldern, so erblickt man zur Rechten 
die unregelmässigen Grundmauern der ehemaligen 
römischen Niederlassung, in deren Mitte auf angemessener 
Erderhebung ein kleiner Neubau in Gestalt eines 
„templum in aut es“ die würdige Heimstätte zur Unter¬ 
bringung der wertvolleren kleineren Funde bildet, zur 
Linken verbergen sich hinter einem langgestreckten 
Wall von Abraum die Grundmauern des Amphitheaters. 
Dieses, wie jenes Ausgrabimgsgebiet reicht, bis dicht an 
die genannte Chaussee heran, ein drittes, kleineres be¬ 
findet sich zur Rechten, etwas weiter entfernt, in der 
Nähe eines zur Donau hinziehenden Weges. Zwar bieten 
die bisherigen Ergebnisse der Ausgrabungen nicht an¬ 
nähernd den Reichtum interessanter und wertvoller 
Funde, wie ihn die blossgelegten Trümmer ganzer 
römischer Städte anderwärts zutage gefördert haben; die 
Baureste von „Aquincum“ dürften aber das nicht un¬ 
interessante Bild einer kleinen und einfachen römischen 
Ansiedlung (canabae) geben, wie solche in der Nähe der 
römischen Standquartiere durch Niederlassung von den 
mit den Lagern unzertrennbaren Marketendern, Händlern 
und Veteranen zu entstehen pflegten. Entsprechend den 
schlichten Lebensansprüchen dieser Ansiedler, welche 
überdies mit dem Wechsel der Legion auch diese Lager¬ 
stadt wechselten, ja nicht einmal Eigentumsrecht an den 
von ihnen bebauten Grund und Boden besassen, zeigt 
sich auch die räumlich höchst bescheidene Ausdehnung 
der Privat- und öffentlichen Bauten sowie deren schlichte 
bauliche Ausstattung und die Armut an gefundenen 
Kunsterzeugnissen. Freilich ist der überwiegende Teil 
der Stadt den Blicken noch entzogen. In folgendem wird 
versucht, eine kurze Beschreibung der bis dato auf¬ 
gedeckten wertvolleren Baufunde zu geben. Die Ent¬ 
stehung der Stadt ist bereits oben angedeutet worden. 
Der Name „Aquincum“, ist nicht aus dem römischen 
„Aquae quinque“ entstanden, sondern ist keltischen 
Ursprungs. Hier stand die einzige Hilfslegion der ehe¬ 
maligen Provinz Pannonien, die „prima adjutrix“. Unter 
dem Kaiser Hadrian wurde sie durch die zweite Hilfs¬ 
legion ersetzt. Das Lager selbst lag zur Linken, west¬ 
lich der Chaussee und ist auffallenderweise noch nicht 
ganz ausgegraben. An dieses Lager schlossen sich sehr 
bald die Ansiedlungen von Veteranen, Kaufleuten und 
anderen mit dem Lager in innigem Verkehr bleibenden 
Händlern an und es entstanden ausserdem die bei den 
römischen Soldaten unentbehrlichen Öffentlichen Bade¬ 
anstalten, Gebäude für Leibesübungen und Tempel¬ 
bauten. Zufolge der langen Dauer des hiesigen Stand¬ 
quartiers, etwa 300 Jahre, entwickelte sich Aquincum 
allmählich und wurde sogar während der Regierung des 
Kaisers Septimus Severus (193—211) zur Kolonie er¬ 
hoben. Von den Barbaren wiederholt bedrängt, hielt sich 
die Niederlassung, bis Kaiser Valentinian das römische 
Heer nach Italien zum Schutze gegen die Völker¬ 
wanderung zurückzog, da erst wanderten die nunmehr 
schutzlosen Ansiedler aus, da drangen die Hunnen, 
später die Avaren plündernd in die Provinz ein. Die 
Zerstörung von „Aquincum“ mag erst im XI. Jahr¬ 
hundert, gleichzeitig mit der Gründung von Altofen und 
durch die eingewanderten Magyaren vorgenommen worden 
sein. Was die mutmassliche Ausdehnung von Aquincum 
anbelangt, so erstreckt sich die Stadt südlich bis zur 
Gasse, die Altofen von Neustift trennt, westlich bis zu 
den Gebirgszügen des Rochus und des Einsiedlerberges, 
nördlich bis zu den oben erwähnten heissen Quellen und 
östlich bis zur Donau. Obgleich erst wenige Morgen 
Landes untersucht und aufgedeckt sind, wurden ausser 
den oben angegebenen Bruchstücken der Wasserleitung 
und manchen interessanten Funden beim Abbruch alter 
Gebäude Altofens, doch schon die folgenden bemerkens¬ 
werten Gebäude blossgelegt: 1. der Mithras-T empel; 
2. d a s A m p h i t h e a t e r; 3. drei Badehäuser; 
4. das Marce 11 um; 5. die Pa 1 ästra; 6. mehrere 
W o h n g e b ä u d e. 
Mit Recht wird dem Mithraeum und seiner Bau¬ 
weise besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Es wird aus¬ 
geführt und durch mehrere Beispiele ähnlicher Tempel 
in Ungarn nachgewiesen, dass der Mithraskultus von 
den römischen Soldaten nach dem Verfall des Glaubens 
an die römischen Gottheiten eifrig gepflegt wurde, dass 
derartige Heiligtümer sich vielfach in der Nähe der 
römischen Lager befanden und dass zufolge des ge¬ 
heimnisvollen Kultus die Bauart der Mithrastempel 
höchst eigenartig war. Die Tempel waren meist höhlen¬ 
artig gehalten. Konnten sie, wie hier, nicht in einen 
Felsen eingebaut werden, so wurde doch zum wenigsten 
der hintere Teil, das eigentliche Heiligtum, um mehrere 
Stufen in das Erdreich ausgetieft, so dass das Bauwerk 
bei der meist geringen Höhe nur wenig aus dem Erd¬ 
boden hervorgeragt haben kann. Ferner ist höchst auf¬ 
fallend die ausserordentlich schlichte bauliche Behand¬ 
lung im Aeussern wie im Innern und die ungewöhnliche 
Kleinheit des Heiligtums. Der vorliegende Tempel misst 
auswärts nur 7*50 zu 15*50 Meter. Die Wände waren 
zum Teil unverputzt gelassen. Ebenso schlicht ist die 
Ausführung der gefundenen Bildstücke, der Mithras- 
statue, eines Bruchstückes Merkurs und vier kleiner 
Votivaltäre mit zum Teil noch erhaltenen Inschriften. 
Zum Schutze gegen die zerstörenden Witterungseinflüsse 
ist die Tempelruine neuerdings durch einen Bretter¬ 
verschlag überdacht. 
Neben dem Mithrastempel erregt wohl das Amphi¬ 
theater das meiste Interesse. Seiner Benutzung ent¬ 
sprechendwar es nicht sehr gross, unter den bekannten 
Amphitheatern nimmt es nach Friedländer den vier¬ 
zehnten Platz ein, dennoch konnten über 6000 Personen 
auf den Sitzplätzen Unterkommen. Die elliptische Arena 
misst 45*50 zu 53*50 Meter, der ganze Theaterbau 75 zu 
86 Meter. Auffallend ist bei der Arena, deren aus fest¬ 
gestampftem Ton gebildete Oberfläche noch erhalten 
war, das Fehlen jeglicher Abwässerungsanlagen. Ferner 
ist die sonst ungewöhnliche Nähe des Theaters beim 
Lager bemerkenswert. (Schluss folgt). 
Ueber Fassade-Farben. 
Seit. Jahren bereits wurde in unserem Baugewerbe 
das Bedürfnis empfunden, bei Verputzbauten einerseits 
Luftmörtel vor Auslaugung durch Wasser, andererseits 
Zementmörtel vor Verwitterung zu schützen, bei 
gleichzeitigem Bestreben, eine gefällige Oberfläche zu 
geben, ohne die Gestehungskosten erheblich erhöhen zu 
müssen.
	        
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