Volltext: IX. Jahrgang, 1904 (IX. JG., 1904)

Seite 52. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 7. 
und die Firma Brüder Redlich & Berger, letztere mit der 
Bemerkung, dass sie bereit sei, falls sich die Donau- 
regulierungs-Kommission mit ihr ins Einvernehmen setzt, 
noch einen Nachlass zu gewähren. Obzwar es mit dem 
Grundgedanken des öffentlichen Submissionswesens ganz 
unvereinbarlich ist, dass die vergebende Stelle, nachdem 
sie die Anbote der verschiedenen Offerenten zur Kenntnis 
genommen hat, sich mit einem derselben ins Einver¬ 
nehmen setzt, um mit ihm über einen weiteren Nachlass 
zu verhandeln, was soviel heisst, als ihn zu einem grösseren 
Nachlasse, als der billigste Offerent angeboten hat, zu 
bewegen, und es viel richtiger gewesen wäre, wenn die 
vergebende Stelle, hier die Donauregulierungs-Kommission, 
diese Zumutung a limine von sich gewiesen hätte, 
scheinen diese Verhandlungen doch stattgefunden zu 
haben, denn die Firma Brüder Redlich & Berger hat das 
von ihr gewünschte Ziel erreicht, die Arbeiten wurden 
ihr zugesehlagen. 
Die Allgemeine Oesterreichische Baugesellschaft, 
welche mitofferiert hatte, berichtete über den Vorgang in 
der „N. F. Presse“ folgendes: „Infolge des Umstandes, 
dass bei der öffentlichen Offertverhandlung vom 20. Jänner 
d. J. sämtliche Offerenten Aufzahlungen begehrten, wurden 
von der Donauregulierungs-Kommission Unterhandlungen 
mit allen vier Offerenten auf der Basis ein geleitet, dass 
die Kommission die der ersten Ausschreibung zu Grunde 
gelegten Offertbedingnisse in sehr massgebenden Punkten 
abänderte, respektive gewisse Unklarheiten und Unsicher¬ 
heiten für den Unternehmer durch günstigere Bestim¬ 
mungen ersetzte. Auf Grundlage dieser Abänderungen 
gab ein Offerent eine protokollarische Offerte ab, während 
die anderen drei Offerenten mittels zu verschiedenen 
Zeiten eingebrachten Eingaben ihre Propositionen stellten. 
Eine Fallfrist wurde den Offerenten in den ihnen über¬ 
mittelten Dekreten nicht angegeben. Am Montag den 
15. d. fand bei der Donauregulierungs-Kommission eine 
Sitzung statt, in welcher alle diese Offerten Vorlagen, 
jedoch eine Entscheidung noch nicht getroffen wurde. 
In engere Wahl kamen eigentlich nur zwei Offerenten, 
und zwar: die Firma Redlich & Berger und die Allgemeine 
Oesterreichische Baugesellschaft. Das Angebot der ersteren 
Firma war hinsichtlich der kurrenten Arbeiten, die den 
eigentlichen Gegenstand der Vergebung bildeten, un¬ 
günstiger als das der Allgemeinen Oesterreichischen 
Baugesellschaft, welche infolge der abgeänderten, nun¬ 
mehr äusserst günstigen Bedingungen, unter denen dieses 
Geschäft zur Ausführung gelangen sollte, einen Nachlass 
von 2-2 Prozent von den Preissätzen des offiziellen 
Tarifes anbot. Nur hinsichtlich einer unverbindlich in 
Aussicht gestellten Arbeit an der Thebener Enge, über 
deren Umfang und nähere Beschaffenheit jedoch die 
Donauregulierungs-Kommission offiziell noch nichts ver¬ 
lautbarte, lautete die Redlich’sche Offerte günstiger als 
jene der Baugesellschaft. Die Allgemeine Oesterreichische 
Baugesellschaft brachte nun im Laufe der vergangenen 
Woche, und zwar am 19. d., neuerlich eine Eingabe bei 
der Donauregulierungs-Kommission ein, in welcher sie 
für diese besagte Arbeit an der Thebener Enge einen 
speziellen Nachlass von 20’2 Prozent von den Tarifpreisen 
gewähren zu können erklärte. Am darauffolgenden Tage, 
Samstag nachmittags, fand die massgebende Sitzung der 
Donauregulierungs-Kommission statt, in welcher die Ar¬ 
beiten an die Firma Redlich & Berger und Karl und Emil 
Hollitzer mit einem Nachlasse von 2-2 Prozent von den 
Tarifpreisen übertragen wurde. Auf eine Anfrage bei der 
genannten Kommission erhielt die Allgemeine Oester¬ 
reichische Baugesellschaft die Auskunft, dass ihre letzte 
Eingabe als verspätet eingetroffen betrachtet und nicht 
berücksichtigt wurde, trotzdem dieselbe bereits am Frei¬ 
tag vormittags überreicht worden war. Aus dem Vor¬ 
gesagten ergibt sich mit aller Evidenz, dass mit der 
Firma Redlich & Berger nachträgliche Unterhandlungen 
gepflogen wurden, um dieselbe von ihrem höheren Offert¬ 
satz auf jenen der Allgemeinen Oesterreichischen Bau¬ 
gesellschaft von 2*2 Prozent Nachlass herabzudrücken, 
während das nachträgliche Anbot der Baugesellschaft, 
das eine weitere nicht unbedeutende Verbilligung dar¬ 
stellte, gar nicht berücksichtigt wurde. Da die Allgemeine 
Oesterr. Baugesellschaft eine der grössten geschlossenen 
Arbeiten des Wasserbaues, die bisher in Oesterreich zur 
Ausführung kamen, in den letzten Jahren für die Donau¬ 
regulierungs-Kommission in tadelloser Weise durchgeführt 
hat, kann ein berechtigter Grund für die Beiseitesetzung 
dieser Gesellschaft unmöglich massgebend gewesen sein 
und ist es angesichts der Vorkommnisse bei Vergebung 
dieser Arbeiten, deren Kostensumme bis zirka 15 Millionen 
Kronen betragen kann, ersichtlich, wie dringend geboten 
die seit so langer Zeit verlangte endliche Reform des 
öffentlichen Submissionswesens ist.“ 
Die Allgemeine Oesterreichische Baugesellschaft liess 
es aber nicht dabei bewenden, sondern überreichte dem 
Ministerpräsidenten ein Memorandum, in welchem sie 
über den Vorgang der Donauregulierungs-Kommission 
Beschwerde führt. Das Memorandum erwähnt, dass es in 
den letzten drei Jahren wiederholt vorkam, dass die 
ziffermässig billigste Offerte der Gesellschaft seitens ver¬ 
gebender Behörden übergangen wurde, stellt sodann den 
Vorgang der Donauregulierungs-Kommission bei Ver¬ 
gebung der oberwähnten Arbeiten, ip ausführlicher Weise 
dar und gelangt zu folgender Schlussfolgerung: „Es ist 
kein einer staatlichen Verwaltungsbehörde würdiger Vor¬ 
gang, wenn die technischen und finanziellen Vorarbeiten 
und Studienkosten einer Unternehmung nur als ein 
Mittel für die Regulierung eines anderen, höheren An¬ 
botes benützt werden, wenn diese Arbeiten und Kosten 
dazu benützt werden, um auf das höhere Anbot jenen 
wirkungsvollen Druck auszuüben, den der Hinweis auf 
die Möglichkeit der Uebertragung der Arbeiten an die 
hinsichtlich ihrer Solidität bewährte und durchaus ihres 
guten technischen und geschäftlichen Kredits würdige, min¬ 
derbietende Unternehmung darstellt. Das kaufmännische 
Gefühl stellt diese Methode als eine unstatthafte Aus¬ 
nützung der im Glauben an die Redlichkeit des Ver¬ 
gebers Mühe und Arbeit aufwendenden Konkurrenz dar. 
Die Grundlage für jede gesunde, wirtschaftliche Ent¬ 
wicklung ist das Vertrauen, durch welches das Kapital 
zu industriellen Unternehmungen angeregt und veranlasst 
wird. Dieses Vertrauen muss aber auf das tiefste erschüttert 
werden, wenn Vorgänge, wie der geschilderte, zu sich 
wiederholenden gewöhnlichen Erscheinungen werden, 
wenn die Prosperität industrieller Unternehmungen von 
anderen Faktoren als von einer gesunden finanziellen 
Basis und einer soliden Geschäftsgebarung abhängig 
gemacht wird. Die Abstellung der Unzukömmlichkeiten 
im Submissionswesen ist demnach nicht nur für die un¬ 
mittelbar Betroffenen von Belang, sondern sie bildet eine 
grundlegende Frage einer auf die Gesundung und För¬ 
derung der Industrie abzielenden Wirtschaftspolitik.“ 
Der Herr Ministerpräsident übernahm das Memoran¬ 
dum in entgegenkommender Weise, versicherte, dieser
	        
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