Volltext: III. Jahrgang, 1898 (III. JG., 1898)

Seite 4. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 1. 
Feuchtigkeit), dessen zerstörende Angriffsweisen sich in 
drei, wesentlich von einander verschiedene Arten ein- 
theilen lässt, und zwar: 
1. Anschlägen und Eindringen des Niederschlags¬ 
wassers von oben; 
2. Aufsaugung aus der Luft vermöge der hygro¬ 
skopischen Beschaffenheit der meisten Baustoffe; 
3. Aufnahme des Wassers aus dem Untergründe infolge 
des porösen Zustandes und der Capillarität vieler Bau¬ 
materialien. 
Die speciellen Vorgänge der schädlichen Einwirkungen 
respective Zerstörungsprocesse des auf diesen drei Wegen 
mit unseren Bauwerken in Berührung tretenden Wassers, 
beziehungsweise der Feuchtigkeit näher zu beschreiben, 
überschreitet den Rahmen dieser Zeilen, und verweisen 
wir diesbezüglich auf reichlich vorhandene, eingehende 
Abhandlungen der deutschen Literatur. 
Wir beschränken uns nur darauf, die qualitativen 
Einflüsse des Wassers in ihren directen und Folge-Er¬ 
scheinungen in der Hauptsache namentlich aufzuführen 
und bezeichnen als solche: Pilzsporen, Fäule, Schwamm, 
Flechten, Moose, Eiskrystallisation (Frost), Mauersalpeter, 
Mauerfrass,Gemäuerausschlag—sogenannte Efflorescenzen 
— Stalaktiten, respective Inkrustationen in Ueberzugs-, 
respective Tropfsteingestalt etc., deren Bekanntsein und 
Aufzählung allein schon genügt, die einschneidende Zer¬ 
störungskraft des Wassers auf unsere Bauwerke hin¬ 
länglich zu vergegenwärtigen. 
Verwitterungsfähig, d. h. durch das Wasser im Verein 
mit der Atmosphäre zerstörbar, sind im Laufe der Zeit 
alle Baumaterialen; indessen hängt der Grad der Schnellig¬ 
keit der Verwitterung im wesentlichen von ihrer chemi¬ 
schen Zusammensetzung und der Art ihres Gefüges ab. 
Sie verwittern um so schneller, je mehr durch Wasser 
und Atmosphärilien lösliche Stoffe vorhanden sind, oder 
je poröser der at omistische Zusammenhang ist. Als das 
in erster Linie zertörende Vehikel erweist sich zunächst 
der Frost, dem nach Professor Gottgetreu höchstens 
schlackige Laven längeren Widerstand zu leisten ver¬ 
mögen, dem dagegen Porphyr, Granit, Gneist, Hornblende, 
Glimmer, überhaupt die Massengesteine der archaeischen 
Zeit je nach Angriff auch bald unterliegen. 
Welche grosse Summen an Capital- und Kraftauf- 
wendungen täglich, ja stündlich durch fehlenden oder 
ungenügenden Schutz gegen das Wasser und die Feuch¬ 
tigkeit verloren gehen, wird leider selten erwogen, und 
erfordert diese Frage vom national-ökonomischen Stand¬ 
punkte doch entschieden eine grosse Beachtung. Ein 
sich durch absolute Gewähr auszeichnendes und oben¬ 
drein sehr wohlfeiles Schutzmittel gegen diese Zerstörungs¬ 
wirkungen muss deshalb einer freudigen Aufnahme sicher 
sein, weil wir vermöge dessen den Bestand unserer Bau¬ 
werke auf ganz erheblich längere Dauer zu unserem 
finanziellen Nutzen zu bringen im Stande sind, und so 
zugleich einer historischen Förderung der Baukunst, 
dieser steinernen Chronik der gebildeten Menschheit, 
Rechnung tragen. 
Aber nicht allein für unsere baulichen Schöpfungen, 
insbesondere Gebäude, sondern auch für die Gesundheit 
deren Bewohner ist der Schutz gegen Nässe und gegen 
die vom Grunde aufsteigende oder seitlich eindringende 
Feuchtigkeit in unseren Wohnungen von allergrösstem 
Einflüsse. Von unseren ersten Autoritäten auf dem Ge¬ 
biete der Hygiene, wie Geheimrath Dr. v. Pettenkofer, 
Prof. Dr. Göppert und Recknagel, Dr. Emmerich, Gaffky, 
Hartwig etc., sind die Feuchtigkeit und Grundluft inner¬ 
halb unserer Wohnungen als Entwicklungs- und Lebens¬ 
bedingung der Pilzvegetation mit ihren höchst schädlichen 
Ausdünstungen und als stets bereite Vermittler der im 
Erdboden unzählig schlummernden Krankheitskeime hin¬ 
länglich gekennzeichnet und deren kräftigste Bekämpfung 
zur Fernhaltung von Epidemien, wie Cholera, Typhus etc., 
als höchste Pflicht unserer aufgeklärten sanitären Be¬ 
strebungen aufgestellt worden. 
Während der menschliche Geist auf ungeahnten Ge¬ 
bieten in vielseitigster Entfaltung begeisternde Triumphe 
feiert und durch seine erhebenden und anspornenden 
Werke einen auf seinen Mitmenschen veredelnden Ein¬ 
fluss ausübt, erblicken wir leider beim Bau unserer 
heutigen Wohnungen, den Pflanzstätten unserer körper¬ 
lichen Entwicklung, im allgemeinen auf das hier Gesagte 
bezügliche, grobe Vernachlässigungen und Unwissenheit, 
die v. Pettenkofer mit Recht als einen Culturdefect be¬ 
zeichnet, dessen Beseitigung nicht allein Sache der Bau¬ 
technik, sondern bevorzugt gesetzgeberische Aufgabe 
des Staates sein muss. 
Zweifelsohne haben bis jetzt eine ganze Reihe von 
Baumaterialien, wie Kupfer, Zink, Blei, Glas, Cemente, 
Asphalt, Harz, Kork etc., dem vorerwähnten Zwecke 
eines bezüglichen Abschlusses respective Isolierung, mit 
mehr oder weniger Erfolg gedient ; allein entweder waren 
dieselben im allgemeinen zu theuer, oder aber nicht 
überall anwendbar, beziehungsweise umständlich in der 
Verwendung. 
Von allen diesen Materialien sind der Asphalt und 
die asphaltartigen Verbindungen als am geeignetsten be¬ 
rufen, weil sie den Vorzug gemessen, für alle durch die 
Baukunst gegebenen, vielseitigen Fälle ergiebig zu sein, 
sobald die Verarbeitung mit bautechnischer Kenntnis 
vorgenommen wird. Die Kenntnis des Vorkommens des 
Asphalts und Bitumens, respective seiner primären und 
verwandten Destillationssubstanzen, jener aus der Erde 
fliessenden Oele, wie Erdöl, Steinöl, Mineralöl, Naphta, 
reichen bei den Bewohnern der verschiedensten Theile 
der Erde bis in die früheste Zeit, bis weit vor unsere 
Geschichtsrechnung zurück, wo diese Naturproducte 
bereits eine mannigfache Verwendung, wenn auch erst 
nur von untergeordneter Bedeutung, fanden. Nach dem 
1. Buch Moses, Gap. 6, Vers 14, machte Noah die erste 
technische Anwendung von Asphalt, indem er seine Arche 
inwendig und auswendig damit auspichte. Von den alten 
Aegyptern, Assyriern und Babyloniern wurden die treff¬ 
lichen Eigenschaften des Asphaltes und seiner verwandten 
Verbindungen, insbesondere seine Wasserdichtigkeit, 
Biegsamkeit, homogenes Gefüge, innige Verbindungs¬ 
fähigkeit, seine schützende, conservierende und fäulnis¬ 
widrige Kraft bereits gewürdigt und ausgenutzt, und sind 
uns die durch einen Zeitraum von weit mehr als 4000 
Jahren überkommenen baulichen etrn Ueberreste dieser 
Völker noch heute als historische Beweise für den hohen 
Wert des Asphaltes überliefert worden. Die Geschichte 
berichtet uns die Verwendung des Asphalts (Erdpechs) 
Asphaltmörtel zum Bau des Baalthurmes zu Babel, der 
kolossalen Stadtmauern mit den sogenannten „schweben¬ 
den Gärten“, der Paläste und Canäle des mächtigen 
Babylon (2000 J. v. Ohr.), des berühmten Euphrat-Tunnels, 
der märchenhaften Königspaläste Niniveh und Nimrud, 
ferner zum Einbalsamieren und Umwickeln der Leichen 
zu „Mumien“ („Mum“ soll ein direct aus der Erde ge¬ 
wonnener, durch Verdunstung von Steinöl gebildeter,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.