Volltext: III. Jahrgang, 1898 (III. JG., 1898)

Seite 50. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 7. 
den Organen durch Wort und Schrift dargelegt worden, 
meine Aufgabe kann es daher nicht sein, dieses hier 
nochmals zu berühren, sondern ich will mich direct mit der 
baulichen Anordnung und Anlage von Lagerhäusern be¬ 
schäftigen. Lagerhäuser sind im grösseren Maßstabe an¬ 
gelegte Magazine, Niederlagen oder Speicher, welche 
dazu bestimmt sind, Rohproducte, Cerealien, besonders 
aber Getreide und sonstige Waren aufzunehmen. Die 
Grösse derselben ist abhängig von der Warenmenge, 
welche den jährlichen Umsatz des Handelsplatzes, in 
welchem derartige Magazine aufgeführt werden sollen, 
bildet, und von der sie einem bestimmten Theil Raum abzu¬ 
geben haben. Diese Lagerräume werden sich also in ihrer 
Grösse nach den vorhandenen Bedürfnissen zu richten 
haben und können daher aus einem oder mehreren Ge- 
bäudecomplexen bestehen; ebenso wie die Anzahl der 
Stockwerke eine verschiedene sein kann, wie dies eben 
die \rerhältnisse und Bedürfnisse mit sich bringen. 
Sollen derartige Magazine ihren Zweck, nämlich die 
Erleichterung und Hebung des Handels erreichen, so ist 
besonders auf eine geeignete, günstige Lage des Bau¬ 
platzes zu sehen. Ebenso hat man auf die Salubrität bei 
der Anlage dieser Magazine Rücksicht zu nehmen, und 
ist daher eine isolierte Lage der einzelnen Gebäude un¬ 
umgänglich nothwendig, um eine vollständige Ventilation 
derselben zu ermöglichen. Die gesammten Gebäudeanlagen 
müssen von hinreichend breiten Strassen oder Quais be¬ 
grenzt sein, um damit der um diese Gebäude sich ge¬ 
staltende Verkehr keine Stockung oder Hindernisse erleidet. 
Von gleicher Wichtigkeit wie die Wahl der Oertlichkeit 
und des Baugrundes ist auch eine zweckentsprechende 
klare Disposition der Gebäudeanlagen, wie eine praktische, 
dem Bedürfnisse entsprechende innere Organisation. Das 
Innere der Lagerhausräume hat im Erdgeschosse durch 
die Pfeiler und Stützen, welche die Deckenconstruction 
zu tragen haben, in mehrere Quer- und Längen-Ab- 
theilungen zu zerfallen. Die Anzahl der Stützen wie die 
Entfernung voneinander, erzielt eben die Rechnung und 
ist von der Last, welche sie zu tragen bestimmt sind, 
abhängig; zu beachten ist, dass sie keinesfalls zu eng 
aneinander gereiht werden dürfen, weil dadurch der 
innere Verkehr oder die Manipulation mit den Waren 
gehindert wird. 
Bei Magazinen von grösserer Ausdehnung und Höhe 
wird es am vortheilhaftesten sein, den Mauern keinen 
anderen Zweck zu geben als den, dass sie eine Umfassung 
bilden, so dass die Stabilität des Gebäudes nur auf das 
System des inneren Fachwerkes basiert ist, weshalb 
letzteres eine ganz besondere Sorgfalt verdient. Es wird 
daher folgende Construction für den inneren Ausbau am 
besten angewendet werden können. Ueber alle Durch¬ 
schnittspunkte der Quer- und Längenabtheilungslinien 
der Grundrissanlage erheben sich von Etage zu Etage 
Ständer, so zwar, dass die äussersten Ständer der Ab¬ 
theilungen nach der einen oder der anderen Richtung 
hin von der äussersten Mauer im Durchschnitt 1 Meter 
entfernt sind, so dass in jeder Etage Gallerien oder Rund¬ 
gänge im Umfange der Magazine gebildet, und die Mauern 
von aller Last ausser ihrer eigenen befreit werden. Die 
Ständer, welche die Balken und die Fussböden tragen, 
können entweder ganz in Eichenholz ausgeführt werden, 
oder aber ersetzt man diese hölzernen Ständer mittelst 
gusseiserner Säulen und Capitäle aus demselben Material; 
letzteres System ist unbedingt trotz der Mehrkosten, die 
es erfordert, dem ersteren vorzuziehen, da bei diesem die 
Verbindung der Unterzüge unter sich und mit dem Ständer 
Vieles zu wünschen übrig lassen, nämlich was die Festig¬ 
keit betrifft, und dann kann ebenso einem Sinken der 
eichenen Ständer nicht vorgebeugt werden. Da die Mauern 
bei diesem Constructionssystem keine Last zu tragen 
haben, • so hat man ihnen nur solche Dimensionen zu 
geben, wie sie zu ihrer eigenen Stabilität erfordern; mit 
den Unterzügen und Balken der Ständer werden sie 
durch Anker und Zugbänder in Verbindung gesetzt. Da 
ein einziges Dach über solche Gebäude von grossen Di¬ 
mensionen bedeutende Kosten erfordern würde, bildet 
inan gewöhnlich, um eine einfachere Construction zu er¬ 
zielen, mehrere flache Dächer der Länge des Gebäudes 
nach, die zwei oder drei Querabtheilungen überspannen. 
Die Höhe des Fussbodens im Erdgeschosse wird durch 
die Bequemlichkeit des Ein- und Ausladens bestimmt, 
und zwar derart, dass die Bodenbretter der Wagen, welche 
Waren laden, mit dem Fussböden des Erdgeschosses in 
ein Niveau zu liegen kommen, was den Verkehr be¬ 
deutend erleichtert. Wenn Canäle in das Innere der Lager¬ 
häuser geführt werden, müssen jene mit Abzugcanälen 
versorgt werden, um das Stagnieren des Wassers, welches 
einen besonders für das Getreide nachtheiligen Geruch 
verbreitet, zu verhüten. Diese Canäle sind im Niveau des 
ebenerdigen Fussbodens mit Drehbrücken zu versehen, 
um das Durchlässen selbst grösserer Boote zu gestatten. 
Um damit die Canäle nicht die Veranlassung zur Ent¬ 
stehung von Feuchtigkeit in den unteren Theilen des 
Erdgeschosses geben, müssen die Umfassungsmauern in 
hydraulischem Mörtel aufgeführt, und an der Innen- und 
Aussenseite mit ebensolchem Mörtel geputzt werden. 
Die Fussböden des Erdgeschosses sind von den Um¬ 
fassungsmauern der Magazine und denen des Canals zu 
isolieren. Ausserdem sind noch unter den Fussböden des 
Parterres Oeffnungen, welche sich durch die ganze Tiefe 
des Gebäudes erstrecken, für Luftströmungen herzustellen. 
Die verschiedenen Arten der Waren müssen, um einfachere 
Manipulation zu erreichen, voneinander in getrennten 
Lagerräumen untergebracht sein. 
Besondere Sorgfalt muss auf die Magazine, die zur 
Aufbewahrung des Getreides bestimmt sind, verwendet 
werden, da für diesen Zweck unbedingt trockene und 
gut ventilierbare Lagerräume nothwendig sind. Daher 
wird das Getreide am besten in den oberen Etagen der 
Lagerhäuser etwa bis zu 1 Meter Höhe aufgeschüttet 
werden. Zur Erhaltung des Getreides muss in den oberen 
Etagen für Lüftungsmittel vorgesorgt sein; und diese 
erreicht man durch die Fenster des Gebäudes, welche 
sich an den in der Richtung nach Süd und West ge¬ 
richteten Fagaden befinden. Um gegen die Wirkung der 
Sonne zu schützen, wähle man Sommerläden mit beweg¬ 
lichen Brettchen. Alle Fenster bewegen sich um einen 
Zapfen in der Mitte ihrer Höhe mittelst eines Griffes, der 
an dem unteren Theil befestigt ist und eine Zahn¬ 
stange bildet, mit der man verschiedene Grade von Oeff¬ 
nungen erhalten kann. Die Aufstellung von Dampf¬ 
maschinen, welche in den einzelnen Gebäuden zum Be¬ 
triebe der Winden dienen, ist nothwendig. Die Aufzüge 
sind mit Sperrvorrichtungen zu versehen und sollen 
doppelwirkend sein, indem sich ein Seil über den Haspel 
rollt und ein anderes sich gleichzeitig abrollt. Für den 
Verkehr zu Wasser werden in den Decken jeder Etage 
und rechts von jeder Winde in der Mitte derjenigen 
Längenabtheilung, welche mit dem Oanal correspondiert, 
Klappen angebracht, durch welche die Seile der Aufzüge
	        
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