Volltext: II. Jahrgang, 1897 (II. JG., 1897)

Nr. 15. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 117. 
schneebedeckte Landschaften dar, im Winter dagegen 
Blumen etc. Im XVI. und XVII. Jahrhundert wusste 
man sich mit wollenen Tapeten gegen Kälte und Luftzug 
zu schützen, und der bisherige Luxusgegenstand wurde so 
zur Nothwe«iidigkeit. Diese Gewebe bedeckten gleichzeitig 
die Thüren und fielen in Palten bis auf den Fussboden 
herab. Die Thüren schlossen yermuthlich damals sehr 
schlecht ; man musste also diese Vorhänge zu Hilfe 
nehmen. Im Sommer wurden die wollenen durch die 
leichteren und gefälligeren Ledertapeten ersetzt. Unsere 
Vorfahren hatten also, wie man sieht, ein besseres Ver¬ 
ständnis für eine comfortable Einrichtung, als gewöhnlich 
angenommen wird. 
Im Jahre 1629 schmückte man die Wände der Säle 
des Louvre-Museums mit gold- und silbergewirkter Seide, 
indem Gemälde in Graumalerei nachgebildet wurden, 
welche Scenen aus der Geschichte Deborahs im I. Buch 
der Richter darstellten, und 1667 wurde die Königliche 
Manufactur der Gobelins definitiv errichtet, ein Institut, 
das bekanntlich geradezu wunderbare Stoffe und damals 
auch Teppiche producierte, die von nun an die Schlösser 
zierten. Es muss überdies noch erwähnt werden, dass 
bereits im Mittelalter bei Gelegenheit königlicher Feste 
und bei öffentlichen Anlässen mit der Hand gemalte 
Leinwand zur Decoration der Strassen und Paläste ver¬ 
wendet wurde. Das* Hotel Dieu in Reims besitzt eine sehr 
schöne Sammlung solcher, die aus dem XV. Jahrhundert 
stammen. Bis ins XVI. Jahrhundert benutzte man auch 
zur Decoration der Wohnungen und Kirchen gemalte 
Leinwand, und ein sehr gutes Exemplar derselben findet 
sich in der Geräthekammer des Louvre, die, mit der Hand 
gemalt, Ludwig XIV. und seinen Hof darstellt. Die 
Farben derselben haben ihre Frische bis auf den heutigen 
Tag bewahrt. 
Später hat man versucht, mit der. Hand gemalte Lein¬ 
wand durch gedruckte Tapeten zu ersetzen, die sehr schön 
und zur Decoration der Wohnungen, auch was ihre 
Farbenechtheit betrifft, wohl verwendbar sind. Zur Her¬ 
stellung derselben sind haltbare Farben benutzt worden, 
die noch mit Oel und Firnis verdichtet und auf starke 
Stoffe von grosser Breite und unter Zugrundelegung alter, 
stilvoller Muster und von Motiven alter Zeichnungen ge¬ 
druckt wurden. Man verfertigte sie aus einem Stück 
Streifen von zwei Meter Breite und zehn Meter Länge. 
Es findet sich noch eine solche in den grossen „Panneaux“ 
des Sitzungssaales der Bank von Frankreich, die nach 
einem besonderen Verfahren gedruckt sind, das Eigen¬ 
thum der Bank ist. Dies Verfahren konnte sich jedoch 
nicht einbürgern, es erforderte zu viel Zeit und war zu 
kostspielig. Man vereinfachte daher das Muster und er¬ 
setzte es durch weniger complicierte Sujets, wie Fabel- 
thiere, Löwen, Blumen, Wappen und Schrift. Der Preis 
verminderte sich so bedeutend, besonders da man auch 
einen Stoff von geringerer Qualität benutzte; heutigentags 
verwendet man, wie die „Illustrierte kunstgewerbliche Zeit¬ 
schrift für Innendecoration“, aus der wir vorstehenden 
Artikel entnehmen, bemerkt, mit Vorliebe Jute dazu. Die 
ordinären Artikel sind auf ungebleichten Grund gedruckt, 
d. h. der Stoff bleibt so, wie er vom Webstuhl kommt. 
Dagegen gibt man ihm bei den besseren Sachen einen 
Farbenton. Man druckt mit Oelfarben. Gepresste und ge¬ 
druckte Jute, Plüsch, der sehr schwer herzustellen ist, 
da sich das Gewebe nach dem Pressen verlängert oder 
zusämmenzieht, wird ebenfalls verwendet. 
Aus der Fachliteratur. 
Denkmäler der Kunst. Architektur, Sculptur, Malerei. 
Zur Uebersicht ihres Entwicklungsganges von den ersten 
künstlerischen Versuchen bis zu den Standpunkten der Gegen¬ 
wart. Bearbeitet von Prof. Dr. W. Lübke und Prof. Dr. G. von 
Lützow. 203 Tafeln (darunter 7 Farbentafeln), Querfolio. Mit 
circa 2500 Darstellungen und erklärendem Textband. Achte 
Auflage. Classiker-Ausgabe in 38 Lieferungen ä Mk. 1.—, 
Pracht-Ausgabe in Stahlstich, Farbendruck und Photolitho¬ 
graphie in 36 Lieferungen ä Mk. 2.—. Stuttgart, Paul Neff 
Verlag. Zu den besten Werken, welche die Bekanntschaft 
mit den Schöpfungen der bildenden Künste in ihren ver¬ 
schiedenen Abtheilungen vermitteln, gehören unstreitig die 
soeben bei Paul Neff in Stuttgart schon in achter Auflage 
erscheinenden „Denkmäler der Kunst“. Die Namen der Be¬ 
gründer : Franz Kugler, E. Guhl und J. Caspar, sowie die¬ 
jenigen der neuen Bearbeiter Prof. Dr. W. Lübke und Professor 
Dr. C. v. Lützow bieten Garantie dafür, dass in die „Denkmäler 
der Kunst“ gerade diejenigen Werke Aufnahme fanden, welche 
als Merksteine in der Entwicklung der Kunst von den frühesten 
Anfängen bis auf die Jetztzeit ein allgemeines Bekanntwerden 
beanspruchen dürfen. In stets erweiterten und verbesserten 
Auflagen hat dieser wertvolle Bilderatlas zu jeder Kunst¬ 
geschichte seinen Gang mit stets wachsendem Erfolg gemacht 
trotzdem der früher ganz bedeutende Preis des Werkes nur 
sehr bemittelten Kunstfreunden dessen Anschaffung gestattete. 
Die neue achte Auflage wird vermöge ihres gediegenen, ab¬ 
geschlossenen Inhaltes, der besonders die Behandlung der 
Architektur vor ähnlichen Erscheinungen jüngsten Datums 
voraus hat, sich zahlreiche neue Freunde erwerben. Das 
Format dieses billigsten und inhaltsreichen Prachtwerkes 
ist Querfolio; um jedoch allen Wünschen entgegenzukommen, 
hat die Verlagsbuchhandlung auch Einbanddecken für ge- 
brochenes Format, also für Lex.-8° anfertigen lassen, welche 
für billigen Preis nach Vollendung der Lieferungsausgabe zu 
beziehen sind. Malerei, Sculptur und Architektur werden in 
dieser Ausgabe je einen handlichen Band bilden. Das ganze 
Werk von 203 Tafeln mit über 2500 Darstellungen aus Malerei, 
Plastik und Architektur (ein Theil der Tafeln zur Veranschau¬ 
lichung der Polychromie in Farbendruck) erscheint in zwei 
Ausgaben: Classikerausgabe, 196 Tafeln in Lithographie und 
7 in Farbendruck, in 36 Lieferungen ä Mk. 1.—. Prachtaus¬ 
gabe, 185 Tafeln in Stahlstich, 7 in Farbendruck und 11 in 
Lithographie, in 36 Lieferungen ä Mk. 2.—. Textband, 450 
Seiten in 8°, enthaltend Erklärung jeder einzelnen Abbildung, 
gratis. Zum Aufbewahren der aus losen Blättern bestehenden 
Lieferungen während des Erscheinens des Werkes sind schon 
Cartons zum Preise von Mk. 2.— erhältlich. Die Anschaffung 
wird durch die beispiellos billigen Preise jedem Kunstfreunde, 
besonders aber Architekten, Bildhauern, Malern, Lehrern an 
Gymnasien, Real-, Zeichen- und polytechnischen Schulen, Bau¬ 
handwerkern, Studierenden, Geistlichen etc. bei elegantester 
Ausstattung in denkbar erleichterter Weise ermöglicht. Möge 
daher die Zahl der Subscribenten in Anbetracht der grossen 
Billigkeit und sohden Pracht dieses Werkes zu einer recht 
stattlichen anwachsen. 
Local-Baunotizen. 
Ein elegantes Wohnhaus. In der Steingasse Nr. 18 
liess der pensionierte k. k. Hauptmann, Herr Christian 
Stockklausner ein dreistöckiges Wohnhaus erbauen, das 
namentlich seiner splendiden Ausstattung im Innern ver¬ 
dient hier näher besprochen zu werden. Das Gebäude, 
den Barockstil repräsentierend, enthält im Parterre und 
in den ersten zwei Stockwerken je zwei Wohnungen, im 
dritten Stockwerke aber zwei mittlere und eine kleinere 
Wohnung, und wurden alle diese mit den zweckmässig- 
sten und schönsten Einrichtungen der Neuzeit versehen.
	        
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