Volltext: II. Jahrgang, 1897 (II. JG., 1897)

Nr. 11. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 85. 
Und das äussere Aussehen der neuen Häuser? Ein 
Blatt hat dieser Tage das Wort Styl Felix Faure gebraucht. 
Es ist Thatsache, dass man den Charakter, den Styl einer 
Zeit erst zu bestimmen vermag, wenn sie vorüber ist. 
In Paris sind für dieses Jahrhundert drei Zeiten recht 
gut zu unterscheiden betreffs des Styles: Kaiserreich- 
Restauration, Ludwig Philipp, zweites Kaiserreich. Dieses 
brachte besonders den Balkon in allgemeine Aufnahme, 
während die dritte Republik den Erker eingeführt hat. 
Die neuesten Gebäude in der Avenue des Champs- 
Elysees, Avenue du Bois de Boulogne u. s. w. haben 
jedoch keine Erker, sondern zeichnen sich durch Säulen 
und einen gewissen Reiclithum der Gesimse und Verzie¬ 
rungen aus. Sie erinnern an den Styl Ludwig XIV. 
Technische Neuigkeiten. 
Mitgetheilt vom Internationalen Patentbureau K. Fr. Reichelt in 
Berlin NW. 
Ein Brückenproject, welches einen Kostenaufwand 
von 100 Millionen Mark zur Realisierung erfordern würde, 
ist zur Zeit von amerikanischen Ingenieuren in der Aus¬ 
arbeitung begriffen ; es handelt sich hiebei um die Ueber- 
brückung des Hudson, um New-York mit der Stadt 
Albany zu verbinden. Das Riesenbauwerk soll sechs 
Eisenbahngeleise neben einander erhalten, dürfte daher 
wohl die breiteste und stärkste Brücke der Welt werden. 
Ihr Bau würde fünf Jahre, bei fortwährender Beschäfti¬ 
gung von etwa 3000 Arbeitern, erfordern. 
Bei der grossen Kraftstation der Niagarafälle, 
wo bekanntlich vorläufig durch drei Turbinen von je 
5000 Pferdestärken ein immerhin winziger Bruchtheil 
der kolossalen Wasserkräfte der berühmten Fälle in 
Elektricität umgesetzt und zum Betriebe industrieller 
Anlagen, zur Beleuchtung und zu anderen Zwecken aus¬ 
genutzt wird, hat man diesen vergangenen Winter auch 
die Heizung sämmtlicher Räume der Anlage mittelst 
Elektricität bewirkt; und dürfte eine solche Verwendung 
des Stromes in diesem Umfange wohl bis jetzt noch 
nirgends ein Beispiel aufzuweisen haben. Allerdings 
wurde dazu eine ganz beträchtliche mechanische Arbeits¬ 
leistung nothwendig, indem die gleichzeitige Einschaltung 
sämmtlicher Heizwiderstände ziemlich 500 Pferdestärken 
erforderte; hierbei muss jedoch ausserdem in Betracht 
gezogen werden, dass die riesigen Dynamomaschinen 
schon selbst bei ihrem Betriebe trotz ihrer vorzüglichen 
Construction eine unvermeidliche Erhitzung erleiden, die 
zur Erwärmung wesentlich mit beitrug; die dadurch ent¬ 
wickelte Wärme kommt einem Kraftverlust von etwa 
250 Pferdestärken gleich, so dass also 750 im Ganzen zu 
dieser Beheizung aufgewandt wurden. Wie man sieht, 
empfiehlt sich also die elektrische Beheizung nur dann, 
wenn die Betriebskraft, wie in diesem Palle an und für 
sich nichts kostet, denn um diese 750 Pferdestärken 
durch Dampf zu erzeugen, würden pro Stunde mindestens 
15 Centner gute Steinkohle aufgewandt werden müssen, 
ein Quantum, mit dem sich durch directe Verbrennung 
schon eine sehr ausgedehnte Oentralheizung betreiben 
liesse. Jedenfalls ist diese elektrische Heizanlage der 
Niagara-Werke aber wieder ein interessantes Beispiel der 
Umsetzung der Energie in beliebige Kraftformen; die 
Sonnenwärme verdunstet das Wasser und macht dieses 
als Wolken aufsteigen, welches, als Regen herabfallend, 
den Niagara speist und bei seinem Sturz über die Fälle 
mechanische Arbeit leistet, die alsdann wieder in Licht, 
Wärme und Elektricität umgewandelt wird, so dass alle 
Modificationen schliesslich nichts anderes als Wirkungen 
der allbelebenden Sonne sind. 
Hohle Schleifsteine von Wilhelm Kraus in Roosbach 
sind in der Weise eingerichtet, dass das Schleifwasser 
sich in einem inneren, allseitig verschließbaren Raum 
des Steines befindet, beim Drehen des Steines gegen die 
innere Wandung gedrückt wird und den porösen Stein 
durchsickert, so dass die Schleiffläche beständig feucht 
bleibt. 
Ein Ausstellungs-Palast aus reinem Silber wird das 
Zugstück einer in diesem Jahre zu Omaha in Nord¬ 
amerika stattfindenden Gewerbe-Ausstellung sein. Das 
kostbare Gebäude wird eine Fläche von 400 Quadratfuss 
einnehmen, zwei vordere achteckige und einen mittleren 
Thurm von 250 Fuss Höhe erhalten. Zur leihweisen 
Ueberlassung des nöthigen Silberbleches haben sich ver¬ 
schiedene amerikanische Silberwerke erboten, nur soll 
man zur Zeit noch nicht einig darüber sein, wie dünn 
die Bleche ausgewalzt werden dürfen, um bei möglichster 
Material-Ersparnis die nöthige Festigkeit zu erzielen. 
Wollen wir nur hoffen, dass die Minenbesitzer nach Schluss 
der Ausstellung wieder in den ungeschmälerten Besitz ihres 
Materiales gelangen und daher das Gebäude recht niet- 
und nagelfest construiert werden möge. 
Die längste elektrisch betriebene Eisenbahnstrecke 
dürfte eine solche in Canada sein, die im nächsten Monat 
als „Huron and Ontario Electric Railway“ dem Betriebe 
übergeben wird. Dieselbe führt von der Hafenstadt Perry 
westlich nach dem Huron-See, dabei eine Anzahl kleiner 
Städte berührend. Der Betrieb der Bahn ist hinsichtlich 
der nöthigen Kraft ein nahezu kostenloser, indem die 
durch Turbinen ausgenutzte ganz beträchtliche Kraft 
eines Wasserfalles zur Erzeugung der Elektricität dient. 
Eine der ältesten Holzbauten ist eine Kirche zu 
Borgund in Norwegen, welche nachweislich seit dem 
11. Jahrhundert besteht und gänzlich aus Kiefernholz in 
eigenartigem Styl erbaut ist. Durch häufig erneute An¬ 
striche mit Harzlösung ist das Gebäude vor allen An¬ 
griffen der Witterung bewahrt, ebenso auch während 
der 900 Jahre von Feuer verschont geblieben. 
Aus den Gemeinderaths-Sitzungen in Linz. 
Sitzung vom 19. Mai. 
Nach Bekanntgabe, dass in der constituierenden 
Sitzung des Gemeinderathes vom 17. Mai die Herren 
Bürgermeister Franz Poche, Emil König und Dr. Lampl 
die Neuwahl angenommen haben, erfolgte die Wahl der 
Mitglieder in die Sectionen, Comites etc. und ergab die¬ 
selbe folgendes Resultat: 
Erste Section (Finanz- und Rechtsangelegenheiten): 
Dr. Beurle, Böheim, Christ, Dimmel, Hassack, Hornik, 
Dr. Jäger, Dr. Lampl, Math. Poche, Prager, Dr. Prohaska, 
Rainer, Reininger, Dr. Ruckensteiner, Wolf. 
Zweite Section (Bauangelegenheiten): Beyer, Eder, 
Endlweber, Feilerer, Heinisch, Hellauer, Heller, Dr. Jäger, 
König, Pupp, Sames, Schachermayer, Steinberger, Wötzl, 
Zellinger. 
Dritte Section (Armenangelegenheiten): Barta, Eder, 
Gattringer, Gröbl, Dr. Obermüllner, Pupp, Dr. Schnopf- 
hagen.
	        
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