Volltext: II. Jahrgang, 1897 (II. JG., 1897)

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Seite 70. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 9. 
Bin anderer Hochbau, der jedenfalls unsere Leser 
sehr interessieren wird, ist das neue Gouvernementsge¬ 
bäude in Kamerun, das im Jahre 1890/91 von der Actien- 
Gesellschaft für Monierbau, vormals G. A. Wayss & Co., 
in Berlin erbaut wurde. 
Dieses, speoiell für das Trockenklima construierte 
Gebäude besteht nur zum Theil aus Cementbeton, während 
die oberen Wände innen und aussen aus Hartgipsplatten 
in doppelter Lage mit Luftisolierung hergestellt sind. 
Fundamente, Fussböden in allen Stockwerken, sowie 
auch Dach und Veranden sind in Moniersystem oder in 
Cementbeton ausgeführt. 
Das Gebäude hat eine Länge von 32 Meter bei 12 Meter 
Gebäudetiefe. 
Ausser dem Gouvernementsgebäude wurde in Kamerun 
noch ein Krankenhaus aus Cement und Gipsconstruction 
errichtet, und in Dar-es-Salam in Ostafrika sind weitere 
Cementbeton- und Monierbau ten für die kaiserliche Colonial¬ 
verwaltung im Bau begriffen. 
Nach den bisherigen Erfahrungen haben sich für die 
Tropenländer gerade diese Bauten sehr gut bewährt, da 
dieselben weder von schädlichen Insecten, noch von 
Fäulniserregern angegriffen werden; allerdings muss der 
Isolierung gegen die heisse Aussentemperatur eine weit¬ 
gehende Sorgfalt gewidmet werden, da die verhältnis¬ 
mässig schwache Luftschicht in den Wänden sich nicht 
als ausreichend erwiesen haben soll. 
Auch zu Bauten für kirchliche Zwecke ist bereits 
die Cementconstruction verwendet worden, und zwar 
wurde im Jahre 1892 für die evangelische Gemeinde der 
Vorstadt Haidhausen bei München eine Kirche in Monier- 
construction ausgeführt. Die Wände mussten des schlech¬ 
ten Baugrundes wegen möglichst geringes Gewicht be¬ 
sitzen, daher wurde der Cementbeton-, bezw. der Monier¬ 
bauweise der Vorzug gegeben. 
Diese Ausführungen dürften beweisen, dass schon 
recht hübsche Beispiele von Hochbauten aus Cement 
vorhanden sind, ganz abgesehen von solchen Arbeiten, 
die nur bestimmte Gebäudetheile, wie Decken, Treppen, 
Dächer und Scheidewände, betreffen und deren Zahl jetzt 
Legion ist. 
Man kann daher recht wohl, ohne Anleihe bei den 
Franzosen und Engländern zu machen, auf einheimische 
Bauten hinweisen, und weitere "V ersuche werden wohl 
bald den gegebenen Anregungen folgen. 
Technische Neuigkeiten. 
Mitgetheüt vom Internationalen Patentbureau K. Fr. Reichelt in 
Berlin NW. 
Vorrichtung an Cementdachplatten - Pressen zum 
Verschieben des Trichters um die Breite der Ueber- 
deckungsleiste. D. R. P. 90.371. Abraham Weil in Stein¬ 
heim. Es hat sich bei Herstellung von Cementdachplatten, 
deren Ueberdeckungsleisten eine rechteckige Nuth be¬ 
sitzen, gezeigt, dass die durch die Nuth gebildete frei¬ 
tragende und vorstehende Feder theilweise zerstört wird, 
sobald man zuerst die zur Herstellung der rechteckigen 
Nuth erforderliche Platte und dann den Trichter von der 
hergestellten Cementdachplatte wegschiebt, weil einerseits 
die Festigkeit des nassen Cements kleiner ist als die Ad¬ 
häsion zwischen demselben und dem Wasser, und ander¬ 
seits die Rückwand des Trichters mit der Schneide des 
Messers nicht derart scharf abschliesst, dass kein Vor¬ 
stehen der Trichterrückwand nach unten vorkommt. 
Nach der vorliegenden Neuerung wird daher, wenn die 
Cementplatte fertig ist, der Trichter auf dem Schlitten 
um die Ueberdeckungsleistenbreite verschoben und dann 
erst das Plattensystem, welches für die Bildung der recht¬ 
eckigen Nuth nothwendig ist, weggeschoben und hoch¬ 
gehoben, um schliesslich in Gemeinschaft mit dem Trichter 
auf der Schlittenbahn so weit verschoben zu werden, 
dass die fertige Platte herausgestossen werden kann. Zu 
diesem Zwecke ist der Trichter verschiebbar auf einem 
Schlitten angeordnet und mit letzterem durch ein Hebel¬ 
gelenk verbunden. 
Um ein gratfreies Abschneiden der Ziegel vom 
Thonstrange bei Ziegelpressen zu erzielen, trifft Fr. Vietig 
in Braunschweig die Einrichtung, dass der Abschneide¬ 
rahmen mit einem Lemniscoiden-Lenker verbunden wird, 
so dass die einzelnen Punkte des Schneidedrahtes sich 
in der Bahn einer Lemniscoide bewegen; dadurch wird 
erreicht, dass der Draht aus dem Ziegelstrang nur an 
der unteren Fläche austritt, mithin eine Gratbildung nicht 
eintreten kann. 
Die hohen Häuser in den amerikanischen Großstädten, 
die unter dem Spottnamen „Skyscrapers“ (Himmelskratzer) 
oft bis zwanzig Stockwerke aufweisen, scheinen nunmehr 
den städtischen Behörden und der Regierung doch auch 
mancherlei Bedenken einzuflössen, so dass man im Lande 
der Freiheit nunmehr damit umgeht, dem grenzenlosen 
Streben nach oben durch gesetzliche Bestimmungen einen 
Damm vorzusetzen. Der Gesetzentwurf, der demnächst 
dem weissen Hause eingereicht werden soll, schlägt vor, 
in den allerbreitesten Strassen die Maximal-Bauhöhe auf 
200 Fuss zu beschränken, was immer noch der respectablen 
Höhe von etwa zwölf Etagen entspräche, wogegen in 
engeren Strassen 173 Fuss als höchstes Maß gelten 
sollen. Ebenso verlangt der Gesetzentwurf zwei eiserne 
Treppen für solche Häuserriesen, gleichgiltig ob sonst 
noch Personenaufzüge vorhanden sind; ferner sollen solche 
Gebäude, die über 130 Fuss hoch sind, mit selbständigen 
Feuerlösch-Einrichtungen versehen sein. 
Aus der Fachliteratur. 
G. Freytags Reichsrathswahlkarte aller 5 Curien von 
Oesterreich 1897. Die Eroberung der 5. Curie war neben der 
Wahrung des Besitzstandes das Hauptbestreben aller Parteien 
des österreichischen Reichsrathes anlässlich der eben voll¬ 
zogenen Wahlen. Inwiefern dies denselben gelungen, zeigt 
uns klar und deutlich „G. Frey tags Reichsrathswahlkarte aller 
5 Curien von Oesterreich 1897u, die eben, pünktlich wie immer, 
bei G. Freytag & Berndt, Wien VI1/1, Schottenfeldgasse 64 
erschienen ist, diesmal noch durch eine interessante Tafel des 
bekannten Statistikers Prof. A. L. Hickmann: „Der öster¬ 
reichische Reichsrath, seine Parteien und Wahlverhältnisse“ 
bereichert. In diesem, ihrem neuesten, sorgfältig und sauber 
gearbeiteten Verlagswerke bietet die durch ihre Muster¬ 
leistungen auf kartographischem Gebiete rühmlichst bekannte 
Verlagshandlung: Sämmtliche Wahlkreise aller 5 Curien, 
coloriert nach der Gesinnung und bedruckt mit den Namen 
ihrer Vertreter; ein genaues Verzeichnis der Abgeordneten 
mit Angabe der Parteiangehörigkeit; Gruppierung des österr. 
Reichsrathes nach politischen und nationalen Parteien von 
1373—1897; das percentuelle Stärkeverhältnis der Parteien 
nach den Wählerclassen bei den Wahlen 1891—1897; die 
Vertheilung der Abgeordneten-Mandate auf die einzelnen 
Kronländer; die Höhe der durchschnittlich entfallenden Be¬ 
völkerungszahl eines Kronlandes auf einen Reichsraths-Ab-
	        
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