Volltext: II. Jahrgang, 1897 (II. JG., 1897)

Seite 50. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 7. 
durchführen, um in der nächsten Herbst- und Winter¬ 
saison eine des Landes würdige Saallocalität zu besitzen, 
die einen Massenbesuch aufnehmen kann, ohne dass das 
Publicum die dargebotenen Genüsse durch Aufopferung 
seiner Gesundheit erkaufen muss. Haben andere Haupt¬ 
städte in unserem Vaterlande bereits überall neu modern 
eingerichtete Theater- und Redoutengebäude mit elek¬ 
trischen Beleuchtungsanlagen, so muss die Landeshaupt¬ 
stadt Oberösterreichs wenigstens für ihre Concerte und 
Ballvergnügungen einen Raum aufweisen, der wenn auch 
einfach ausgestattet, so doch mit allen sanitären Ein¬ 
richtungen der Neuzeit versehen ist. A. W. 
Sturmsichere Falzziegelbedachung. 
Von Sigmund Haussen in Nürnberg. 
Der Hauptnachtheil der Falzziegelbedachung gegen¬ 
über anderen Deckungsarten besteht darin, dass die Falz¬ 
ziegeldächer wegen der grossen Fugen zwischen den ein¬ 
zelnen Ziegeln, sowie wegen ihres geringeren Gesammt- 
ge wichtes, der Gefahr der Abdeckung durch starken Wind 
viel mehr ausgesetzt sind, als andere Dächer. Ausserdem 
Sturmsicheres Falzziegeldach von Sigmund Haussen, Nürnberg. 
haben sie den Uebelstand, dass infolge der Aspiration 
unter der Dachfläche leicht Staub, Russ und Flugschnee 
unter das Dach eindringt. 
Man sucht diesem Uebelstand allerdings dadurch zu 
begegnen, dass man die Ziegeln anbindet oder die Fugen 
mit Mörtel ausfüllt, aber diese Mittel erfüllen doch nur 
unvollkommen ihren Zweck. Sigmund Haussen in Nürn¬ 
berg ist es gelungen, eine Falzziegelbedachung (D. R.-P* 
Nr. 75684) zu construieren, bei welcher die oben erwähnten 
Nachtheile in sinnreicher Weise beseitigt sind. 
Bei dieser Bedachung werden auf die Dachlatten (d) 
lange Streifen aus Dachpappe (b) aufgenagelt, auf welche 
dann die Falzziegeln (a) zu liegen kommen. Letztere greifen 
mittelst entsprechend angeordneter Nuten die Länge und 
der Quere nach übereinander, so dass dadurch in Ver¬ 
bindung mit der Pappunterdachung grosse Sturmsicherheit 
erzielt wird. Die Dachpappe wird ferner durch in be¬ 
stimmten Abständen angebrachte Federn (c) gegen die 
Ziegeln gedrückt, so dass sich das an der Innenfläche der 
letzteren etwa bildende Schwitzwasser ohne Schaden für 
das Sparrenwerk nach der Aussenfläche derselben ab¬ 
geleitet wird. 
Als ein weiterer Vortheil dieses Systems kann seine 
schlechte Wärmeleitungsfähigkeit angesehen werden, denn 
sowohl Ziegel, wie Pappe, als auch die zwischen beiden 
befindliche Luft, sind schlechte Wärmeleiter. Ausserdem 
bietet diese Bedachung infolge ihrer vollkommenen Ge¬ 
schlossenheit absolute Sicherung gegen Flugfeuer. Bei 
allen diesen Vortheilen sind die Kosten der Bedachung 
nicht grösser, als bei anderen Systemen, da bei derselben 
die theure Holzverschalung in Wegfall kommt. Aus der 
Construction erhellt überdies, führt „Uhlands Technische 
Rundschau0, aus der wir vorstehende Zeilen entnehmen, 
an, dass etwa nothwendig werdende Reparaturen leicht 
ausgeführt werden können. d. v. 
Elektrische Wasserkraftverwertung. 
Die Frage der Verwertung der Wasserkräfte mittelst 
elektrischer Kraftübertragung gewinnt auch in Oesterreich 
von Jahr zu Jahr an Wichtigkeit. Die bedeutendste der¬ 
artige Anlage unserer Monarchie befindet sich nach der 
Mittheilung von „Schweickharts österreichisch-ungarische 
Zeitschrift für das Gas- und Wasserfach“ gegenwärtig 
bei Meran in Südtirol im Bau; sie wird 6000 Pferdekräfte 
liefern und sowohl die Curstadt Meran wie auch die 
32 Kilometer davon entfernte Stadt Bozen mit Elektricität 
versorgen. Die Kraftstation liegt fünf Kilometer westlich 
von Meran an der nach dem Stilfserjoche und nach 
Landeck führenden Poststrasse; eine Terrainstufe, die 
sogenannte Toll, über welche die Etsch iirmehrerenStrom¬ 
schnellen stürzt, scheidet an jener Stelle den Unter- 
Vintschgau vom Meraner Thalkessel. Das Wasser wird 
auf der Toll, knapp vor der Römerbrücke, der Etsch ent¬ 
nommen und fliesst theils in offenem Canale, theils in 
einem Tunnel mit geringerem Gefälle nach einem in das 
Gebirge gesprengten Reservoirraume, von wo es durch 
einen Schacht zu den Turbinen geführt wird; hier gibt 
es die ihm innewohnende Energie an die Maschinen ab 
und kehrt, 1200 Meter von der Entnahmestelle entfernt, 
in das natürliche Bett des Flusses zurück. Gelangt in das 
Reservoir mehr Wasser, als momentan im Turbinenhause 
benöthigt wird, so fliesst der Ueberschuss durch einen 
Leerlauf ab, bildet zwei künstliche Wasserfälle von zu¬ 
sammen 65 Meter Höhe und ergiesst sich in ein Sammel¬ 
bassin, welches mit dem Abflusscanale in Verbindung 
steht. Dieser Ueberfall wird besonders tagsüber, so lange 
die Lichtmaschinen nicht voll in Thätigkeit sind, sehr 
wasserreich sein und einen malerischen Anblick gewähren. 
Im Gänzen sind sechs Turbinen projectiert, deren jede 
mit einer Dynamomaschine von 1000 Pferdekräften direct 
gekuppelt werden soll; zunächst wird jedoch nur ein 
Drittel der gewonnenen Kraft verwertet, der Rest von 
4000 Pferdekräften steht den betheiligten Gemeinden zur 
Verfügung und wird gewiss in kurzer Zeit zur Errichtung 
industrieller Etablissements, zur Einführung elektrischer 
Bahnen u. dgl. mehr Veranlassung geben. Die grossartige 
Kraftstation, welche ihre Entstehung hauptsächlich der 
Thatkraft des derzeitigen Bürgermeisters von Meran ver¬ 
dankt, wird von den beiden Städten Meran und Bozen 
gemeinsam erbaut; die Entscheidung über alle den Bau 
betreffenden Fragen, ruht in den Händen eines aus Ver¬ 
tretern der beiden Städte gebildeten Bauausschusses.
	        
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