Nr. 5.
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG.
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Beim Bauschwindler liegt aber die Sache anders.
Ihm ist es nicht einmal darum zu thun, das Gebäude
fertig zu bringen; am allerwenigsten hofft er bei dem
Verkaufe des Hauses einen grösseren Nutzen heraus¬
zuschlagen.
Sein Hauptgewinn liegt in der betrügerischen Aus¬
beutung der Bauhandwerker, die oft ihr ganzes Vermögen
dem Bauschwindel zum Opfer bringen müssen.
Dabei gehen diese Bauschwindler äusserst schlau und
vorsichtig vor.
Sie treten niemals persönlich vor die Oeffentlichkeit,
sondern bedienen sich eines Strohmannes, zumeist eines
moralisch defecten, mehr oder weniger technisch gebildeten
Individuums, das, wenn die Sache schief geht — für die
Folgen aufzukommen hat und auch manchmal dem Straf-,
beziehungsweise Ooncursgesetze nicht entgeht. — Solche
Menschen sind bald gefunden.
Hat sich der Bauwucherer oder Bauschwindler ein
solches Subject verschafft, dann verkauft er ihm einen
Baugrund (natürlich zum Zwei- bis Dreifachen des wirk¬
lichen Wertes), das heisst, er lässt diesen Strohmann als
Eigenthümer des Grundes in die öffentlichen Bücher
eintragen und den Kaufschilling sammt den Uebertragungs-
gebüren als erste Sätzpost im Grundbuch sicherstellen.
Nach dieser Post wird jener Betrag, der unter
normalen Umständen zur Erbauung des Gebäudes noth-
wendig wäre, als zweite oder dritte Satzpost vorgemerkt.
Damit ist aber der Wert des zu erbauenden Hauses
gewöhnlich erreicht, in manchen Fällen oft. sogar über¬
schritten.
So weit könnte nun gegen dieses Vorgehen nicht
viel eingewendet werden — dann schon gar nicht, wenn
der Baucredit wirklich gegeben und zum Hausbau ver¬
wendet würde.
Nun liegt aber eben der Betrug darin, dass bis heute
noch kein Bauwucherer jenen Betrag wirklich gegeben
hat, der im Grundbuche eingetragen erscheint.
In der ersten Zeit des Baues folgt der Bauschwindler
dem Strohmann wöchentlich zumeist nur jenen Betrag
aus, den er laut seiner Lohnliste am Ende der Woche
an die Arbeiter zu zahlen hat.
Der Strohmann wird, falls er nicht selbst schon so
raffiniert ist, vom Geldgeber unterrichtet, wie inan Waren
auf Credit bekommt, wie man etwas vorsichtige Geschäfts¬
leute ködert und wie man die harmloseren auf die
Belehnung des Hauses durch irgend eine Sparcasse
vertröstet.
Ist der Bau endlich so weit gediehen, dass zur
Fertigstellung nur mehr einige hundert Gulden nöthig
sind, dann stockt der spärliche Geldzufluss von Seite des
Bauwucherers vollständig, er zieht seine Hand zurück und
zwingt den Strohmann, sich zahlungsunfähig zu erklären.
Die Bauhandwerker sind nun verzweifelt.
Ein Regress an den Bau ist unmöglieh, da derselbe
überlastet ist; und unter solchen Umständen ist es dann
nur natürlich, dass die geprellten Bauhandwerker noch
freudig sich einverstanden erklären, wenn der Bauwucherer
ihnen mittheilt, dass „er aus reiner Menschenliebe, trotz¬
dem er so bedeutende Summen bei diesem Geschäfte
verliere“ — doch bereit sei, seinen Strohmann mit 10 bis
25 Percent auszugleichen.
Der Strohmann ist dann in diesem Falle noch vor
dem Strafhaus gerettet.
Die Bestie von einem Bauschwindler triumphiert,
denn wieder hat sie einen glänzenden Raubzug vollbracht,
die Bauhandwerker aber, die sich wochen- und monate¬
lang plagen und rackern mussten, haben nicht nur keinen
Verdienst — nein, sie sind auch um einen grossen Theil
ihres Betriebscapitals gebracht — in den meisten Fällen
sogar gänzlich ruiniert worden.
Die hier geschilderte Art des Bauschwindels ist nicht
die einzige; aber sie bildet fast immer den rothen Faden,
der sich durch alle diese Geschäfte zieht.
Die Ueberlastung durch den Baucredit ist immer das
Mittel, die Bauhandwerker um den Lohn ihrer Arbeit zu
bringen.
Diese Ueberlastung hat aber noch einen ganz be¬
sonderen Zweck.
Es ereignet sich jetzt immer häufiger, dass das Haus
zu einem Preise (sei es nun freiwillig oder executiv)
verkauft wird, der unter der Belastung der Baucredit-
satzpost liegt, so dass scheinbar auch der Geldgeber einen
empfindlichen Nachtheil erleidet.
Doch nur scheinbar.
Denn erstens hat er kaum ein Viertel des vorgemerkten
Betrages wirklich gegeben; zweitens lässt er das Haus
bei der Execution durch eine Vertrauensperson zurück¬
kaufen und drittens (und das ist die Hauptsache) benützt
er den Unterschied zwischenVerkaufspreis und Belastung
zur Bemäntelung der Concurs masse irgend eines seiner
Strohmänner.
Den von mir gestellten Antrag glaube ich folgender¬
maßen begründen zu können:
Es ist zweifellos ein Gebot nicht blos der Billigkeit,
sondern auch der Gerechtigkeit, dass diejenigen, welche
an der Entstehung oder Verwertung einer Sache mit¬
gewirkt haben, einen Anspruch darauf haben, die Ent¬
lohnung ihrer Dienstleistungen und die Vergütung des
von ihnen gemachten Aufwandes — aus dem durch sie
geschaffenen Gute zu erhalten.
Dieses Gebot findet in det Gesetzgebung vielfach
Ausdruck.
So steht ein gesetzliches Pfandrecht nach Artikel
374 H.-G.-B. dem Oommissionär an jedem C.ommissions-
gute — nach Artikel 382 des bezogenen Gesetzes dem
Spediteur wegen der Fracht, der Provision, der Auslagen,
Kosten und et wa geleisteten Vorschüsse auf das Speditions¬
gut und nach Artikel 409 des H.-G.-B. dem Frachtführer
wiegen aller, den Frachtvertrag begründenden Forderungen
an dem Frachtgute zu.
Auf ähnlichen Erwägungen beruht auch das Reten-
sionsrecht des Kaufmannes nach Artikel 313 H.-G.-B.
wegen fälliger Forderungen gegen einen anderen Kaufmann
aus den zwischen ihnen geschlossenen beiderseitigen
Handelsgeschäften, sowie des Advocaten nach § 19 der
Advocatenordnung für seine Forderungen aus der ge¬
leisteten Vertretung — auf die für seine Partei ein¬
gegangenen Barschaften.
Der Schutz, welchen der Oommissionär, Spediteur,
Kaufmann, Advocat u. s. w. auf Grund seiner Aufwendungen
für das Commissions- oder Speditionsgut u. s. w. gefunden
hat — gebürt sicherlich auch dem Bäuhandwerker für
seine Leistungen, ja diesem noch in erhöhtem Maße ;
denn während es sich beim Oommissionär, Spediteur,
Frächter u. s. w. nur um die Verwertung eines bereits
vorhandenen Productes handelt, werden durch die Thätig-
keit des Bauhandwerkers neue, und zwar meist bedeutende
Wertgegenstände geschaffen.
Ferner werden die Baugewerbe grösstentheils von
kleinen Geschäftsleuten ausgeübt, für die ein Verlust der