Volltext: II. Jahrgang, 1897 (II. JG., 1897)

Seite 18. 
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 3. 
Eine reizende Zimmereinrichtung im Empirestil haben 
die renommierten Firmen des Kunsttischlers J. M. Müller 
und des Decorateurs August Müller & Sohn in Linz, 
ausgestellt, welche auf jeden Beschauer einen fesselnden 
Eindruck macht. Jeder einzelne Gegenstand zeichnet sich 
durch Eleganz der Form, Gediegenheit des Materials und 
Schwung in der Technik besonders aus, was der hiesigen 
Kunstindustrie zur Ehre gereicht. 
Schöne Arbeiten wurden noch beigestellt von den 
Kirchenparamenten-Erzeugern Johann Spak und Johann 
Mattner, vom Buchbinder Karl Wurm und vom Uhr¬ 
macher Georg Bachmaier, die verdienen besichtigt zu 
werden. Den Hauptanziehungspunkt für uns bildet aber das 
auf einer Staffelei ruhende, vom Zeichner Baumgartner 
ausgeführte Aquarell, welches das Restaurationsgebäude auf 
dem Pöstlingbörge nach dem Entwürfe des Architekten Rai¬ 
mund Jeblinger zur Veranschaulichung bringt, Das 
Project stellt einen langen luftigen Holzbau dar, zu dem 
einer der alten Festungsthürme mit Geschick harmonisch 
einbezogen ist, und wozu die Wehrmauern der einstigen 
Festung als Unterbau vortheilhaft benützt werden können. 
Der Holzbau ist reizend profiliert und wird selbst von der 
Entfernung einen guten Eindruck machen. Ein Verdienst 
des Architekten ist es, dass er es verstand, die historische 
Silhuette, die durch den Festungsthurm und den Umriss 
am Pöstlingberge sich gebildet hat beizubehalten, und den 
malerischen Eindruck durch eine Neuanlage nicht abzu¬ 
schwächen sondern noch mehr zy. heben. 
Im ersten Stock des Museums hat Jeblinger auch 
ein Modell für die Kirche zu Aigen im Mühlkreise aufge¬ 
stellt, über die wir, wenn uns die Zeichenskizzen zur Ver¬ 
fügung gestellt sind, in einer der nächsten Nummern be¬ 
richten werden. Die kleine aber schöne Ausstellung ver¬ 
dient von jedermann besichtigt zu werden, umsomehr als 
die Arrangeure, sowie die Aussteller alles aufboten, um 
dieselbe so anziehend als möglich zu gestalten. K. 
Ueber das Handwerk und die Fachpresse 
schreibt Rudolf Stübling in der „Böttcher-Zeitung“ Fol¬ 
gendes: Es erkennt wohl heute ein jeder intelligente 
Mann an, dass die Presse die öffentliche Meinung dar¬ 
stellt und eine der grössten Gewalten ist. Dies gilt nicht 
allein von der Tagespresse,' sondern auch von der Fach¬ 
presse. 
Auf dem Schreibtisch von Gelehrten finden sich 
sicher neben Tageszeitungen in erster Linie wissen¬ 
schaftliche und gewerbliche Fachzeitungen. Für den 
Maschinenfabrikanten, den Ingenieur, den Techniker, den 
Architekten, den Maler, den Bildhauer, den Elektrotech¬ 
niker u. s. w. ist die Fachpresse vollständig unentbehr¬ 
lich. In diesen Kreisen ist es ganz selbstverständlich, 
dass man die Fachzeitungen liest und, was von höchster 
Bedeutung ist, auch durch Mitarbeiterschaft unterstützt. 
Ein jeder Kaufmann studiert täglich die Tages- und 
die einschlägigen Fachzeitungen, wodurch ihm einzig 
und allein die Möglichkeit gegeben ist, die wechselnden 
Verhältnisse und Conjuncturen zu beherrschen und sich 
auf der Höhe der Zeit zu erhalten. Ja selbst der Arbeiter 
hat erkannt, dass es seine Pflicht ist, „seine“ Zeitung zu 
lesen und zu unterstützen, weil sie das geistige Band 
bildet, welches die Interessen seines Standes umschlingt, 
ohne welches eine Zersplitterung entstehen müsste und 
sein Stand jeden Einfluss auf das öffentliche Leben ver¬ 
lieren würde. 
Wie steht es nun in diesem Punkte mit den Hand¬ 
werksmeistern ? Es lesen verhältnismässig sehr wenig 
Handwerksmeister ein Fachblatt; solche die ihr Fach¬ 
blatt aber durch Mitarbeiterschaft unterstützen, sind mit 
der Laterne zu suchen! Und gerade für den Handwerker¬ 
stand, welcher in den wirtschaftlichen Wandlungen am 
meisten gelitten hat, ist die Fachzeitung von gröSster 
Bedeutung und am unentbehrlichsten. Dieses kann nicht 
genug beherzigt werden. Durch die modernen Verkehrs¬ 
mittel, welche eine immer grössere Vervollkommnung 
erfahren und durch die ausgezeichneten postalischen Ein¬ 
richtungen in Bezug auf den Drucksachenversandt sind 
sich alle Staaten nahe gerückt. Entfernungen gibt es 
nicht mehr und die geringste wirtschaftliche Wandlung 
in dem entlegensten Lande macht sich in der ganzen 
Welt bemerkbar. Ein einziger technischer Gedanke hat 
schon oft das Bestehende über den Haufen geworfen. 
Unternehmungen, welche Jahrzehnte lang sich als loh¬ 
nend erwiesen, zerfallen in ein Nichts, falls sie die Fort¬ 
schritte auf ihrem Gebiete ausseracht lassen. 
Wer da glaubt, wir seien am Ende unserer wirt¬ 
schaftlich technischen Umwälzungen angelangt, der irrt 
sich gewaltig, über Nacht können neue Gedanken von 
höchster Bedeutung für die verschiedensten Industrien 
entstehen, welche geeignet sind, vollständige Umwälzun¬ 
gen auf dem oder jenem Gebiete hervorzubringen und 
welche nur denen, gefährlich werden, welche glauben, 
dass die Welt stille stehe. 
Die Fachpresse ist einfach für das berufliche und 
auch für das öffentliche Leben, den Handwerker und 
den Gewerbetreibenden ganz unentbehrlich, nur durch 
sie allein können Gegensätze ausgeglichen werden, und 
es rächt sich bitter für jeden Handwerker und Gewerbe¬ 
treibenden, der Fachpresse keine Beachtung zu schenken. 
Je mehr die Fachpresse.in einem Gewerbe Eingang ge¬ 
funden hat und von den Gewerbetreibenden gepflegt 
wird, je höher ist das betreffende Gewerbe entwickelt. 
Dies liegt in der Natur der Sache. 
In manchem Gewerbe speciell ist die Indifferenz der 
Handwerker ihrer Fachzeitung gegenüber sehr gross. 
Wir wollen nicht auf die Ursachen eingehen. Vielfach 
erhofft der Handwerker, dass eine jede Nummer der Fach¬ 
zeitung ihm etwas bringen muss, was für ihn ohne 
jedes weitere Dazuthun sofort klingende Münze bedeutet. 
Diese Ansicht, welche uns leider sehr oft begegnet, ist 
höchst naiv. Sammle eine jede Fachzeitung, studiere sie 
eifrig durch und sage am Jahresschluss, ob sie ihm 
nicht ausserordentlichen Nutzen gebracht hat für das 
winzige Opfer des Abonnementsbetrages. 
Es ist nicht damit abgethan, dass man die Zeitung 
hält und einmal oberflächlich hineinschaut. Nein, man 
muss sie eingehend mit Verstand lesen und trachten, 
das Gelesene in seinem Berufe nützlich anzuwenden. Und 
wer sich redlich Mühe gibt, der erzielt mit Hilfe seiner 
Fachzeitung auch Erfolge in seinem Geschäft. Ein jeder 
Handwerker aber, welcher die Vortheile der Fachpresse 
erkannt hat, soll es für seine Pflicht halten, dieselbe 
durch seine Mitarbeiterschaft zu unterstützen und weiter 
zu verbreiten. W. C. 
Der Architekt. 
Es ist nicht zuviel gesagt, wenn man behauptet, dass 
die Ausbildung des Architekten eine immerwährende ist 
und bis an sein Lebensende reicht. Die verschrobenen
	        
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