Volltext: II. Jahrgang, 1897 (II. JG., 1897)

Seite 178. 
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 28. 
Zum Schlüsse sei noch der Piece de resistance der 
Ausstellung, der ersten Wiederholung des Bildes Peters¬ 
kirche mit Vatican in Rom gedacht. Biese Wiederholung 
des ersten Originals war ein glücklicher Gedanke, weil 
das letztere eine bleibende Stätte in der Bibliothek des 
Vaticans gefunden hat. Dieses Bild wurde in der Presse 
schon so oft in lobendster Weise besprochen, dass es 
genügt, hier eine kurze Beschreibung zu geben. Vor 
allem fällt dem Beschauer der mächtige Riesenbau der 
Peterskirche in die Augen, welche auf keinem Bilde 
noch so richtig dargestellt wurde, wie hier. Auf allen 
anderen scheint die Kuppel in eine Linie mit der Fagade 
zu treten, während man hier sieht, dass dieselbe ziemlich 
weit zurückliegt; man überblickt das riesige Dach der 
Kathedrale, welches von mehr als hundert Personen be¬ 
wohnt wird. An diese schliesst sich rechts die Sixtinische 
Kapelle, der Damascerhof mit den Loggien des Raphael, 
weiter im Vordergründe der Palast, welcher die Gemächer 
des Papstes enthält, hinter diesem die Bibliothek und 
das Archiv. Der Vordergrund wird von den Colonnaden 
eingenommen, hinter welchen der Thurm der Schweizer¬ 
kaserne und der gedeckte Gang zur Engelsburg ersicht¬ 
lich ist. Links von den Colonnaden bemerkt man den 
Palast der Ufficien, in dessen Hof man tief hineinblicken 
kann, daneben das Campo santo, das deutsche National¬ 
institut, hinter welchem sich die Sacristei der Peters¬ 
kirche erhebt, vor welcher sich der Platz, wo ehemals 
Neros Circus stand, ausbreitet. 
Wir werden in einer späteren Nummer auf die 
Weeser-Krell’schen Arbeiten wieder eingehend zurück¬ 
kommen, auch auf die Bedeutung derselben für die Kunst 
im allgemeinen. d. r. 
Die neue Radfahrschule (Velodrom) in Linz. 
In seinem Neubau Ecke der Humboldt- und Bürger¬ 
strasse liess der bekannte Nähmaschinen- und Velocipede- 
fabrikant Herr Johann Jax eine Radfahrschule, genannt 
„Velodrom“, errichten, die am 25. November d. J. feier¬ 
lichst eröffnet wurde. Die Localität liegt im zweiten 
Stockwerke des Gebäudes und wird die Tragfähigkeit 
des Fussbodens durch acht eiserne Säulen im ersten 
Stockwerke und durch den Tramboden in Traversen be¬ 
werkstelligt. Der Saal hat 28!/2 Meter Tiefe, lO1^ Meter 
Breite und 6 Meter Höhe; an der Abschlusseite ist eine 
Gallerie für das zusehende Publicum, sowie für Orchester¬ 
zwecke angeordnet. Der Fussboden der Fahrbahn, den 
der Bauherr in seiner eigenen Fabrikstischlerei aus Kirsch- 
und Fichtenholz herstellen liess, besteht aus grossen ge¬ 
musterten Tafeln, die spiegelglatt abgeschliffen sind. Aus 
diesen Holzgattungen sind auch die Wandverkleidungen 
und der Plafond von der Fabrikstischlerei gefertigt. Im 
ganzen Gebäude ist Dampfheizung eingeführt, da dieselbe 
von der Maschinenanlage der Fabrik gespeist werden kann. 
Diese Heizeinrichtung besorgte in bester Weise die Filiale 
der Hannoverischen Centralheizungs- und Bauapparate- 
Fabrik in Wien. Die elektrische Beleuchtung, welche in 
allen Räumen des Hauses vorzufinden ist, installierte die 
hiesige Unternehmung Abheiter & Gschwandtner, Lusten- 
auerstrasse, während die Maurer- und Steinmetzarbeiten 
von dem Projectverfasser des Gebäudes, der Firma Bauer & 
Fabigan, correct und solid ausgeführt wurden. Die Fenster 
und Thüren lieferte der Tischlermeister Herr Franz 
Höfinger, die Zimmermannsarbeiten der Zimmermeister 
Herr Paul Reichl. Die an den Fahrsaal anstossenden 
Nebenräume dienen für Clubzwecke und sind mit allem 
Comfort eingerichtet. Befremdend für manchen wird es 
sein, dass der Fahrsaal in das zweite Stockwerk verlegt 
wurde, was darin seinen Grund hat, dass im Parterre 
durch die Unterbrechung des Eingangsthores nicht so 
viel gleichmäßiger Raum gewonnen werden konnte, und 
im ersten Stockwerke Magazine angelegt werden mussten, 
die mit dem anstossenden älteren Fabrikstheile in Ver¬ 
bindung zu stehen haben. Herrn Fabriksinhaber Johann 
Jax gebürt das Verdienst, in unserer Landeshauptstadt 
ein Etablissement errichtet zu haben, das bis heute nur 
erst in Großstädten vorzufinden ist, sich daselbst eines 
grossen Zuspruches erfreut, und auch hier in Bälde zur 
Verbreitung des Radfahrsportes vieles beitragen wird. 
E. K. 
Tapeten. 
Man kann den Ursprung unserer heutigen Tapeten, 
die bei Hoch und Nieder, Arm und Reich einen zur häus¬ 
lichen Behaglichkeit beinahe unentbehrlichen Bedarfs¬ 
gegenstand bilden, auf das Schutzbedürfnis nomadisieren¬ 
der Volker zurückführen, die ihre Wohnungen mit 
beweglichen Wänden und Decken aus geflochtenen Matten 
oder verfilzten Thierhaaren hergestellt hatten. Im Orient, 
der seinen mächtigen Einfluss auf unsere abendländische 
Cultur äusserte, werden seit undenklichen Zeiten ge¬ 
flochtene, gewebte oder gewirkte Stoffe zum Behang der 
Wände benutzt und demnach bedeutetet eigentlich die 
Tapete eine bewegliche Decke für die Wände bewohn¬ 
barer Räume, während dagegen zur Ausbreitung auf 
Fussboden, Lagerstätte oder Sitz der Teppich zu dienen hat. 
Die Tapete war in ihrer eigentlichen Verwendung 
als Wandbehang oder Wandbezug ursprünglich ein Ge webe 
und blieb es bis zu ihrer höchsten künstlerischen Ent¬ 
wicklung bis in das 16. und 17. Jahrhundert, nachdem 
sie sich zur mühsamen Darstellung grossartiger decorativer 
Gemälde emporgeschwungen hatte. Im Anfänge war es, 
dem Charakter der orientalischen Flächendecoration ent¬ 
sprechend, beinahe nur das ornamentale Muster, aus 
geometrischen oder pflanzlichen Motiven gebildet, das 
zur Belebung der Flächen diente, ohne dass ihm eine 
weitere Bedeutung beigelegt wurde. Bald gelangten jedoch 
auch hier die symbolischen Beziehungen, wie sie nament¬ 
lich vom christlichen Cultus aufgenommen und vielfach 
gebraucht wurden, zum Ausdruck. Gewisse Pflanzen und 
Thiere, die Erscheinungen der Himmelskörper, phantastische 
Bildungen, menschliche Figuren mit Attributen etc. re¬ 
präsentierten Tugenden und Leidenschaften und fanden 
auch auf den zur Wandbekleidung dienenden Stoffen 
ihren sprechenden Ausdruck. An diese sich regelmässig 
wiederholenden emblematischen Bilder schlossen sich 
sodann die bildlichen Darstellungen von symbolischen 
Handlungen und wirklichen Begebenheiten an, welche 
allmählich die Eigenthümlichkeib der teppichartigen 
Musterung aufgebend zur Nachahmung eines historischen 
oder allegorischen Gemäldes führten. 
Die Materialien zur Herstellung dieser Arbeiten sind 
vorherrschend Wolle und Seide, welche gewöhnlich in 
eine senkrechte Kette von festen Leinenfaden derartig 
eingewebt respective eingeflochten wurden, dass letztere 
durch den Schussfaden vollständig bedeckt wurde. Zu¬ 
weilen kam auch Gold- oder Silbergespinst zur Anwen¬ 
dung, wodurch metallische Gegenstände, gemusterte 
Hintergründe, Glorienscheine und die höchsten Lichter
	        
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