Volltext: II. Jahrgang, 1897 (II. JG., 1897)

Nr. 16. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 128. 
Heute sind schon viele Cementprüfungsapparate, 
wenn auch nicht an allen, so doch an vielen Orten in 
Function. Ich will es auch annehmen, die Leute werden 
es ganz gut wissen, was sie prüfen und zu prüfen haben. 
Liefert nun ein Fabrikant den Nachweis, dass er Jahre 
hindurch immer eine qualitativ gleichmässige Ware zu 
producieren versteht, so kann das consumierende Publicum 
dessen Fabrikat mit Beruhigung verarbeiten oder ver¬ 
arbeiten lassen; nicht aber auf Grund der Zeugnisse von 
Polytechniken oder auf Grund von Auszeichnungen der 
Ausstellungen. Das muss ich zugeben, dass an manchen 
bedeutenden Bauobjecten heute noch kein Prüfungs¬ 
apparat zu sehen ist, selbst an solchen nicht, wo einer 
ganz und gar unentbehrlich wäre. Wo ist aber ein 
Prüfungsapparat nothwendiger, als in einer Cementfabrik 1 
Und es gibt doch Cementfabrikanten, auch heute noch, 
die es gar nicht wissen, ob dieser Prüfungsapparat aus 
Menschen zusammengesetzt — oder ob das Ding eine 
Maschine sei. Darum sollen die Cementfabrikanten nicht 
nur über einen, sondern über mehrere Prüfungsapparate 
verfügen, um einen solchen dort, wo man sich noch 
keinen angeschafft hat, zur Disposition stellen zu können. 
Dies liegt in ihrem eigenen Interesse. 
So viel für diesmal über die hydraulischen Binde¬ 
mittel pro und contra, und werde ich demnächst 
über die in Oesterreich erzeugten Cemente und Cement- 
waren meine langjährig gesammelten Erfahrungen in 
dieser Zeitschrift zur Veröffentlichung bringen. 
Die Telegraphie ohne Draht. 
Mitgetlieilt vom Patentbnreaii H. & W. Pataky in Berlin 
und Prag. 
Schon seit verhältnismässig langer Zeit ist es be¬ 
kannt, dass elektrische Leiter, wenn sie vom Strome 
durchflossen werden, auf in der Nähe befindliche andere 
Leiter elektrische Wirkungen ausüben. Man nennt diese 
Erscheinung die Inductionswirkung elektrischer Leiter 
auf einander. Es ist nun erklärlich, dass sich verschiedene 
Forscher mit der Frage beschäftigten, bis auf welche 
Entfernungen diese elektrische Fernwirkung reicht, und 
ob man diese Erscheinung nicht zum Uebermitteln von 
Signalen auf grössere Distanzen benutzen könne. Die 
diesbezüglichen Versuche datieren ungefähr seit fünf 
Jahren, und es gelang thatsächlich, damit telegraphische 
Signale bis auf eine Entfernung von mehreren Kilometern 
zu übermitteln. Dies wurde in der Weise ausgeführt, 
dass man an der Sendestation einen mehrere hundert 
Meter langen Draht ausspannte und durch ihn Ströme 
von möglichst hoher Frequenz sandte. Auf der Empfangs¬ 
station war ein ebenso langer Draht parallel zum ersteren 
angeordnet und in einer Leitung, in welcher sich ein 
empfindliches telegraphisches Relais eingeschaltet befand, 
geschlossen. Wurde nun auf der ersten Station durch 
Niederdrücken eines Morsetasters durch den langen Draht 
ein intermittierender Strom gesandt, so rief er in dem 
Drahte der Empfangsstation entsprechende Inductions- 
ströme hervor, welche durch Vermittelung der Relais 
das auf der Empfangsstation gegebene Zeichen fixierten. 
Diese Anordnung war jedoch noch sehr unvollkommen , 
da die hervorgerufenen Inductionsströme der verhältnis¬ 
mässig geringen Frequenz wegen ausserordentlich schwach 
waren, sodass die Entfernung zwischen den Stationen 
in ziemlich engen Grenzen gehalten werden musste. 
Da brachte im vergangenen Jahre der italienische 
Physiker Marconi diese Frage in ein neues Stadium. Die 
Stärke der Fernwirkung hängt bekanntlich von der 
Energie des Geberstromes ab, und zwar hauptsächlich 
von der Höhe seiner Frequenz. Bei den oben erwähnten 
Inductionsströmen kann man nun nicht gut eine höhere 
Frequenz erzielen, als 250 per Secunde. Man muss also 
darnach trachten, einen Strom zu finden, der eine be¬ 
deutend höhere Schwingungszahl aufweist; bei dyna¬ 
mischer Elektricität kann man mit derselben nur bis zu 
einer gewissen Grenze gehen, hingegen bietet sich uns 
in der statischen Elektricität ein Mittel, sehr hohe 
Schwingungszahlen zu erzielen. Der elektrische Funke, 
welcher hier in Betracht kommt, besteht nämlich nicht, 
wie gewöhnlich angenommen wird, aus einer einzigen 
Entladung, sondern aus einer grossen Anzahl rasch 
hinter einander folgender Entladungen. Diesen Umstand 
nimmt nun Marconi zur Grundlage seines Systems. Die 
rasch hinter einander folgenden Entladungen versetzen 
nämlich den umgebenden Aether in Schwingungen, welche 
sich bis auf grosse Entfernungen fortpflänzen können. 
Gelingt es, diese Schwingungen auf einer entfernten 
Station zu fixieren, so hat man eine neue Methode der 
Telegraphie ohne Draht vor sich, welche man für be¬ 
deutend grössere Entfernungen verwenden kann. Marconi 
hat als Sender zwei grosse Metallkugeln, zwischen 
welchen man vermittelst eines entsprechend starken 
Ruhmkorffs Funken überspringen lässt. Bereits Hertz 
hat diese Anordnung, Radiator genannt, benutzt, Marconi 
verbesserte dieselbe jedoch, indem er zwischen die beiden 
Kugeln Oel als Isolator bringt, wodurch er die Länge 
der elektrischen Wellen bedeutend verkleinert, also deren 
Schwingungszahl erhöht; er erhält hiedurch eine Frequenz 
von circa .250 Millionen pro Secunde. 
Es handelt sich nun noch darum, einen entsprechenden 
Empfänger zu construieren. Zu diesem Zwecke wird von 
einer eigenthümlichen physikalischen Erscheinung aus¬ 
gegangen, welche darin besteht, dass Metafltheilchen in 
feiner Vertheilang die Eigenschaft haben, sehr schlechte 
Leiter bezw. Isolatoren für Elektricität zu sein, während 
sie, wenn sie in ein elektrisches Feld kommen, bezw. 
von elektrischen Strahlen getroffen werden, zu guten 
Leitern werden. Die Metalllheilchen werden nämlich 
hiedurch polarisiert, d. h. in eine gewisse Ordnung ge¬ 
bracht, wodurch ein leichter Uebergang der Elektricität 
ermöglicht wird. Diesem Princip entsprechend, besteht 
der Marconi’sche Empfänger aus einer kleinen Glas¬ 
röhre, in welche zwei cylinderförmige Platinschuhe ein¬ 
gesetzt sind, die zwischen sich einen Zwischenraum von 
etwa einem halben Millimeter lassen. Dieser Zwischen¬ 
raum wird mit einer Mischung von feinen Nickel- und 
Silberfeilspänen angefüllt und die Röhre in einen Strom¬ 
kreis, in welchem sich nebenbei noch eine Localbatterie 
und ein feines telegraphisches Relais befinden, eingeschaltet. 
Die Röhre bietet nun in gewöhnlichem Zustande 
nach obigem dem Durchgänge des Stromes einen grossen 
Widerstand dar. Wird sie jedoch von elektrischen 
Strahlen, welche vom Sender ausgehen, getroffen, so 
werden die Feilspäne polarisiert und der Widerstand 
sehr vermindert, sodass der Strom ungehindert dureh- 
fliessen kann, was eine Bethätigung des Relais zur Folge 
hat. Die von diesem Relais wiedergegebenen Zeichen 
werden naturgemäss denen analog sein, welche auf der 
Senderstation mittels des den Stromschluss bewirkenden 
Morsetasters abgegeben werden.
	        
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