Volltext: I. Jahrgang, 1896 (I. JG., 1896)

Seite 2. ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Vom Dombau in Linz. 
(Siehe mitfolgende Zeichnen-Beilage.) 
Ueber den in Ausführung begriffenen Bau des Maria- 
Empfängnis-Domes in der Landeshauptstadt Linz wurde 
in der Fachpresse bisher so wenig mitgetheilt, dass wir 
an Ort und Stelle es für unsere Pflicht halten, über dieses 
grossartige Bauwerk Näheres bekannt zu geben. 
Der Bau, begründet von dem im Jahre 1884 ver¬ 
storbenen Linzer Bischof Franz Josef Rudigier, hat zum 
geistigen Urheber den Baurath Vincenz Statz in Köln, 
während die Bauleitung vom Architekten Hugo Schirmer 
geführt wird. — Letzteren verdanken wir die beigegebenen 
Zeichnen-Skizzen und technischen Daten, die wir in Fol¬ 
gendem zur Kenntnis unserer Leser bringen. Wie wir 
aus der Zeichnung ersehen, bildet die Gestalt eines Kreuzes 
die Grundform des Domes. 
Zu den hervorragenden Baugliedern desselben zähl: . 
die 48 freistehenden, sowie die zahlreichen anderen Pfeiler, 
die mit den Umfassungsmauern theilweise verbunden sind. 
Als Hauptpfeiler gelten die, welche den Hochbau des 
Chores, des Querschiffes und des Mittelschiffes zu tragen 
haben, und gehören von diesen 12 dem Hochchore und 
12 dem Mittelschiffe an. 
Weiters finden wir, dass der Dom 5 Portale und Ein¬ 
gänge, nämlich 3 Haupt- und 2 Nebeneingänge erhalten 
wird. Das grösste Portal wird durch den Thurm in das 
Mittelschiff führen. 
Die Anordnung sämmtlicher Fenster ist aus dem 
Grundriss wohl nicht ersichtlich, doch werden die in allen 
Haupt- und Nebengebäuden des Domes und der Gruft¬ 
kirche angebrachten äusseren Fenster die Zahl 142 er¬ 
reichen. Von diesen dienen zur Beleuchtung des Hoch¬ 
chores 11, für das Querschiff 14, und für das Hochschiff 
sammt der oberen Thurmhalle 13 Fenster. Dem Kapellen¬ 
kranz wird seine Beleuchtung durch 19 Fenster zugeführt. 
Ueber die Maßverhältnisse des Baues liegen uns 
folgende Daten vor. Die äussere Länge des Domes wird 
nach seiner Fertigstellung 410, und die innere Länge ohne 
der Thurmhalle 344 Fuss betragen. Von diesen werden 
134 Fuss dem Mittelschiffe, 42 Fuss der Vierung im Quer¬ 
schiffe, 98^3 Fuss dem Hochaltäre, 231/2 Fuss dem Chor- 
umgange,. und 461/(i Fuss der Votivkapelle angehören. 
Die Breitenverhältnisse im dreischiffigen Langhause sind 
86 Fuss, von denen ä 22 Fuss auf jedes der beiden Neben¬ 
schiffe, und 42 Fuss auf das Mittelschiff entfallen. Die 
Breite des Chores sowie des Querschiffes ist gleich dem 
Mittelschiffe, und beträgt daher 42 Fuss. Die Länge des 
Querschiffes zählt von aussen 2071/2 Fuss und von innen 
183 Fuss. 
Der Raum, den der Maria-Empfängnis-Dom ohne den 
beiden Saeristeien, der Thürmhalle, der Tauf- und Todten- 
kapelle einst einschliessen wird, beträgt nach Abzug der 
Pfeiler in runder Zahl 33.000 Quadratfuss. 
Für das Innere der Kirche sind, wie der Grundriss 
anzeigt, 18 Altäre bestimmt; dazu kommt noch ein Altar, 
der in der Gruftkirche aufgestellt wird. Im Hochchore 
soll nur ein Altar errichtet werden, der die Bezeichnung 
„Bischöflicher Altar“ erhält. 
Der Längendurchschnitt der Zeichnung bedarf für 
den Fachkundigen wohl keiner Erklärung, weshalb wir 
zur Skizze des Thurmbaues übergehen, zu deren Ver¬ 
ständnis folgende Daten nöthig sind. Wie wir sehen, wird 
der Thurm 5 Stockwerke erhalten und vom Fussboden 
an bis zu einer Höhe von 410 Fuss geführt. Im untersten 
Nr. 1. 
Stockwerke wird das Hauptportal angebracht sein, und 
soll der Durchgang desselben durch eine künstlich ge¬ 
arbeitete Säule aus Stein in zwei gleiche Theile abgetheilt 
werden. Auf der Aussenseite dieser Säule kommt eine 
Statue, welche Maria mit dem göttlichen Kinde vorstellt, 
zur Aufstellung. Das zweite Stockwerk wird durch eine 
prachtvolle Fensterrose geziert. Das dritte Stockwerk 
soll durch 3 Fenster erleuchtet werden, von denen jedes 
46 Fuss Höhe erhalten wird. Von gleicher Höhe werden 
auch die 8 Fenster des vierten Stockwerkes sein, das in 
der Gestalt eines Achteckes hergestellt werden soll. Für 
das fünfte Stockwerk ist ein bedeckter Säulengang be¬ 
stimmt, dessen einzelne Theile reich mit Maßwerk zu 
versehen sind. 
Von diesem Säulengange aus werden die Besucher des 
Thurmes über die reizende Stadt Linz und ihre wunder¬ 
volle Umgebung eine herrliche Aussicht gemessen. Ueber 
der Gallerie und dem Säulengange wird sich endlich der 
Helm des Thurmes erheben, der oben in der Höhe von 
410 Fuss mit einer prachtvollen Kreuzrose abschliesst. 
Eine besondere Zierde sollen die Gallerien bilden, mit 
denen jedes Stockwerk des Thurmes abgeschlossen wird 
und sich derselbe somit wie mit einer Krone versehen 
darstellen wird. 
So viel bis heute über ein Bauwerk, das nach seiner 
Fertigstellung zu den schönsten Schöpfungen der kirch¬ 
lichen Architektur gezählt werden muss, und wovon es 
sich verlohnt in Zeitabschnitten nach jeder Bauperiode 
den Fortgang der Arbeiten auch unserem auswärtigen 
Leserkreise bekanntzugeben. d.. r. 
Bauspeculante». 
Das Bedürfnis der Verbesserung unserer Wohnge¬ 
bäude in den Städten nimmt in dem Grade zu, wie die 
anzuwendenden Mittel im allgemeinen abnehmen. Man 
baut fast in allen Städten Europas jetzt billiger wie früher, 
dabei sind nur einige Baumaterialien billiger geworden, 
andere hingegen theurer, wie z. B. das Bauholz. Die 
Wälder werden lichter, die Population nimmt zu, der 
Verbrauch wird grösser, die Industrie consumiert bedeu¬ 
tend und die Besorgnisse über späteren Holzmangel fan¬ 
gen an nicht zu frühzeitig zu werden. 
Die Bauwissenschaft hat manche Mittel an die Hand 
gegeben, den früheren grösseren Holzbedarf zu Gebäuden 
einzuschränken; die holzfressenden liegenden Dachstühle 
sind abgekommen, und im allgemeinen construiert man 
jetzt die gut gebauten Gebäude besser und leichter als 
früher. Die früheren sogenannten soliden Oonstructionen 
bestanden, bei Lichte besehen, doch fast durchgehends 
in der Masse des angewandten Materials; viele abge¬ 
brochene alte Gebäude der letzten Jahrhunderte haben 
hinlänglich den Beweis gegeben, dass z. B. der Verband 
der Steine nicht viel besser als der unserige, ja oft viel 
liederlicher war, als der bei vielen unserer Gebäude an¬ 
gebrachte, und das will, wenn wir manches jetzt aufge-- 
führte Gebäude uns dabei denken, viel sagen. — Ob früher 
das Verbindungsmaterial, der Mörtel, besser war wie der 
unserige, oder ob die Zeit ihn so gehärtet hat, wie wir 
fast durchgehends an alten Bauwerken finden, ist schwer 
zu entscheiden. Gewiss ist, dass sich wohl diese Materia¬ 
lien in den Bergen nicht verändert haben, und dass nur 
unsere Zubereitung des Mörtels nicht immer derart ist, 
um ein gleiches Resultat zu erreichen. In dem früheren
	        
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