Volltext: I. Jahrgang, 1896 (I. JG., 1896)

Seite 14. 
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 2. 
fenster beanspruchen zu ihrer Oeffnung einen weiten 
freien Raum vor respective hinter der Fensterebene und 
sind Vorhänge, ebenso auch nahe dem Fenster stehende 
Möbel, Blumenstöcke etc. dem Oeffnen hinderlich; ebenso 
laufen die Scheiben der offen stehenden Flügel leicht in 
Gefahr, eingestossen zu werden. Die Annehmlichkeiten 
der Flügelfenster bestehen in leichter Auswechselbarkeit, 
der Einfachheit ihrer Construction, der Möglichkeit, schon 
bei geringer Oeffnung derselben sich in aufrechter Stellung 
durch dieselben hinausbiegen zu können; die Annehmlich¬ 
keiten der senkrecht beweglichen Schiebefenster dürften 
in der mit denselben möglichen Ersparnis von todtem 
Raum, entgegen den Flügelfenstern, bestehen, indem die¬ 
selben beim Oeffnen in der senkrechten Fensterfläche 
verbleiben, ebenso macht sich die Feststellung in jeder 
Höhe leicht und von selbst möglich; Nachtheile sind 
wiederum die schlechte Auswechselbarkeit, die Noth- 
wendigkeit besonderer, in seitlichen Verschlagen anzu¬ 
ordnender Zug- und Balancier-Vorrichtungen, die schwie¬ 
rige Reinigung derselben und andere. Dass die Engländer 
und Amerikaner mit ihren Zugfenstern selbst nicht zu¬ 
frieden, beweisen die ungemein zahlreichen, wöchentlich 
ertheilten Patente auf angeblich verbesserte Constructionen, 
welche Bestrebungen also klar anzeigen, dass die bis¬ 
herigen Constructionen noch zu wünschen übrig lassen. 
Eine neue Fensterconstruction, welche wir unseren 
Lesern heute vorführen, stellt nun eine ungemein sinnige 
geschickte Combination des Schiebefensters mit dem 
Drehflügelfenster dar, welche nur die Vortheile beider 
Systeme, nicht aber die Nachtheile derselben aufweist; 
die Flügel des Fensters können senkrecht verschoben, 
wie Flügel um senkrechte Drehachsen bewegt werden, 
jeder Rahmen kann leicht herausgenommen und geputzt 
werden; bei Doppelfenstern von dieser Anordnung können 
die oberen äusseren Flügel leicht herabgelassen, mit 
jenen des inneren Fensters leicht vertauscht werden; die 
Flügel lassen sich ferner um eine horizontale Achse drehen 
und so bequem reinigen, wenn man nicht vorzieht, sie 
ganz herauszunehmen, lassen sich zum Zweck der zug¬ 
freien Ventilation schräg einstellen und sind von aussen 
nicht zu öffnen. Gewiss sind dies eine grosse Menge be¬ 
haupteter Vortheile, welche jedoch aus der Construction 
sofort einleuchten. 
Fig. 1 und Fig. 3 zeigen zwei Ansichten solcher 
Fenster, die mit zwei übereinander befindlichen verglasten 
Rahmen versehen sind. Fig. 2 zeigt den Querschnitt 
eines Rahmens für einfache, Fig. 4 für Doppelfenster, 
während Fig. 5 und 6 Grundrisse im Schnitt darstellen. 
Betrachten wir zunächst Fig. 2 und Fig. 5, so zeigen 
diese, dass die äusseren Rahmen A inwendig mit senk¬ 
rechten,Nuthen a a1 versehen sind, die durch horizontale 
Nuthen, c, bl b2 b3 verbunden sind. An den Kreuzungs¬ 
punkten der Nuthen sind Löcher eingelassen, die etwas 
tiefer wie der Grund der Nuthen ins Holz gehen. —Die 
Einsetzrahmen B sind einfache, verglaste Rahmen, die 
seitliche, durch Drehung der Knöpfe C verschiebliche 
Riegel haben. Um die Fensterrahmen einzubringen, dreht 
man die Knöpfe G so, dass die Riegel in die Rahmen 
ganz zurücktreten; schiebt man den Rahmen nun so in 
den äusseren Rahmen, dass die Riegel z. B. der Nuthe a 
beziehungsweise den Kreuzungspunkten gegenüber stehen 
und dreht nun die Riegel nach a'usäen, so treten letztere 
in die oben erwähnten Löcher ein und stellen die Glas¬ 
rahmen fest, wie Fig. 1 darstellt. — Dreht man nun z. B. 
die Knöpfe C Cl des unteren Rahmens so, dass die Riegel 
nur aus den Löchern heraustreten aber noch in der 
Nuthe a verbleiben, so kann man den Rahmen B die 
Nuthen b2 b3 entlang bis zur Nuthe a1 verschieben, als¬ 
dann diese senkrecht entlang nach oben schieben, wo 
durch Drehen am untersten Knopfe C1 die seitlichen 
Riegel zum Eingriff in die vertieften, bei liegenden 
Löcher gebracht werden können, sodass der Rahmen, 
wenn losgelassen, hier oben schwebt. Lässt man den 
letzteren nach unten in a\ so findet eine Ventilation ohne 
Zug zwischen den beiden mittleren Rahmenkanten hin¬ 
durch statt; ebenso leicht kann man den oberen inneren 
Rahmen herunter lassen, auch dies mit beiden thun, so 
dass im letzteren Falle das Fenster oben offen ist. Dreht 
man, beispielsweise in der Stellung der Rahmen von Fig. 1, 
etwa die untersten Riegel des Knopfes C1 ganz nach 
innen, so kann der Rahmen um die oberen Zapfen 
schwingen; drückt man denselben hierbei so zurück, 
dass die unteren Zapfen gegenüber der Nuthe al zu 
stehen kommen und lässt diese Zapfen nun in die Nuthe al 
eingreifen, so steht der Flügel unwandelbar schräg; nimmt 
man diese Stellung bei beiden Rahmen vor, so erfolgt 
eine gänzlich zugfreie Ventilation. Dabei können die 
Rahmen selbstverständlich nach aussen oder nach innen 
geneigt, eingestellt werden. 
Es steht nun nichts im Wege, die Rahmen B auch 
noch mit Flügeln nach deutscher Art zu versehen, wie 
Fig. 6 dies andeutet; dieser Zweck der senkrechten 
Drehung lässt sich aber auch direct durch die aus Fig. 3 
ersichtliche Einrichtung erreichen. Hier sind nämlich 
die verschiebbaren Riegelzapfen nicht nur an den senk¬ 
rechten, sondern auch an den horizontalen Rahmenkanten 
vorgesehen, welche senkrechten Riegel durch die Dreh- 
knöpfe H H1 bewegt werden. Lässt man also z. B. die 
rechts befindlichen senkrechten Riegel (Fig. 2), die durch 
die Knöpfe H regiert werden, gänzlich heraustreten und 
zieht die links gegenüber befindlichen Riegel gänzlich 
ein, so können die beiden Flügel, vorausgesetzt dass vor¬ 
her sämmtliche horizontale, durch die Knöpfe C Cl ver¬ 
stellbaren Riegel eingezogen, um die rechten senkrechten 
Zapfen gedreht werden. — Was Doppelfenster anbetrifft, 
so gilt hier genau alles hinsichtlich des einfachen Fensters 
Gesagte, nur erhalten die seitlichen Pfosten, wie in Fig. 4 
zu sehen, drei senkrechte Nuthen a al a2\ die beiden 
äusseren Nuthen dienen zur Aufnahme der Glasrahmen, 
die innere Nuthe ist für die Verschiebung der Fenster 
nothwendig; um das Fenster zu öffnen wird der untere 
Rahmen der Nuthe a nach oben in die Nuthe a2 gebracht 
und der untere Rahmen in um seine oberen horizontalen 
Zapfen drehbar eingestellt; wie die Fig. 4 zeigt, ist über 
die Fugen ein Dichtungsrahmen E1 gelegt, der bis b2 
gegliedert, beim Oeffnen des zuletzt erwähnten Glas¬ 
rahmens nachgibt, sonst aber durch das Kettchen f an¬ 
gedrückt wird. — Wenn die etwas eingehende Beschreibung, 
wie sie die Erklärung des neuen Systemes erfordert, den 
Gedanken aufkommen lassen möchte, dass die Construction 
eine complicierte und unhandliche sei, so wird diese 
Meinung widerlegt, wenn man Gelegenheit hat, die von 
den Erfindern gefertigten sauberen Modelle zu prüfen; 
hier überzeugt man sich sofort, dass die vielseitigen 
Functionen spielend leicht zu erreichen sind und Jeder 
sofort die verschiedenen Stellungen mühelos bewirken 
kann. 
Auch was den Preis solcher Fenster anbelangt, so 
stellen sich dieselben nicht höher, wie solche mit gutem 
Bascüle-Verschluss. Ueberlegt man sich daher die zu
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.