Volltext: I. Jahrgang, 1896 (I. JG., 1896)

ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG, 
Nr. 2. 
Giselaplatz, durch die Dreissigstgasse über den Franz 
Deakplatz und den Waitznerring bis zur Andrässystrasse 
entlang bis zum Stadtwäldchen, woselbst sie in der Nähe 
des Artesischen Bades endigt. Die Bahn besitzt eine Länge 
von 3800 Meter mit 12 Haltestellen, und zwar: Gisela¬ 
platz, Franz Deakplatz, Waitznerring, Oper, Oktogon, 
Vörösmarthy-, Körönd-, Bajzagasse, Arena-Stefaniestrasse, 
Thiergarten und Artesisches Bad. 
Von diesen Haltestellen liegen die ersten neun im 
Tunnel, die letzteren drei dagegen sind in der Höhe des 
Stadtwäldchenterrains angelegt. In der Nähe der Halte¬ 
stelle. „Thiergarten“ hat die Untergrundbahn eine Geleise- 
verbindung mit dem Betriebsbahnhöfe der elektrischen 
Bahn in der Arenastrasse erhalten, um die Wagen be¬ 
hufs Reinigung und Revision nach den Remisen führen 
zu können. Der Betrieb der elektrischen Untergrundbahn 
erfolgt von einer Maschinenanlage, welche im Anschlüsse 
an die Maschinenanlage der bestehenden elektrischen 
Bahnen in der Kerteszgasse ausgeführt wurde. Die Strom¬ 
leitung längs der Bahn ist in der Weise bewirkt worden, 
dass an der Decke der Untergrundbahn isolierte Arbeits¬ 
leitungen für die 
Zu- und Riickleit- 
ung des Stromes 
über jedem Geleise 
angebracht sind. 
Ausser diesen Ar¬ 
beitsleitungen, wel¬ 
che zur directen 
Stromabnahme die¬ 
nen, wurden längs 
des Tunnels noch 
Speiseleitungen, Lichtleitungen und andere für Betriebs¬ 
zwecke dienende Leitungen geführt. Die Sohle und die 
Seiten wände der Untergrundbahn sind ausschliesslich aus 
Beton, die Decke aus Beton und Eisen ausgeführt. Der 
Beton bestand aus einer Mischung von Portland cement 
und frisch gebaggerten Donauschotter. Als Mischungs¬ 
verhältnis von Portlandcement zu Donauschotter wurde 
gewählt für die Sohle 1 : 8, für die Seitenwände 1 : 7. 
Für das Betongewölbe 1 : 6 und für das Pflasterunterlag 
1 : 9. Auf der Grundwasser führenden Strecke von der 
Bajzagasse bis zur Arenastrasse kam unter die Sohle noch 
ein Fundamentbeton zwischen Spundwänden zur Aus¬ 
führung; dieser Fundamentbeton wurde hergestellt aus 
der Mischung von J/2 Theil Portlandcement, xj2 Theil 
Romancement und 8 Theilen Donauschotter. 
Die Lichthöhe des Tunnels musste mit Rücksicht auf 
die Höhenanlage des im Bau begriffenen Hauptrecipienten 
auf der Ringstrasse, welcher am Oktogon von der Unter¬ 
grundbahn überfahren wird, auf ein Minimum reduciert 
werden. Die lichte Höhe des Tunnels beträgt 2'75 Meter. 
Die lichte Weite 6 Meter. Die Decke besteht aus Quer¬ 
trägern von 300, 320 und 350 Millimeter Höhe und da¬ 
zwischen betonierten Gewölben, die in 1 Meter Abstand 
befindlichen Querträger lagern, mit ihren Enden auf den 
betonierten Seitenmauern und in der Mitte des auf Doppel¬ 
längsträgern von 320 und 350 Millimeter Höhe, welche 
letztere von schmiedeisernen Säulen in Abständen von 
3 bis 4 Meter unterstützt werden. Als Belastung für die 
Berechnung der Deckenconstructionen wurden zweiachsige 
Lastwagen von 16.000 Kilogr, Gesammtgewicht, 1 -5 Meter 
Spurweite und 3 Meter Achsstand seitens des kön. ung. 
Handelsministeriums vorgeschrieben, für den Waitzner- 
boulevard wurden 24.000 Kilogr. schwere Lastwagen mit 
1*6 Meter Achsstand bedingt. Als Material für die Quer¬ 
träger, Längsträger und Säulen wurde Martinflusseisen, 
bezw. Schweisseisen vorgeschrieben. An Stelle der ur¬ 
sprünglich in Aussicht genommenen gusseisernen Säulen 
kamen auf Wunsch des Handelsministeriums schmied¬ 
eiserne Säulen zur Ausführung, welche aus zwei Eisen 
von 160X8X65X12 Meter Stärke und zwei Flacheisen 
von 200X8 Millimeter Stärke mit entsprechenden Kopf- 
und Fussplatten und Verbindungswinkeleisen zusammen¬ 
genietet wurden. Das zur Verwendung gelangte Martin¬ 
flusseisen musste bei einer in der Walzrichtung ge¬ 
messenen Bruchfestigkeit von 3500 bis 4500 Kilogramm 
pro DOtm. mindestens jene Dehnung besitzen, welche 
zwischen 28 Procent für die untere und 22 Procent für 
die obere Bruchgrenze aus der geradlinigen Interpolation 
entsteht. Die Tunnelgewölbe erhielten in dem Quergefälle 
der Strasse abgeglichen eine Betonabdeckung in der 
Mischung 1 : 9. Ueber dieser Abdeckung wurde eine As¬ 
phaltfilzplattenlage behufs Herstellung einer wasserdichten 
Abdeckung ausgeführt. Zu den Filzplatten kam reines 
Asphahbitumen aus Derna zur Verwendung. Auf der 
Strecke im Grund¬ 
wasser wurde eine 
ähnliche Plattenab¬ 
deckung über dem 
Fundamentbeton 
zum Schutz gegen 
eindringendes 
Grundwasser ver¬ 
wendet. Auf Anord¬ 
nung der gemisch¬ 
ten Baucommission 
wurde vor Ausführung der Deckenconstruction ein Probe¬ 
tunnel ausgeführt und nach 28 Tagen verschiedenen Be¬ 
lastungsproben unterworfen. Eine Einzellast von circa 
5000 Kilogr. über dem Scheitel des Betongewölbes auf 
150X150 Millimeter. Fläche wirkend, brachte eine mess¬ 
bare Durchbiegung nicht hervor. Bei einer gleichmässigen 
Belastung eines Betongewölbes zwischen zwei Querträgern, 
welche mittels aufgepacktem Roheisen bis zu 14.400 Kilogr. 
pro DMeter gesteigert wurde* ergaben sich folgende Durch¬ 
biegungen: im Scheitel des Gewölbes eine Senkung von 
0-5 Millimeter; in der Mitte des Querträgers eine Senkung 
von 0*3 Millimeter und in der Mitte des Querträgers 
eine seitliche Ausbiegung von 0*8 Millimeter. 
Wenn die Querträger allein als tragend angenommen 
werden, so ergibt sich rechnungsmässig eine sehr bedeu¬ 
tende Durchbiegung. Aus der geringen thatsächlichen 
Durchbiegung musste geschlossen werden, dass der Beton 
die Tragfähigkeit der eisernen Träger in bedeutendem 
Maße vergrössert und dass die Decke selbst bei schwerem 
Strassenfuhrwerk keine Durchbiegung erleidet und mit¬ 
hin auch nicht vibrieren kann. Schon aus dieser Be¬ 
lastungsprobe konnte geschlossen werden, dass das be¬ 
fürchtete Dröhnen der Decke bei darüberfahrenden Wagen 
nicht eintreten würde. Die Durchbiegungen der Decken¬ 
construction des Probetunnels wurden mittels Schiebern 
mit genauen Maßstäben und Nonien unter Oontrole der 
gemischten Commission gemessen. 
Die Prüfung des zur Verwendung gelangenden Cements 
erfolgte in einer eigens für den Bau der Untergrundbahn 
eingerichteten Oementprüfungsstation ebenfalls unter Gon- 
trole der gemischten Commission. 
Die Oementprüfungsstation enthielt die üblichen Appa¬ 
rate: einen Normalnadel-Apparat, einen Normalzugfestig- 
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