Volltext: Johannes von Gmunden, der Begründer der Himmelskunde auf deutschem Boden

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Rudolf Klug. 
lieh, dazu hätte ein Menschenleben nicht ausgereicht. Die 
Beziehung der Planetenörter auf einen exzentrisch gelegenen 
Kreismittelpunkt hatten die Gelehrten des Altertums mit ge 
nügender Genauigkeit klargestellt, diesen Teil konnte J. v. G. 
ohne Änderung übernehmen. Es ging folglich nur darum, 
die Tafeln so zu gestalten, daß sie mit möglichst geringer 
Mühe das Ziel erreichen ließen. In diesem Sinne ist das 
Tafelwerk des J. v. G. als ein originales Werk zu werten; es 
ist zudem das erste derartige Werk auf deutschem Boden, 
dem später so berühmte wie die Prutenischen und die Rudol- 
finischen Tafeln von J. Kepler folgten. Wesentlich ist aber 
auch das Verdienst, die Tafeln mit einer faßlichen Erläute 
rung versehen und damit den Lesern ihr Verständnis er 
schlossen zu haben. Es ist nicht richtig, daß Georg von 
Peuerbach in seinen Theoricae planetarum als erster den 
Text zu den Alfonsinischen Tafeln geliefert habe. Dieses 
Werk, das gleich dem Gmundischen auf alle theoretischen 
Ableitungen verzichtet, bringt die Erklärung der Fach 
ausdrücke und stellt die Bewegungen der Planeten in Zeich 
nungen dar; dies alles hat aber auch J. v. G. getan, wie aus 
dem Späteren noch hervorgehen wird. 
Das Tafelwerk des J. v. G. beginnt mit dem dunkel 
sten Teil der Sternkunde jener Zeit, der Bewegung der ach 
ten Sphäre oder des Fixsternhimmels, die wir heute Prä 
zession oder Vorrückung des Frühlingspunktes nennen. Sie 
setzt sich nach der Lehre des Thebit (Tabit ben Corra, 
13. Jh.) aus zwei Teilen zusammen, der Trepidation a und 
der Equation /?; erst die neuere Forschung hat uns das 
Verständnis dieser verwickelten Theorie erschlossen. Dar 
nach ist a = 9°sin (T 0 + 0°• 0514T) und /5 = 9°sina, wobei 
T 0 ein Anfangs wert, T die Zeit der Berechnung ist. J. v. G. 
gibt die Werte für etwa 200 Jahre, macht aber dazu die Be 
merkung, die Sternkundigen sollten sich dann selbst um neue 
Werte bemühen. Für die Zeit des Ptolemäus ergibt sich die 
jährliche Längenänderung der Sterne zu rund 50", für die 
des J. v. G. zu 38". 
Um einen Planetenort zu rechnen, hat man zunächst 
die Aux, d. h. den entferntesten Punkt auf dem Epizykel
	        
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