Volltext: Johannes von Gmunden, der Begründer der Himmelskunde auf deutschem Boden

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E u d o 1 f Klug, 
gen und den Alfonsinischen Tafeln aus Paris nach Wien 
gebracht hatte, war tot. Johannes Schindel, der mutmaßlich 
die Liebe zur Sternkunde in Johannes geweckt hat, weilte 
nur kurz in Wien. So stand Gmunden den gewiß nicht leicht 
zu verstehenden Schriften des Ptolemäus, de Muris, de Li- 
neriis, des Lincolniensis und der arabischen Autoren allein 
gegenüber. Von den Planetentafeln waren nur die gekürzten 
des Johannes Danko von Sachsen und die von Oxford be 
kannt, die Alfonsinischen lassen sich vor J. v. G. in Wien 
nicht nachweisen. Die letzteren sind von ihm auf deutschen 
Boden verpflanzt worden. Er sieht ihre Mängel und die 
Schwerfälligkeit ihrer Rechnungen, die die meisten ab- 
schrecken, sich ihrer zu bedienen. Ihrer Verbesserung wid 
met er den größten Teil seines Lebens mit dem Ergebnis, 
daß sie eine handliche Form erhalten, die für die spätere 
Zeit vorbildlich bleibt. Seine Nachfolger erwähnen sie aber 
nach der Gewohnheit der Zeit nicht ausdrücklich, obwohl 
sie dieselben gekannt haben müssen. Die tiefgehende Kennt 
nis des alten Weltsystems befähigt ihn auch, zum erstenmal 
seinen Tafeln eine eingehende Erklärung hinzuzufügen. 
Die Hilfsmittel für seine Rechnungen mußte er sich erst 
schaffen: die Operationen mit den Minutien, eine Multi 
plikationstafel, eine Sinustafel für jeden halben Grad und 
Tafeln für die Berechnung der Zwiachenwerte. Überall ist 
er bestrebt, die Rechnungen durch Konstruktionen zu er 
gänzen oder zu ersetzen, wobei ihm sein offenbares Zeichen 
talent sowie sein künstlerischer Sinn zu Hilfe kommen. So 
erklärt und erweitert er die stereographische Projektion 
des Ptolemäus und schafft in seinem Instrumentum solemne 
ein Gerät, das zur Darstellung des Ptolemäischen Systems 
später immer wieder Verwendung findet. Die Abhandlungen 
über die Säulensonnenuhr sowie den Quadranten können als 
klassisch bezeichnet werden, weil sie, was kein Mathematiker 
vor ihm getan, eine klare Erläuterung der Darstellung von 
Funktionswerten in rechtwinkligen und Polarkoordinaten 
bringen. Die Reisesonnenuhr wird dadurch in Deutschland 
heimisch und Gegenstand vieler späterer Abhandlungen. 
Wenn wir auch nicht alles seinem Erfindungsgeist zuschrei-
	        
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