Volltext: Braunauer Heimatkalender 1931 (1931)

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seines Buben. Wenn die Lehrerin glaubte, hier bei den Eltern 
einen Rückhalt zu finden, so sah sie sich bitter getäuscht. — Der 
Sonnleitner war ganz das Ebenbild seines Buben, und darum 
polterte er auf alle die Vorstellungen seitens der Lehrerin drauf 
los: „Mei Bua hat ganz recht, wenn er Enk a weng tratzr 
— was brauch an denn mir a Schulfrei—eilein in unsrer Schul'! 
Meinetwegn für d> Dirndln — aber für d' Buam ghert a 
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„Ja, lieber Herr Hofer — wir Frauen kämpfen doch ebenso¬ 
gut um unsere Existenz wie die Männer, abgesehen davon, 
dah auch! unsere oberste Schulbehörde für die Kleinen in den 
ersten zwei, drei Klassen eine Lehrerin für vorteilhafter fm=; 
det, weil ja das weibliche Gemüt sich tiefer in die kleine Kmdes- 
seele hineinversenken kann, wie der an sich viel härter veran¬ 
lagte Mann und Lehrer. Das ist eben bet uns Lehrerinnen 
auch so eine Art Muttergefühl — 
„Ja, warum sän S denn nacha koa Muatta word'n?" 
„Ja, mein Gott — alle Mädchen können und wollen sich 
nicht verheiraten! Wir haben ebenso gut Anrecht auf höhere 
Bildung und auf eine unabhängige Lebensstellung wie die 
Männer. Und gerade in der Schule findet die Frau ihren schön¬ 
sten Wirkungskreis —." 
„Papperlapapp — Hern S' mir auf mit Ihren Schmus" 
— fällt d er Sonnleitner wieder ein. „Was brauch an d enn 
mir a no studierte Weiber! Ham schon studierte Mannsleit 
gnua — laufan da mehrn umananda wie g'stutzte Hund! D' 
Weiber, sag i, und auf den Standpunkt bleib i — g'hörn ins 
Haus, in d' Kuchl und in Stall! — So, iatza wiss'n S' mei 
Meinung a— und iatza pfüat Jhua Gott, Schulfrei—eilein!" 
Mit diesem, recht höhnisch gesprochenen Wort, tritt der Bauer 
ab Und läßt die verblüffte Lehrerin stehen. 
Ihr Ehrgefühl sah sie zu tiefst in den Kot getreten — in 
ihrer Seele wogten jetzt unbeschreibliche Stürme. So hart 
und so -schwer hatte sie sich den Lehrerinnenberuf nicht vorge¬ 
stellt — eine liebevolle, sorgsame Führeritt und Bildnerin der 
kleinen Seelen wollte sie sein — und nun bekommt sie harte 
Steine statt Brot zugeworfen. 
-In ihrer großen Seelenqual flüchtet sie jetzt zum Orts¬ 
pfarrer und klagt diesem die große Abneigung der ihr anver¬ 
trauten Kinderschar, insbesondere schildert sie ihm auch das1 
trotzige und böswillige Gebaren des Sepperl ihr gegenüber. 
Der Pfarrer sinnt eine Weile, dann sagt er: 
„Liebes Fräulein, trösten Sie sich mit mir! Mir ist es 
anfangs mich nicht zum Besten ergangen, wie ich, hieher kam. 
Unsere Bauern sind eben insgesamt schwer zugängliche Naturen 
und Haben gegen alles Fremde gewisse Vorurteile, im Grunde 
ihres Herzens aber sind es lauter gute und rechtschaffene Leute, 
die nicht einmal einer Katze ein Haar krümmen können. — .Ich 
kann Ihnen nur den einen guten Rat geben, liebes Fräulein, 
tragen Sie jetzt im Anfang dieses rauhe, abstoßende Gebaren
	        
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