Volltext: Braunauer Heimatkalender 1926 (1926)

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entziehen, und später, später fürchtete sie außer allem übrigen, der Knabe 
möchte, eingeweiht in die vorhergegangenen Verhältnisse, seiner Mutter 
fluchen, sie verachten. Die Furcht nun, des Kindes siebe entbehren zu 
sollen, hielt mit zwingender Gewalt 61eonore ab, ihr Unrecht gut zu 
machen. Sie selbst wählte den Beruf einer Näherin, das Wenige, was ihr 
mann und sie sich erworben, hütend für ihr Kind, für Ihren Sohn. Uiele 
Verlockungen traten an Ihre frau heran, sie war ja schön, in ihrem Be¬ 
rufe bekannt und gesucht, sie widerstand, sie litt mehr, als ich Ihnen 
schildern könnte, darum verzeihen Sie ihr! Nachdem ihr Sohn die nötigen 
Schulen absolviert batte, gab sie ihn in die Lehre zu einem Sattler, der 
ihr ßausberr war. Als er dann auf die Wanderjabre ging, ein tüchtig 
ausgebildeter Geselle, meinte Eleonore, nun müsse sie sich offenbaren, 
nun solle es geschieden sein; doch der Crennung Schmerz war so groß, 
daß es der Mutter unmöglich schien, ihr Kind für immer zu lassen, und 
sie schwieg. Als der K'ieg ausbrach, der alles zu den Klaffen rief, da 
mußte auch der Sohn mit, und als Dragoner umarmte er seine Mutter 
zum letztenmale. Meder trat an Eleonore die Mahnung heran, sich Ionen 
zu entdecken; doch war es nicht möglich, daß Sie ihn gewannen und 
verloren zugleich? War es recht, Ihnen dann noch größeren Kummer zu 
bereiten, falls der männermordende Kampf Ihnen den kaum gefundenen 
Sohn entriß? Nach dem Kriege, bleibt ihr der Sohn erhalten, muß es 
sein! Die Anstrengungen, Entbehrungen, die sich die arme Trau aufer¬ 
legte, hatten ihre Kraft erschöpft; eine Cungenkrankheit warf sie auf das 
Lager, und als vor kurzem Siegesposaunen ertönten, die Kirchenglocken 
die Gläubigen in die Kirche riefen zum Danke an Gott, daß er unser 
Beer zum Siege geführt, schloß Eleonore, der noch die Nachricht wurde 
vom Wohlbefinden ihres Kindes, die müden Bugen. Ich lege Ihnen bei, 
was mir die Srau übe?gab, damit Ihr Sohn als solcher rechtlich aner¬ 
kannt wird. Es folgen mit: der taufschein Eleonorens mit Ihnen, den sie 
auf die Jlucht mitgenommen, der Taufschein des Kindes, außerdem sende 
ich eine diesbezügliche amtlich beglaubigte Erklärung, die ich ausstellte, 
weiter folgen die Briefe Ihres Sohnes an seine Mutter. Ich stelle mich 
Ihnen gern zu Diensten, falls Sie meiner Intervention benötigen sollten. 
Gedenken Sie der Verstorbenen im Gebete und nehmen aufrichtigen Wunsd) 
entgegen, daß Ihr Sohn Ihnen das Glück, das Sie einst verloren, wieder¬ 
bringen möge. 
C r e u s a m m, Pfarrer. 
War auch Bans nur ein einfacher Landmann, der nie besonders 
weit über seine Scholle hinausgekommen war, dessen Gesichtskreis also 
in intellektueller Beziehung ein beschränkter war, so war er vor allem 
guten Gemüts und hatte seinen Bausverstand. Wenn ihm daher auch 
nicht alles klar war, was ihm des braven Geistlichen Brief brachte, so 
merkte er doch, daß es eine Entschuldigung gäbe für seiner Jrau Jlucht 
aus seinem Bause, eine Entschuldigung, die in Loris Natur läge. 
Doch beschäftigte ihn das alles weniger als die Crauer über den 
Cod der Büßenden, der er von Berzen verziehen hatte. Er dachte darüber 
nach, daß er ja eigentlich Lori nie gefragt, ob sie ihn denn auch liebe; 
Eori wußte ja vor der Unterredung mit seinem (Jäter nod) gar nicht» daß
	        
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