Volltext: Braunauer Heimatkalender 1923 (1923)

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Hiezu bemerkt der Holländer: „Kinder sind ein Segen des Herrn 
aber sie reißen die Knöpfe von den Kleidern." Der praktische, nüchterne 
Holländer sagt aus dem Sprichwort „Zieht ihr Kinder auf?": „Zieht 
hebet Spanferkel auf, so habt ihr alle sechs Wochen Geld." Auch heißt 
es in den Niederlanden: „Kinder treten jung der Mutter auf den Schoß 
und alt aufs Herz." 
Der Däne ruft: „Wer die Hand des Kindes ergreift, ergreift der 
Mutter Herz", und: „Zu früh reif, ist bald.verfault." 
Der Estländer philosophiert: „Der eigenen Mutter Rute und der 
Stiefmutter Butterbrot ist einerlei." 
Die russischen Sprichwörter sagen wenig Freundliches über die 
Frau, doch der Mutter lassen sie volle Gerechtigkeit widerfahren. „Die 
Gebärerin ist die beste Ernährerin", und: „Das Gebet der Mutter holt 
aus dem Meeresgrunde herauf, was sie für ihr Kind herbeiwünscht." 
Der Pole meint: „Für eine Mutter gibt es kein schlechtes Kind": 
seiner Ansicht nach sind „Töchter — hohle Nüsse". Weiter sagt er: 
„Alles kannst du deinem Kinde mitgeben, nur nicht Glück." 
»Wählt die Töchter nach ihren Müttern," empfiehlt der Araber. 
Der Tscheche macht sich das deutsche Sprichwort zu eigen: „Mutter¬ 
hand ist weich, auch wenn sie schlägt." 
Sehr schön ist ein Wort des Venezianers: „Mutter, Mutter! Wer 
sie Hat, ruft sie, wer sie nicht Hat, wünscht sie." 
In England heißt es: „Die Mutter fragt nicht: willst du? son¬ 
dern gibt." 
Der Perser bringt der Mutter große Verehrung entgegen, wenn 
er ruft: „Der Himmel ist zu Füßen der Mutter," hat aber auch einige 
Sprichwörter, die recht sonderbar klingen, z. B.: „Die Mutter ißt unter 
dem Vorwande, es,sei zum besten ihres Kindes," und: „Die Wärterin 
tst liebevoller als die Mutter." Lassen die persischen Mütter so viel zu 
wünschen übrig? 
Ein japanisches Sprichwort lautet: „Wenn man ein Kind bat, 
versteht man die Güte der Eltern." 
Wir schließen unsere Auswahl mit einem Sprichwort der Suaheli, 
das seinem Sinne nach an ein deutsches Wort erinnert: „Wer sich 
fürchtet, fein Kind weinen zu machen, wird selbst weinen." 
Lin Gebet. 
In einem dicken Buch aus Urgroßvaters Zeiten fand ich neulich 
ein ganz vergilbtes Blatt mit dem folgenden Gebet. Nicht der Inhalt 
oder dre Form macht das Sprüchlein lesenswert, vielmehr die schlichte, 
urwüchsige Denkart der altbayrischen Väter und darum sei es hier 
wiedergegeben. 
Heut ist die güldene Samstagnacht, 
liegt unser Herr im Heilinga Grab: 
er schreiet immer Ach und Weh, 
tun ihm seine heiligen fünf Wunden so weh. 
Die kloan fan wie die großen, 
die falschen Juden hams ihm g'stoßen.
	        
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