Volltext: Braunauer Heimatkalender 1923 (1923)

„Franz, dich, sendet der Musengott! Schau, ich> bin. in. gxjößter 
Perlegetchxtt! Mein Intrigant ist verduftet. Me nächsten Tage aber 
ist das Benefiz der ersten Liebhaberin meiner Bühne. Die Einladung, 
zur Vorstellung ist bereits überall1 ausgegeben. Da macht mir nun 
der Kerl so einen Strich durch die Rechnung. Stelzhamer, du mutzt 
leisen! Du kannst es! Du mußt Schauspieler werden, denn du |a)t 
das rechte Zeug dazu! 
SteWamer war von dem Angebot völlig überrascht. Aber er 
zweifelte doch> ob e;r (zu einem Schauspieler befähigt toaire. Darum 
sagte er: „Bechtow, das wird nicht gut gehen; woher sollt ich- 
die Eignung zum Theater haben?" 
Der Freund schlug kurzerhand alle Bedenken nieder. „Wär 
nicht schlecht, Franz, wenn du das nicht zusammenbringen wurdest! 
Du, mit deinen großen, lyrischen Talenten, die du als Student 
schon geübt hast, wirst doch wohl auch! auf den Brettern deinen Mann. 
stellen lEntten! Komm nur einmal mit mir, ich will dich gleich näher 
mit der Sache vekannt mach eit. Du wirst scheu, Franz, es geht!" 
Er ging mit dem Freunde. Der führte ihn gleich nach seinem 
Quartier, bewirtete ihn reichlich, und weihte ihn in feine künstleri¬ 
schen Plane und Absichten ein. 
„Ich sag' dir, Franz, wenn du mit mir gehst, ist deine Zukunft 
gemacht! Wir haben bis jetzt immer guten Erfolg gehabt. Paßt 
uns der Boden nicht Mchir, ziehen wir in eine andere Stadt. Wenn 
du es verstehst, dich in deine Rolle einzuleben — und daran zweifle, 
ich nicht — wirst du gewiß der Liebling des Publikums werden und 
dein Glück ist gemacht! 
Aber noch immer zögerte er. Da kam die Schauspielerin, deren 
Benefiz gefährdet war. AW sie vom Direktor erfuhr, was er mit 
Steltzhamer vorhätte, stürmte sie auf diesen ein. 
„Herr Stelzhamer, ich bitte Sie, stürzen Sie mich nichlt ins1 
Unglück! Sie können mir gewiß helfen und ich bin überzeugt: sie 
werden es auch tun!" 
„Fräulein, was denken Sie?... Ich bin außerstande." 
„Still, still, Herr Stelzhamer! Sie Müssen nur wollen, dann 
ge'hi es! Und ich möchte Ihnen so dankbar sein, so dankbar! O, 
helfen Sie mir doch!" 
Da gab er nach und er rief mit Pathos: „>Jch sehe, schon, 
mein Sträuben ist umsonst! Nun woihlan: es fei gewagt!" 
Mit Eifer warf er sich denn auch auf die Rolle, den Lasarra 
in „Johanna von Montfaucon" von Wtzebue und als er dann bei 
der Vorstellung auftrat1, 'klappte alles. Das Publikum und auch die 
Truippe bansten ihlnt freudigst. Der Direktor drückte chm herzlich, 
die Hand unb sagte: „Franz, bu bist ein Glückskind. Mach nur so 
fort, unb Ruhm unld Gold wdrden sich an deine Fersen heften!" 
Das glaubte er denn auch. Begeistert widmete er sich seinem 
neuen Beruf, fpi eilte grwißete unb kleinere Rollen, auch den „Franz" 
in Schillers „Räuber" und den Gottlieb Socke in Zieglers „Partei» 
Wut". Und als gar einmal die berühlmlte Tragödin Sofie Schröder
	        
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