Volltext: Braunauer Heimatkalender 1921 (1921)

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. w. Mit?nde des Jahres 1810 hat auch das bisherige „Rieder Jn- 
telligerizblatt fern Ende erreicht. 
Die damaligen Innviertler waren trotz der ftanzösischen Invasion 
treue Deutsche geblieben. Am 30. April 1816 verkündete König Max Josef 
von Bayern die Abtretung des Inn- nnd Hausruckoiertels an Oesterreich. 
, Für unsere Tage erhoffen wir, daß der Anschluß an Deutschland 
baldigst Tatsache werde. Nicht mehr soll der Inn uns trennen, denn 
bas stammverwandte Volk gehört zusammen „auf ewig ungeteilt". 
Lumpereien aus der guten alten Zeis. 
;ir sollte« alle wissen, daß es nie eine gute alte Zeit gegeben hat. 
Wenn wir alt werden und den lauschenden Enkelkindern erzählen^ 
wre gang anders die Zeiten ehedem waren, wenn wir ihnen mit jenem 
mit ^ttenden Ton, den die hilflose Ueberlegevheit gerne annimmt, 
Brlder langst verronnener Lebenstage aufzeigen, so sind diese rosenfarbenen 
Gemälde doch nur lichtsrohe Schildereien der — eigenen Jugend. 
Ms wir jung waren und die herrlichen Begriffe „Soll" und „Haben", 
"<m 5. UI1 »Zinsen", „Prozente" und „Versteigerungsedikte", 
„Wochenbett" und „Testament" inhaltsleere Schälle waren, die ur.be- 
gretfltcherweise der lieben Mutter rotgeweinte Augen und dem strengen 
«ater noch strengere Stirnrunzeln verursachten, da lebten wir in der 
„guten alten Zeit". 
Unsere Väter hatten damals schon eine spottende Redensart, denn 
chre gute alte Zeit war vorbei, als die unsere kam. Und als unsere 
Großväter sich den Kopf mit beiden Händen hielten und trostlos ins 
Weite sahen, da war's wonnesam und herrlich für unsere Eltern. 
Deshalb gibt es immer eine gute Zeit; sie ist nicht alt, es ist das 
Funkelnagelneueste, es ist die Zeit, der Kinderwelt, die Zeit, in welcher 
dte Zwergnase und Rotkäppchen, der Däumling, Schneewittchen und 
Köntg Drosselbart tyr Wesen treiben und die Großmutter im schwarzen 
Körbchen immer noch eine goldene Pomeranze für den „Sitzenbleiber" 
übrig hat. 
Noch nie hat es eine bessere Zeit gegeben als jetzt — abgesehen 
natürlich von den kriegerischen Ereignissen und ihren Folgewirkungen 
Komme mir keiner mit dem märchenhaften Silbrnwanziaer, mit 
welchem man anno Toöa? eine Landpartie machen konnte. 
* * 
* 
Sterben müssen wir auch heute, Widrigkeiten, Elend, Sorge und 
Kummer, blutiges Leid gibt es genug, übergenug, aber die Bäume wuchsen 
auch ehedem nicht in den Himmel und der Fronvogt hatte eine barte 
Faust — vornehmlich, wenn er besoffen war.
	        
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