Volltext: Braunauer Heimatkalender 1921 (1921)

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Den 10. dieß früh reißt« bet Herr Intendant nach seiner Bestimmung ab; 
Den 11. traf der neue Herr Intendant Genet — bisher in dieser Eigenschaft in 
Fulda allgemein verehrt — hier ein. Wir dürfen die gerechte Hoffnung hegen, in 
ihm ein Werkzeig der Herrschergüte Napoleons, ein Merkmal der gütigen Weisheit 
Sr. Exzellenz des Herrn Generalintendanten Grafen v Billemancy zu verehren, und 
so die Reihe unsrer Hrn. Intendanten als fortdauernde Linie kaiserlicher Vatergröße 
mit kindlicher Ehrfurcht und Dunkbatkeit zu erkennen. 
Ried, den 15. Juny 1810. D ie p rovisorisch-frauzöfisch- 
kaiserl. LandeS-Kommission. 
Die „so erfreute Bevölkerung" der eroberten Provinz ist fast gleich¬ 
zeitig durch das Patent vom 15. Juni 1810, Nr. 4300, mit der Auf¬ 
lage schwerer Wegmauten, durch die Verordnung vom 27. Juni 1810, 
M. 5930, mit der Einführung einer sehr empfindlichen Stempelauflage, 
durch die Kurrende vom 28. Juni 1810, Nr. 6021, mit einer neuen 
außerordentlich drückenden Weinsteuer von 2 fl. Konventionsmünze für 
jeden Eimer vorhandenen Weines beglückt worden. 
Den willkommensten Anlaß zur Schaustellung des französisch-kaiser¬ 
lichen Patriotismus gab der hohen Landeskommission zu Ried der heran¬ 
nahende Napoleonstag, der 15/ August 1810. Die Dekane mußten ver¬ 
anlassen, daß feierliche Hochämter in den Pfarrkirchen gehalten wurden. 
Die Kommissariate hatten den Auftrag, Volksfeste, Pferderennen rc. zu 
veranstalten. (Ein Bild von dieser Huldigungsfeier in Wildshut befindet 
sich im Braunauer Heimathause.) In Ried war große Beflaggung, kirch¬ 
liche und außerkirchliche Feier, wobei beim Festmahl folgende Toaste 
unter dem Donner der Geschütze ausgebracht wurden: 
Unserm Kayser, Napoleon dem Großen, dem Freunde der Menschheit, dem 
Gründer und Beglücker der bürgerlichen Gesellschaft! 
Louisen, der besten Gattin, Frankreichs Zierde und Ihrem Baler und Ihrer 
Familie! 
Maxmilian Joseph, dem Könige der Bayern, dem Freunde und Bundes¬ 
genossen Napoleons! 
Unserm geliebten Intendanten, dem würdigen Stellvertreter unseres großen 
Kaysers! 
Dem Präsidenten und den Räthen der Landeskommission, und den braven 
redlichen Bewohnern des Inn- und Hausruck siertels! 
Der Ausdruck herzlicher, inniger Freude glänzt auf jedem Gesichte: jeder 
fühlte sich groß, daß er Napoleons großer Völkerfamilie angehöre; jeder war ge¬ 
rührt, tzaß Napoleons Weisheit unserer Provinz einen Landesvater gab, der von 
seinem Volke geliebt wird, und dessen Liebe auch wir nnS werth zu machen bestreben 
werden. 
Nach aufgehobener Tafel erschienen zwölf Bürgermädchen von Ried in weißem 
Gewände, angeführt von dem Schuldirektor, und gaben dem Herrn Intendanten Ihr 
kleines Geschenk an den großen Kayser, einen Lorbeerkranz und einen Blurrenaranß 
von Rosen und Vergißmeinnicht: zwölf Bauernmädchen von Aurolzmünster mit 
ihrem Schullehrer an der Spitze, einen Eicherrkranz und ein Bouquet von Waizen-, 
Korn- und Gerstenähren. 
Diese einfache Gabe von unschuldigen Mädchen entlockte Thränen: kein Ge¬ 
dicht erklärte den Inhalt des Geschenkes, die Symbole sprachen von selbst den 
Sinn aus. 
Abends 6 Uhr war Theater: ein Prolog, für diese Feyer bearbeitet, eröfnete 
das Singspiel: Der Gutsherr, von Dilettanten mit ungeteiltem Beyfalls gespielt. 
Die Feyerlichkeit beschloß ein Ball: Bornen im geschmackvoll verzierten Tanz¬ 
saale stand ein einfacher Tempel, unter diesem Napoleons Büste. 
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