Volltext: Braunauer Heimatkalender 1920 (1920)

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die Rinder einen nicht zu überwindenden Widerwillen gegen den scharfen Geruch der 
Moschusratte hatten. Aus Uebermut hatte er des öfteren gerade die wütendsten 
Stiere der Herde dadurch in bte Flucht geschlagen, daß er ihnen eine an einer 
Stange befestigte tote Moschusratte hinhielt. Vor betn burchbrtngeitbeit Geruch nahmen 
bie Tiere, mochten sie noch so sehr gereizt sein, immer toteber Reißaus. Diese viel¬ 
fach erprobte Eigenart suchte Massacero bann zum Geldverdienen zu verwerten. Nach- 
bem er sich davon überzeugt hatte, baß auch bte in Spanien besonders für bte Stier¬ 
kämpfe gezüchteten Rittber prompt auf bett Moschusgeruch reagierten, begann er mit 
seinem öffentlichen Auftreten. Ohne baß bie Angestellten ber Arena etwas davon 
ahnten, sperrte er in bent mit Löchern versehenen Podium eine große Anzahl von 
Moschusratten ein, bie er von Südamerika mitgebracht hatte. Mit Hilfe feines Ver- • 
trauten Beuavo gelang es ihm, bann auch fernerhin, bie berüchtigten Nagetiere vor 
aller Augen zu verbergen. Es war also nicht Juan Mafsaceros dunkles Auge, das 
bte Stiere in bie Flucht trieb, sondern lediglich ber ben gehörnten Wiederkäuern so 
widerwärtige Geruch ber in bern Podium eingeschlossenen Ratten. 
Mit betn Verrat Benaoos hatte bie des geheimnisvollen Schimmers enttleibete 
Darbietung selbstverstänblich ben größten Teil ihrer bisherigen Anziehungskraft ver¬ 
loren. Trotzdem soll Massacero auch später noch in kleineren spanischen Stabten aus¬ 
getreten unb schließlich als begüterter Mann in seine argentinische Heimat zurück¬ 
gekehrt sein. 
Die Hunde im Jägerlatein. Bei ber innigen Gemeinschaft zwischen 
Jägern unb Hunben war es nur natürlich, daß das sogenannte „Jägerlatein" auch 
ben Hunb unb seine Leistungen in ben Bereich ihres Interesses zog. 
„Die von ihrem Hunb Berichten 
Die unglaublichsten Geschichten; 
In ber Kneipe zum Vergnügen 
Auf lateinisch so zu lügen; 
Sich bisweilen wohl erlauben, 
Daß sie's schließlich selber glauben." 
Letzteres ist jeboch eine falsche Auffassung ber Laien, benn bie Jäger denken 
gar nicht baran, bei Erzählung ihrer haarsträubenden Geschichten ernsthaft genommen 
zu werben. 
Kaum hat ein Jagbgenoffe eine Wundergeschichte von feinem Hunbe beendet, 
beginnt fein Nachbar: „Da war mein „Feldmann", ber stellte Ihnen eine Wachtel 
baburch, baß er ben linken Vorderfuß hochhob, bei einem Rebhuhn ben linken Hinterfuß, 
bei einem Fasan ben linken Vorher- unb rechten Hinterfuß, bei einem Rammler bie 
beibeit Vorder-, bei einem Setzhasen bie beiben Hinterfüße, bei einem Reh alle vier 
Füße, bei einem Hirschen ebenso, nur mit bern Unterschieb, baß er babei auf bent 
Kopse staub! Nun, was sagen Sie zu so einem Hunb?" 
Ein anberer Jäger berichtet, daß fein Hund brei Stunden lang vor einem 
Huhn gestanben habe. Ungläubiges Lächeln spielt um bie Lippen der Zuhörer; da 
erzählte ein britter mit todernstem Angesicht: „Das ist noch -gar nichts. Ich habe 
viel Erstaunlicheres erlebt. Mein „Mebes" wurde neulich bas Opfer feines hart¬ 
näckigen Vorstehend Ich hatte ihn in einem Kleestück vergessen, wo er unbeweglich 
einen Hasen stand. Den wollte ich erst nach dem Frühstück schießen, wurde aber ab¬ 
gerufen und mußte acht Tage lang verreisen. Als ich zurückkam, fehlte „Mebes" unb 
war nirgenbs zu ftnben. Endlich fällt mir das fatale Kleestück ein. Ich laufe hin und 
finde „Mebes" unb ben Hafen, Beibe tot, aber der Hund hatte noch immer ben 
Vorberlauf erhoBen. Er markierte im Tobe das Stehen noch!"
	        
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