Volltext: II. Jahrgang 1905 (II. Jahrgang 1905)

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So ist für die Passauische Herrschaft im Mühlviertel der erste Fall 
für das Jahr 1369 nachweisbar. 
Zur vollständigen Landsässigkeit, das ist Unterordnung 
geistlicher Besitzungen unter die herzogliche Landeshoheit, war es 
am Ausgange des Mittelalters noch nicht in allen Bistümern ge¬ 
kommen. Während diese Entwicklung für Passau und Bamberg 
unaufhaltsam war, hatte sich Salzburg eine ziemlich große Selbst¬ 
ständigkeit seiner Enklaven bewahrt. 
Im 2. Teile (S. 75—224) kommt das Verhältnis zwischen Staats¬ 
gewalt und Kirchengewalt zur anschaulichen Darstellung. Wir er¬ 
kennen, wie das Landesfürstentum Schritt für Schritt die Kirchen¬ 
gewalt einzuengen, die Kirche in das Staats-Ganze einzuordnen 
sucht, so daß am Beginne der Neuzeit Ferdinand I. bereits, be¬ 
günstigt durch die Zeitlage, das sogenannte josephinische System 
begründen kann. 
Als Hauptträger des Gedankens von der Unterordnung der 
Kirchengewalt unter die staatliche Oberhoheit treten uns Otakajr, 
Albrecht I., Rudolf IV., Ernst, Albrecht V. und Friedrich IV. ent¬ 
gegen. Anfangs ist das Eingreifen der Landesfürsten manchmal 
gewaltsamer Natur, bis es der berechnenden Art Kaiser Friedrichs III. 
gelingt, der bisherigen kirchenpolitischen Entwicklung im öster¬ 
reichischen Gebiete eine dauernde Grundlage zu geben. 
Doch besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen der 
landesherrlichen Kirchenhoheit der Habsburger und dem evan¬ 
gelischen Landeskirchentum. Mochte auch Friedrich III. einem 
Eingreifen der Kurie in die ßsterreichischen Kirchenangelegen¬ 
heiten direkt entgegentreten, den freien Verkehr seiner geistlichen 
Untertanen mit Rom der staatlichen Kontrolle unterwerfen und 
selbst liturgische Dinge aus seiner Machtvollkommenheit regeln, 
so blieb dennoch die Einheit dieser Landeskirche mit Rom ge¬ 
wahrt und wurde an der Unteilbarkeit der allgemeinen Kirche 
nicht gerüttelt. 
Zunächst wird dargelegt das Streben der Habsburger nach 
der obersten Vogtei im ganzen österreichischen Territorium; sie 
wird seit der Mitte des 14. Jh. als ein in der Landeshoheit be¬ 
gründetes Recht beansprucht; am Ende dieser Entwicklung er¬ 
scheinen die Klöster als eigentliche Kammergüter des Landes¬ 
fürsten. Dies war die Grundlage, auf der sich das Gebäude des 
Staatskirchentums erheben konnte. Die Bausteine bilden die Er¬ 
weiterung des landesfürstlichen Patronates, die Einschränkung der 
geistlichen Gerichtsbarkeit, die Ausdehnung der Steuerpflicht über 
die Geistlichen, ferner das Streben, ein allzustarkes Anwachsen 
des kirchlichen Besitzes zu verhindern. 
Die Landesfürsten sind jetzt auf Grund des Patronates, päpst¬ 
licher Autorität oder ihrer tatsächlichen Macht imstande, fast in 
ihrem ganzen Gebiete ihre Bewerber um geistliche Stellen durchzu¬ 
setzen. Sie ernennen landesfürstliche Kommissäre zur Temporalien-
	        
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