Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 9 1933 (Nr. 9 / 1933)

— J * 
—5 —*88 — J —* * 84 * ——B 9 — * 
ARBRMAM —ARR —A —8 
— —38 * I —32 — 4* — 
—* 
Man hat sich im allgemeinen angewöhnt, das 
Barock als die österreichische Kunstform schlechtweg 
anzunehmen. Allerdings zeigt sich sterreich den Heu— 
tigen in barockem Aussehen. Die großen Kunstwerke, 
Kirchen, Klöster, Schlösser und Stadtbauten, stehen in 
barocker Pracht und Weitläufigkeit vor uns. Viele 
Landkirchen sind barock oder doch barockisiert. Aber 
wenn auch österreich heute als Land des Barocks 
erscheint, ist das Barock nicht die österreichische 
Kunst, außer der es kein nennenswertes Kunstschaf— 
fen mehr gäbe. I 
Sicher war das Kunstschaffen in der Gotik ebenso 
bedeutend und tiefgehend wie im Barock; es ist nur 
fast alles zerstört, was in der Gotik geschaffen wurde. 
In der Blütezeit der Gotik entstanden fast alle Klö— 
ster und die ältesten Stifte Mondsee, Kremsmünster 
und St. Florian besaßen in der gotischen Zeit an— 
sehnliche Kirchen und Klosterbauten, von denen man 
annehmen muß, daß sie bedeutende Bauwerke waren. 
Es sei auf die unvergleichlichen Bilder von Albrecht 
Altdorfer in St. Florian hingewiesen, die allein ein 
Beweis sind, welche reiche Kunstschätze die Klöster 
im besonderen Oberösterreichs, im Mittelalter besaßen 
Die hohen, schmalen Hallen der Kirchen in Krems— 
münster, Wilhering, Baumgartenberg. usw. um nur 
einige Beispiele zu nennen, sind Schöpfungen der 
Gotik und wurden in der Barock- und Rokokozeit nur 
anders, „modern“ gewandet. Der unendliche Schatz 
an gotischer Plastik, der noch immer in Oberösterreich 
vorhanden ist, beweist, wie reich diese Zeit an künst⸗ 
lerischem Schaffen und Können war. Der St. Wolf— 
ganger und Kefermarkter Altar sind nur die beson— 
ders hochstehenden Vertreter einer reichen, sehr rei 
chen Hunstepoche, von der sich nur dies e zwernehr 
furchtgebietenden Werke erhalten haben, vielleicht 
auch nur aus Zufall, aus dem Zufall eines guten 
Willens. Aber sonst wurde „barockisiert bis in die 
Grüfte“, wie ein namhafter Kunsthistoriker sagte. 
Auch den Linzer gotischen Kunstwerken erging 
es nicht anders als den übrigen österreichischen Kunst— 
werken. Wenn wir die schönen Kupferstiche von Lukas 
von Valckenburch vom Jahre 1594 oder von Mat— 
thäus Merian vom Jahre 1649 betrachten, so sehen 
wir Linz als rein gotische Stadt: die Häuser mit 
gotischen Giebeln, die Tore mit gotischen Bekrönun— 
gen und spitzen Tor- und Fensterbogen, das Schloß 
im Jahre 1594 noch in der anheimelnden und pracht— 
vollen Form einer gotischen Burg, die Stadtpfarr⸗ 
kirche mit dem hohen, steilen, gotischen Dache und dem 
wuchtigen gotischen Turme, erinnernd an die herr— 
lichen Kirchtürme der Wachau, Spitz, St. Michael, 
Arnsdorf; vor der Stadtmauer die Kirche des Heili— 
gen⸗Geist⸗Spitales, eine Gründung der Linzer Pa— 
krizier Ulrich von Tann und Friedrich Tungazzinger 
aus dem Jahre 1334; die Minoritenkirche noch immer 
als gotisches Heiligtum erkennen lassend, obwohl das 
Kloster schon in den Landhausbau umgebaut war. 
In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ent— 
standen diese beiden wichtigen Kirchen, die Pfarr— 
kirche Unserer Lieben Frau und die Minoritenkirche, 
letztere der Gewohnheit der Minoriten entsprechend 
fioch außerhalb der Stadtmauer, die damals, als die 
Minderen Brüder sich in Linz niederließen, erst bis 
um heutigen „Schwarzen Bock“ und zur Hahnengasse 
eichte. Allerdings wurde bald darauf die Stadtum— 
vallung erweitert und schloß dann auch das Mino— 
ritenkloster ein. Aus einem im Stadtarchiv liegenden 
Akte, der sich auf den Umbau des Minoritenklosters 
nn der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bezieht, 
st ein Kreuzgang im Kloster erwähnt, außer diesem 
ioch ein Hof in diesem. Sicher war also das Minori— 
enkloster ein hervorragendes Bauwerk der gotischen 
Zeit. Eine Kirche allerdings haben wir in Linz, deren 
Bau noch die gotische Form besitzt, das ist das Mar— 
inskirchlein auf dem Römerberg; dieser Bau ist aber 
zuch schon aus einer späten Zeit, aus dem 15. Jahr— 
jundert und entbehrt jedes Ansehens, um so mehr, 
als sein Inneres der gotischen Zier ganz beraubt 
vurde. I 
Der wunderschöne Schmidtorturm, der in der 
Topographia Windhagiana (1673) neben dem Wind— 
zaag'schen Hause auf dem Haupfplatze abgebildet ist, 
st im Jahre 1828 gefallen. Freilich war er damals 
des reichen gotischen Schmuckes schon beraubt und in 
infacher barocker Gestalt. Das Rathaus ist heute noch 
n seinem gotischen Kerne erkennbar. Es erhielt in 
den Jahren 1688 /59 seine heutige Barockfassade. In 
der Hahnengasse stand die Dreifaltigkeitskapelle, 
1426 gegründet, in den Wirren der Reformation ver— 
zdet und verlassen und zu einem Wohnhause umge— 
»aut. Aus ihr stammt eine künstlerisch hochstehende 
Relieftafel mit der Darstellung der Gebürt Cyristi. 
Zie gehörte sicher zu einem Flügelaltare, der in der 
Zapelle stand und nach seinem Reste zu schließen an 
nstlerischer Größe dem Kefermarkter Altar nicht 
iachstand. Die Relieftafel bewahrt unser Landes— 
museum. 
Es ist bedauerlich, daß die alte Spitalskirche gänz— 
ich verschwunden ist. Sie fiel dem Josefinischen Eifer 
zum Opfer. Sie enthielt sicher wertvolle, für die Kul— 
rurgeschichte von Linz bezeichnendeKunstwerke auch 
aus der gotischen Zeit.— 
Eine verschwundene Kunst ist die Linzer Gotik 
also. Aber einiges haben wir doch noch von ihr. Es 
st nicht viel; aber wegen seiner Seltenheit uns um so 
teurer, für uns um so kostbarer und wertvoller. Zwei 
noch bestehende Kunstwerke nannte ich schon, das ist 
die Martinskirche und die Relieftafel aus der Drei— 
altigkeitskirche. Wenn wir vorläufig in dieser Ge— 
zend der⸗Stadt bleiben, so ist in ihr eines der wich— 
igsten gotischen Kunstdenkmäler zu nennen, das so⸗ 
zenannte Friedrichstor im Schlosse, im äußersten 
westlichen Hofe, der letzte Überrest der gotischen Burg, 
in der die Kaiser Friedrich III. und Maxmilian J. so 
zgerne weilten, in der glänzende Hoffeste stattfanden 
und Glanz und Ansehen für die Stadt Linz Platz 
hatten. Das Tor trägt reichen Wappenschmuck und 
gehörte zu einem Rundturm der kaiserlichen Burg, 
die von Kaiser Rudolf II. nach 1600 in die heutige ge— 
schlossene viereckige Rengaissance-Form umgebaut 
wurde. — ———— e, “ 
Ein Stück Mittelalter ist ferner das heute noch
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.