Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 6 1933 (Nr. 6 / 1933)

8 
0 
4 
1 
r 
ä 
7 
4 
3 
12 
n 
it 
r 
d 
it 
r 
4 
— 
914 
2 
9 
ch 
l⸗ 
n 
n 
g 
te 
»7 
20 
⸗ 
*0 
1* 
n 
7 
ꝛ 
83 
Manche der vierzig Bauern senken ihre Köpfe wie 
tückische Stiere, andre aber weinen, danken, zeigen 
sich reuevoll. 
Sie werden hinausgeführt unter sicherem Geleit 
his ans Stadttor und in Freiheit entlassen. 
„Rächen, rächen muaß i jetzt auch den Sigmund!“ 
heult der Hias. Er ist schier sinnlos von der aufgereg— 
ien Nacht und hat sich ganz verrennt in die wildesten 
Gedanken. 
„Sei nit so narrisch!“ sagt ein anderer. „Es is 
nix mit der narrischen Weis'! Dein Mundel wird 
hiatzt guat verpflegt und wir wolln Frieden machen; 
is das Gscheitest! Der Statthalter is doch ganz guat 
mit uns gwesn! Man muaß ihm unrecht tuan mit 
dem Vorgeben, daß er gar so tyrannisch is!“ 
Durch die Freigelassenen kommt eine andere Stim— 
mung ins Lager. 
Auch die Stände suchen durch ein „Patent“ die 
Bauern von ihrem Stürmen abzubringen; sie war— 
nen sie vor ihren Führern und tragen ihnen gütliche 
Verständigung an. 
Aber der bessere Wind hält nicht lang an. Wohl 
lauft ein Teil der Bauern heim, aber andere schüren 
weiter in Haß und Grimm. Sie reden sich selbst wie— 
der in Wut und Verzweiflung hinein. Die Botschaft 
Herberstorfs wird verdreht, seinen Worten böse Mei— 
nung und Falschheit untergeschoben. 
Am 22. und 23. Juli rufen die Führer neuerdings 
auf, diesmal sogar schon die Sechzehnjährigen, die 
„Buben“. Und wer nicht „parieren will, dem drohen 
—D 
und Hof. 
Der Hias ist nicht heimgekehrt. Er ist ein paar 
Tage siech an seiner Wunde im Lager vor Linz 
herumgelegen. Aber bald war er wieder heil und ge— 
sund; die unverwüstliche Bauernkraft hat ihn kuriert 
— und der Bauerntrotz war auch geblieben. 
2 
Sigmund Pröll liegt im Schloß zu Linz. Er wird 
aufs beste gepflegt, der Statthalter erkundigt sich 
täglich nach ihm. 
„Der Bursch hat Grausiges miterlebt — wer so 
etwas hinter sich hat, der hat genug fürs Leben“, 
sagt der Graf im Gespräch mit dem Arzt. Und im 
Stillen denkt er sich: „Leide ich nicht selbst unter all 
diesem Graus? Wär' diese leidige Bauernrebellion 
nur schon zu Ende! Aber ich muß den Rebellen Trutz 
bieten! Es ist meine Pflicht, sie zu zwingen! Ich kann 
nicht anders handeln im Dienste meines Herrn, des 
Kurfürsten!“ 
Der eiserne Graf meint nicht anders handeln zu 
können. 
Eine Zeitlang geht es dem Sigmund schlecht. Er 
hat große Schmerzen und meint, sterben zu müssen, 
wie der Feldobrist Fadinger. Er weint heimlich in die 
Decke hinein, denkt an seine Eltern, an die singende 
Veronika in Wels. Und es ist ihm schrecklich, so jung 
schon von der Welt scheiden zu müssen!“ 
Das Fieber kommt. Er spricht irr; ruft nach seiner 
Mutter, nach Veronika und jammert und klagt, daß 
der Krieg nicht enden will, sagt es unverhohlen, daß 
er es schon genug finde und heim möchte. In dieser 
Zeit tritt der Graf einmal selbst an das Lager seines 
Schützlings, um zu sehen, ob man doch wirklich sorg— 
— — 2 
klb läsfig, 
maocht krank. 
feit ict häss lich 
srink dich schlcink! 
MNtdth aborkxt IMCIVIEM 
—XDDD 
am mit ihm verfahre. Er hört seine Fiebergespräche 
und entnimmt daraus manches. 
„Das ist einer, der schon nicht mehr gern mittun 
wili“, sinnt er. „Seine geheimsten Gedanken, die er 
etzt im Fieber preisgibt, sind wohl auch die Gedan⸗ 
en vieler anderer; viele sind halb oder gar ganz ge— 
zwungen in der Bauernschar. Es ist Zeit, daß dieser 
Aufruhr endlich niedergeworfen werde, sonst kostet er 
zu vielen Unschuldigen das Leben.“ 
Am 29. Juli rücken die Bauern zum Hauptsturm 
auf Linz an. Der Kriegswahn hat sie neuerdings er— 
jaßt. Jetzt gibt's kein Halten mehr. Noch mehr sind 
ie wie beim ersten Sturm in der Nacht vom 26. Zu 
Tausenden sind sie herbeigeeilt, um die Sach' zum 
End' zu bringen. Jeder trägt einen Bund Wied oder 
Zolz mit Steinen und Erde gemischt. Damit wollen 
sie die Gräben der Stadt ausfüllen und die Höhe der 
Mauern überklettern. 
Die Bauern stürmen auf Linz und hinter ihnen 
her — der Todd. — 
In ihrer wilden, verzweifelten Kampfbegier reißen 
sie Menschen mit sich, die gar nicht zu ihnen gehören. 
Dder Maurer Jakob Puchreiter steht mit anderen fried— 
lichen Leuten auf einem Feld gegen Ebelsberg zu, 
arbeitend. Da sehen sie unverhofft Bauernreiter von 
rückwärts heranbrausen, die sie, die unbewehrten Ar— 
zeiter, mit vielen Schlägen vor sich herjagen, bis an 
die Linzer Stadtmauer, wo sie stürmen müssen. 
Der Kampf um den Mauergürtel von Linz ist ein 
grausamer. Die Holzbündel werden in die Gräben 
geworfen, die sich füllen. Die Doppelhacken und Mus— 
eten der Herberstorf-Soldaten, die Geschütze aus der 
Stadt speien Tod und Verderben unter die Stürmen— 
den. Aber wo hundert fallen, rücken tausend nach. 
Schon währt das Ringen Tag und Nacht. Katzen— 
artig behende beginnen die Bauern, die Mauer zu 
erklettern. Die Gefahr für Linz wird immer größer. 
Und wieder erscheint Herberstorf als das Verhäng— 
nis, das Verderben der Bauern. Wieder reißt ihn sein 
Zorn zur Grausamkeit hin. Auf seinen Befehl werden 
brennende Pechkränze und Pechkugeln in den Stadt— 
graben geschleudert. Das sommerdürre Holz lodert 
ilsbald in hellen Flammen. Die flatternden Leinen— 
kittel der Bauern werden vom Brand erfaßt. Ein Ge— 
heul des Schmerzes, der bittersten Wut, schallt an den 
Stadtmauern empor, zum hohen Schloß hinauf, darin 
der furchtbare Diener seines Herrn sitzt, der mit zu— 
ammengebissenen Zähnen und gerunzelter Stirn vor 
sich hinbrütet. 
In einem stillen Gemach des Schlosses kämpft 
Sigmund Pröll einen andern Kampf; sein junges 
Leben kämpft mit dem Tod, der sich nahen will.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.