Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 5 1933 (Nr. 5 / 1933)

Ein weiter Weg braucht gutes Schuhwerk. 
der jungen Schar 
Bildbericht aus einem innviertler Bauernhaus 
J 
Was lassen sich's Zeitungen und Zeitungsleute oft 
für Mühen und für Reisen kosten, damit sie, sei es in 
fernen Landen oder gar an Kriegsschauplätzen, mit 
Stift und Kamera Neues, Sensationelles ergattern, 
das sie dann mit Bildern und Lettern ihrer Leser— 
schaft unterbreiten können. Wir besinnen uns heute 
einmal auf einen besonders naheliegenden Stoff. Es 
ist kein Kriegsschauplatz und kein indischer Dschungel, 
dem unser heutiger Bericht gilt; es sind nur die 
Räume des eigenen Hauses und Hofes; aber umgehn 
tut's drinnen, daß wir abwechselnd bald an einen 
Kriegsschauplatz, bald an einen tropischen Urwald 
denken müssen ... Wenn so nicht nur die „Rekru— 
ten“, sondern auch die „alte Mannschaft“ in der Ka— 
serne ist, das heißt, wenn in unserem Hause nicht nuͤr 
die Kleinen, sondern auch die „Schulgehenden“ da— 
heim sind, geht's bei uns zu wie in einer Geflügel— 
farm. Diese Jungschar — das sind ja keine stillen 
Lämmlein, sondern arge Krawallisten, Neuausgaben 
von Max und Moritz und vom Struwelpeter. Sie 
weinen und lachen, lärmen und streiten, zanken und 
vertragen sich allen erzieherischen Theorien zum Hohn 
und sind doch im Grunde lieb und brav. Zum An— 
fang unseres umfangreichen Eheglücks, als wir ein 
Kind oder noch weniger hatten, da lasen wir gescheite 
Bücher über Erziehung: Foerster, Hlotzky usw., kilo— 
weise — hernach, als die Schar immer größer wurde, 
haben wir den papierenen Kram in den Kasten ge— 
sperrt; das Leben ließ uns nicht mehr Zeit, Theorien 
auszuproben und die Praxis gestalten wir, wie es 
eben das Leben zuläßt . ... 
Das Tagewerk unserer jungen Schar? Abends 
müssen sie bald zu Bette, oft. mit sanfter Gewalt, 
denn es wäre gar zu lustig, nach dem Abendessen noch 
ein wenig mit den Großen beim Tisch zu sitzen. Ist 
aber weder nötig, noch nützlich, drum wird's nicht ge— 
duldet. Eine Zeitlang lärmen sie noch nach dem Be— 
ten, aber früher, als sie zuvor selber meinten, fallen 
die blauen und braunen Guckäugelein zu. Das ist gut 
so, denn bei einer Stunde schlechtem Schulweg müs— 
en sie auch im tiefsten Winter vor 7 Uhr auf dem 
Marsch sein. Um 8 Uhr beginnt die Schule und ein 
oaar Häuser auf dem Wege müssen auch noch ange— 
teuert werden, weil dort Kameraden wohnen, die 
auch mitgehen. Ist keine Kleinigkeit für die kurzen 
Beinchen, im Winter sowohl den Hin- als manchmal 
auch den Rückweg im Finstern machen zu müssen. Da— 
ür aber sind wir alle durch das frühe Training zu 
so guten Fußgehern geworden. I 
Also, sie wissen, was sie müssen, darum braucht's 
keiner Tagwache, sondern schon vor 6 Uhr tönt's 
vom hintern Stüberl: „Mutter, dürfen wir aufstehn?“ 
Wird genehmigt. Aber, o Wunder, damit der Wir— 
hel noch größer wird, tauchen auch schon die Aller— 
kleinsten, die wahrlich noch nicht gebraucht würden, 
aus der Tuchent auf und treten an, Röcklein und 
Zöslein in den Händen und alles ruft: „Anziehn!“ 
Die erste Suche gilt den Strümpfen, die am Vorabend 
orglich zum Trocknen auf die Ofenplatte gelegt wur— 
den. Könnt euch denken, daß da die geplagte Mutter 
gar nicht weiß, wem sie zuerst beistehen soll. Das eine 
hat seine Strümpfe nicht — hernach finden sie sich 
unterm Tisch —, das andere hat Haube oder Fäust— 
linge verräumt. Ja, wenn's nur die Kleider wären, 
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