Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 5 1933 (Nr. 5 / 1933)

Das neue Unglück facht die Rachegedanken der an 
einem Tag zweifach Geschädigten zu noch wilderen 
Flammen an. Flammen, Feuer und Tod wollen sie 
heute noch nach Linz senden!“ 
Am Hagen bei Urfahr und auf den Höhen von 
St. Magdalena lagert Christoph Zeller, Fadingers 
Schwager, mit seinen Scharen, der Bauernschaft vom 
Mühl- und Machlandviertel. 
Die Nacht kommt, die ein schreckliches Feuerspiel 
bringen soll. Herberstorf selbst eröffnet den Flammen— 
reigen, indem er Pechkränze auf die Donaubrücke 
schießen läßt. In zwei Joche der Brücke krallt sich der 
rote Hahn. Nun sind die Bauern da drüben von Linz 
abgeschlossen. 
Wütend lassen ihre Verbündeten am Galgenberg 
jetzt zwanzig Geschütze gegen Schloß und Stadt spie— 
len. Rote Lohe züngelt in der Stadt auf. In der Vor— 
stadt bei der „eisernen Hand“ und in der Lederer— 
gasse fängt es zu brennen an. Siebzig Häuser und 
Scheunen wurden vernichtet; wer den Brand ver— 
schuldet, ob Bauer, ob Soldat, ist heute noch unbe— 
kannt. 
Es ist eine Nacht des Entsetzens: eine grausige 
Sonnwendnacht. Die Sonne hatte sich gewendet — 
aber auch das Glück der Bauern! 
Linz ist in jener Nacht nicht gefallen! Es hat sich 
nicht ergeben! . 
Der bösen Nacht folgt ein übler Tag. 
Das Morgenlicht kann kaum durchdringen. Die 
ganze Gegend ist erfüllt mit schwelendem Rauch. 
Noch zucken Flammen auf und verwüsten Heim— 
stätten. Kampflärm erschallt. Brandgeruch durchsetzt 
die Luft, die unangenehm zu atmen ist. „Der Rauch 
selcht das Getreide am Halm, weit und breit“, sagt 
ein alter Bauer hustend. 
Etwas Lähmendes schleicht durch das Bauernlager 
vor Linz. Ermüdet, verdrossen stehen und liegen die 
Männer umher. In einer Lagerhütte aus Stroh, zwi— 
schen Ebelsberg und Linz, in der Ebene lagern zwei 
Kriegsgesellen. I 
Site sind schon oft nebeneinander gelegen, sie haben 
sich schon oft zusammengefunden, denn sie sind aus 
derselben Gegend. Der eine ist ein kraftvoller Mann 
in besten Jahren, der Edlinger aus Talheim, der 
andere ist ein junger, stattlicher Bursch, der Sigmund 
Pröll aus Wels. — 
Der Welser liegt neben dem Talheimer. 
„Dös war a Nacht, gelt, Schreiber!“ seufzt der 
Hias. 
„Das ist gar wohl ein höllischer Tanz gewesen“, 
bekräftigt der Sigmund. „Geh, hör mir auf damit, 
ich hab' genug für heut'!“ 
„J ah!“ 1— 
Sie finnieren eine Weil' schläfrig vor sich hin, 
dann fängt der jüngere wieder an: „Krank ist er, der 
Stöfl, unser Feldobrist.“ 3 
„Leicht wird er wieder gsund“, tröstet sich der 
Hias selber. 
„Wer weiß? So ein Schuß is nix Gutes! Wenn's 
nur bald vorbei wär', die ganze zuwidere Gschicht'!“ 
Der Sigmund dreht ärgerlich an seinem blonden 
Schurrbärtl. 
„In Krieg meinst, gelt?“ spinnt der Edlinger das 
Gespräch weiter. 
„Wohl, den Krieg — er gefreut mich nimmer.“ 
„Mein du, das sag' nit zu laut! Daß dich niemand 
hört als i, 's künnt sunst gefährlich wer'n für dich! 
Welser, schau, du muaßt uns schon treu bleiben! Es 
geht um den Glauben! Um die Freiheit! Wir müassen 
streiten, kämpfen! Es muaß sein!“ 
„Ist ja alles recht! Ist schön, wennst dein Glau— 
ben hast — und auch ich bin gut evangelisch, aber sie 
ist katholisch!“ 
„Wer „ie‘?“ 
„Die Veronika Kirchhammerin“, sagt der junge 
Mensch wie im Traum. Er ist wie zerschlagen nach der 
durchwachten Nacht, nach all den Aufregungen; er hat 
sich doch arg tummeln müssen. Er legt sich auf den 
Boden zurecht. 
„Die junge Kirchhammerin von dem Gwölberl an 
der Altstadt? Mein, die kenn' ich auch. Ist ein saube— 
res, liabes Dirndl — aber den Glauben soll man 
wegen einem Weib nit ablegen!“ 
„Kannst ja recht haben. Aber ich denk' auch, wie 
viel Leut' jetzt noch wegen dem Glauben werden 
bluten müssen und sterben und wer weiß, ob's was 
nutzt ...“— 
„Muaßt nit wankelmütig sein! Mir müassen da— 
bei bleiben! Mir ham's geschworen!“ e, 
„Ich bleib' ja eh dabei! Gute Nacht, Talheimer!“ 
Der Bursch hat sich mit dem Mantel zugedeckt. 
Jetzt legt er sich den Arm unter den Kopf als Kopf— 
kissen. „Du, Matthias, ich will schlafen, ich schlaf', 
zute Nacht“, sagt er noch einmal; „gute Nacht“, ob— 
wohl's Tag wird ... E 
Wenige Augenblicke später ist er wirklich infolge 
der Erschöpfung in Schlummer versunken. 
Der Hias sieht ihn eine Weil' lang nachdenklich 
an. Dann brummt er: „Recht hat er.“ Auch er will 
schlafen. J 
Ein paar Gedanken schickt er noch heimn — der 
Welser hat ihn draufgebracht; er denkt an sein Weib, 
das allein ist, an seine Kinderln, die einen Vater 
zraucheten, an seine alte Mutter, die zu der katholi— 
chen Mutter Gottes für ihn betet. 
An den Führer denkt er, den Stöfl Fadinger, der 
in Schmerzen im Holzer zu Ebelsberg liegt. Dann 
fallen auch ihm die Augen zu. So wie die zwei, schläft 
heute mancher im Bauernlager um Linz, beim hellich— 
ten Tag. Ruh' ist trotzdem keine und die Leiden der 
Stadt Linz sind noch nicht zu EBOnde. 
IX. 
Fadinger liegt todwund zu Ebelsberg. Am 30. 
Juni geht noch ein Schreiben vom ihm an die Stände 
1b, eine Beratung und Zusammenkunft in Steyr be— 
reffend, worin er versichert: „daß wir nur den lieben 
Frieden im Land, und Ihrer Röm. Kay. Majestät 
unseres allergnädigsten Erbherrn Nutzen suchen, auch 
ieber bei unserer Hausarbeit und der lieben herzu— 
ommenden Fexung abwarten wollten, ja niemals zu— 
ammen kommen wären, wenn wir durch Eur Gna— 
den mit freien Gewissen von des Statthalters ohne 
Urthel und Recht von ihm statuierten und gegen uns 
vorgehabten Verfahren, seinem neu und in der gan— 
zen Christenheit unerhörten Menschen-Henken, 
Stricken und Foltern verwahrt und versichert hätten 
seyn können.“
	        
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