Raum, bäuerliches Handwerkszeug, hier gewaltiges Symbol,
das unerbittliche, unermüdliche Rad der Zeit. Daneben das
Kreuz — Zeit und Ewigkeit liegen oft nicht einmal eine
Spanne auseinander ... Es duftet süß nach Heu und manch—
mal rieselt ein Hälmchen knisternd auf uns herab. Die Tau—
ben gurren, guckuruh, guckuruh . .. Wunderlich nimmt der
Raum uns gefangen, Stein und Holz, Geruch und Laut der
Natur klingen seltsam rührend ineinander, schaffen den allein
möglichen, einfachen und würdigen Rahmen zu dem feierlichen
Spiel, das wir erwarten. Da — ein Trompetenstoß! Ver—
stummt sind die wielhundert Stimmen, der Vorhang ist laut—
los aufgegangen. Zitternde Vorahnung heiligen Geschehens
flutet in die Stille. Der Schäfer erscheint. Der Spielansager.
Tief neigt er den breitrandigen Hut: „Es wird Euch vorge—
stellt . . .“ Magdalena, die schöne Sünderin, wankt aus ihrem
Haus. Der Kampf der Herzen beginnt. O Welt, o Eitelkeit!
Im weißen, schlichten Kleid schreitet die Gestalt Christi
über die Bühne . . . Rührend ist das Bild, da Jesus von sei—
ner liebsten Mutter Urlaub nimmt. Wie zart und liebreich er
sie kröstet! Aber das Geschehen der letzten Tage schreitet un—
erbittlich fort. Der Meister sitzt inmitten seiner Apostel im
Abendmahlsaal. Das ist wohl das schönste Bild. In schmerz—
licher Ahnung gedämpft die Stimmen, das Volk singt das
Fronleichnamslied, und da der goldene Kelch ehrfurchtswoll
und behutsam im Kreise der Zwölf won Hand zu Hand geht,
gurren die Tauben füß und innig. Von meiner Seele fällt
vieles ab, bröckelt nieder wie morsches Gebäu. Kinder sind
wir geworden, die arm und erwartend auf schmaler, harter
Holzbank sitzen — göttlichem Wunder bereit ...
Ernst und feierlich vollzieht sich das Spiel. Es ist lang,
trotz der Pausen macht es müd, stellt große Anforderungen,
seelisch und börperlich. Aber alle harren so geduldig aus, in
heiligem Eifer. Manches ist ja freilich barockes Beiwerk, das
fich für Ppäter zum Nutzen des Ganzen streichen lassen wird.
Aber es ist ganz köstlich, mit welcher Freude, mit welcher Hin—
gabe und Begeisterung die Leute bei der Sache sind, mit wel—
hem Fanatismus möchte man sagen, sie ihre Rollen spielen,
selbst die kleinste und unscheinbarste. Christi Kreuzweg ersteht
in ergreifenden Bildern. O Haupt voll Blut und Wunden,
voll Schmerz, bedeckt mit Hohn ...“ ESo rührend und er—
schülternd vermag wohl selbst die vollendetste und schönste
Predigt nicht die Welttragödie von Golgatha uns vor die
Seele zu stellen. Lang ist's her, daß unsere kleinen Herzchen
zum erstenmal in innigstem Mitleid erzitterten, da der Kate—
chet in der Schule die Leidensgeschichte erzählte. Lang ist's her
und viel, viel haben wir vergessen! Mit großer Wucht sehth
Zarwoche vor uns, tief prägt sich das Spiel unserer o
»in. Vielleicht auch deshalb, weil es von Naturmen'chen
turnahe gespielt wird. Ich habe einmal eine Passion 8
»on Berufs'schauspielern dargestellt mit allen Feinhenen,
Bühnenkunst und unerhörter Pracht der Ausstattung, se
nich vollkommen kalt. Hier aber rühren die einfochen so
chen an unser Herz.
Da Veronika das Linnentuch entfaltet und anklagendb—
Volke weist, reißt in meiner Seele etwas entzwei. Ihh spi
es schmerzlich und selig zugleich. Viele Frauen weinen. Py
hes verbitterte, von Sorgen und Kummer verhärtete hꝛ
chluchzt in diesen Tränen und das große Mitleiden mithe
urchtbaren Sterben des Einen, Göttlichen, Unschuldigte
äßt eigene Not und eigenes Kreug leichter und selbstwersün
icher ertragen. So wird das Spiel nicht nur zu eineru
giosen und heimattreuen, sondern auch zu einer sozialend
Ind dies Dreifache mag wohl schönster Lohn für alle Mih
ein. Denn viel Opfer und DIdealismus hat es gebrouchteh
es Spiel einzustudieren, das Werk zu wagen. Viele dy
„aben die Spieler willig gebracht, denn es ist wohl kein bi
tes, nach hartem, bäuerlichen Tagewerk, des Abends Po—
zu lernen und von weit zu den Proben herzuwandern.
Da das Spiel geendet ist und wir durch das große!
auf die nächtlichen Wiesen hinaustreten, rauscht der Re
in schweren Rhythmen hernieder. Schweigend wandern
heimzu. Auch in unseren Herzen sind Quellen aufgqehreh
zeut — Gott und Heimat — rauscht es gewaltig und jrhe
in uns und unsere Gesichter leuchten von Geheimmnisvol—
trotz Nacht und Finsternis. Tina Ppfeffern
Als Textgrundlage für die Traberger Aufführung w
)as verbreitete alpenländische Passionsspiel in der Kärn
Fassung, wie sie Dr. Graber zusammenstellte, verwendet
Aten, wuchtigen Szenen des Mittelalters sind darin in
Barockzeit überarbeitet und zu einem umfangreichen
erweitert. Eingeleitet von der Abendmahlszene, bilden
Szenen der Gefangennahme Christi die erste große br
rür sich. Das Gegenstück zu den Slbergbildern in ihrer
ziösen Weihe bilden die grotesken Teufelsbilder vom
weiflungstod des Judas. Die Verurteilungsszenen h
eine barocke Häufung des Gerichtsmotives. Der Gang
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