Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 3 1931 (Nr. 3 / 1931)

Eine zusammenklappbare Taschen— 
sonnenuhr VBon Or. p. Petrus Ortmayr· Seitenstetten 
Große Sonnenuhren sind noch heute vielfach an den 
Wänden von Kirchen und alten Schlössern zu sehen; aber 
nuch hier kommen sie fast nur mehr als Zierde und Be— 
lsebung kahler Wandflächen in Betracht, ihre Rolle als 
Zeitmesser haben sie ausgespielt, seitdem es überall gute 
Räderuhren gibt. — 
Viel seltener als die großen, sind die kleinen Sonnen— 
uhren geworden, wie die im Lichtbilde wiedergegebene. Ich 
fand sie auf dem Dachboden eines Eferdinger Bürger— 
Jeographischen Breite in alphabethischer Reihenfolge, von 
Amsterdam beginnend bis Zürich. Der südlichste Ort ist 
rissabon (38 0), der nördlichste: Kopenhagen (5509; Lissabon 
ind Dublin find die westlichsten, Konstantinopel und Riga 
zie östlichsten europäischen Städte. Von Amerika sind Phila— 
elphia, Neuyork und Boston erwähnt. Den angegebenen 
Breiten entsprechen von zwei zu zwei Graden Löcher, durch 
ie der Faden gezogen werden kann. Er ist bei dem Loche 48 
»zurchgezogen, die Uhr ist also auf die Breite von Wien, 
München, Augsburg, Basel eingestellt. Der Kompaß in der 
Mitte des unteren, horizontalen Zifferblattes — Magnetnadel 
ind Schutzglas fehlen — hat den Zweck, daß der Apparat 
in den Meridian gestellt werden kann. 
Aus welcher Zeit stammt unsere Taschensonnenuhr? 
Eine Jahreszahl fehlt leider, aber die Ornamentik der Ziffer⸗ 
zlätter (Blätterkranz und Eierstab) weist auf die Zeit vor 
1800. Man mag sich wundern, daß um diese Zeit über— 
Jjaupt noch Sonnenuhren hergestellt wurden, da doch Taschen⸗ 
uͤhren mit Räderwerk seit 1500 schon bekannt sind Nürn⸗ 
herger Eier des Pater Henlein). Die Benützbarkeit dieser 
neuen Taschenuhren bei jedem Wetter und auch bei Nacht, 
nußte ihnen gegenüber den Sonnenuhren einen weiten Vor— 
prung fichern und die letzteren schließlich ganz verdrängen. 
Nur eine gewisse Anhänglichkeit an⸗ Ueberkommenes und vor 
allem die billigen Gestehungskosten gegenüber den teuren 
Metalluhren machen es einigermaßen erklärlich, daß Taschen⸗ 
onnenuhren noch bis gegen das 19. Jahrhundert herauf 
»*xzeugt und gebraucht wurden. Als Fabrikant ist J. G. 
dleininger“ genannt ... 
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Serr Rudolf Kaftan, Direktor des Uhren-Museums in Wien 
eilte mir gütogst mot, daß er diesen Namen auf eimer bei Basser— 
mann-Jordam abgebilldeden Uhr aus dem Jahre 1780 gefunden 
—X 
Tas chens onnenuhr aus Eferding Phot. p Ortmayr 
hauses, Starhembergstraße 8- Ein Ausflug auf den Dach⸗ 
zoden alter Bauern⸗ und Bürgerhäuser gehört überhaupt für 
eden, der sich für Volkskunde interessiert, zu den lohnendsten 
Partien; denn so manches Stück aus der Urgroßeltern 
Schmuck und Hausrat, das zu altmodisch geworden oder dem 
der Zahn der Zeit arg zugesetzt hat, von dem man sich 
aber doch nicht völlig trennen wollte, hat dort noch ein 
Austragstübchen gefunden und liegt in alten Kästen und 
Truhen wohl verwahrt. 
Das Format unserer Sonnenuhr im geschlossenen Zu— 
stande ist 1213 714 Zentimeter. Sie besteht aus zwei 
zusammenklappbaren Holzplatten und konnte so auf Reisen 
bhequem in der Tasche getragen werden.“ Unsere Figur zeigt 
sie geöffnet. Ein Doppelfaden, der beim Aufklappen straff 
gespannt werden kann, wirft seinen Schatten gleichzeitig 
auf zwei Zifferblätter, die mit römischen und arabischen Zif⸗ 
fern die Stundenzahl angeben. An einer Stricheinteilung 
konnten selbst Viertelstunden abgelesen werden. Die Rückseite 
gibt eine Zusammenstellung von 64 Städten mit ihrer 
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Alte Stätten BVonu M. Kaltenhauser-Traun 
Längst vergessen sind sie, und die Neuzeit schreitet dar 
über hinweg, gedankenlos und vorwärtsstrebend. 
Wuürde nicht dort und da. ein Haus, eine Inschrift an 
Gewesenes mahnen, der Born der Vergangenheit wäre völlih 
versickrerrtt.. VV 
Das Nibelungenlied lebt noch. Aber nur wenige Ou 
sind bekannt, wo sich diese alte Sage abgespielt haben sol 
So soll auch Traumn in Oberösterreich eine Stätte dieser alten 
Sage gewesen sein. Fabrikschlote ragen jetzt hier empor 
und zu den Schichtzeiten hasten müde, verhärmte Menschen 
»on und zu der Arbeit. Kein Mensch denkt dabei an alte 
Aber in der Innenwölbung der Kirche gedenkt eine In⸗ 
chrift an Früheres. Hier steht; „Der Gau, allwo die Lirch 
teht, er war, so wie die Sage geht, der Ort, wo Streit 
ind Fried' sich spielte ab, vom Nibelungenlied.“.. 
Liest man diese Wortte, dann ist einem plötzlich, als stünde 
nan auf anderem Grund und Boden, als versinke das Ge⸗ 
age der Menschen, als verfliege der dicke, dunkle Raucdh 
der Fabrikschlote rascher, und die früheren Zeiten wären 
⏑— 
Und dann weiß man plöotzlich, wie anders früher diese 
randichaft ausgesehen hat. Daß inft Traum nur ein paat 
ur Hertschaft gehörige Anwesen besaß, daß ein kleine 
Ztück außerhalb des Ortes, noch immer das nun schon etwas 
aufallige Schloß sleht, in welchem jetzt über vierzig Wohnun· 
Jen und so viele Menschen wie in einem Bienenschwarm des 
ud. Aber bei dem Lesen der Kircheninschrift denkt man wot 
uücht an die vierzig Wohnungen, sondern an das Schloß, ist 
in dem sich ehemals das Pflegegericht befand. Es hauste hier erf
	        
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