Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 44 1929 (Nr. 44 / 1929)

Die Mesfermarkter Mirche unter Giftgas 
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Eines der schönsten und kostbarsten Schnitzwerke deutscher Kunst, st 12183 Meter lang, 7180 Meter breit, 13:50 Meter hoch. Die drei 
der gotische Flügelaltar in Kefermarkt ist bekanntlich in schwerster Gefahr, Schiffe sind 23.60 Meter lang, 1623 Meter breit und 14240, bezw. die 
ein Opfer des Holzwurmes zu werden. Die Zerstörungsarbeit machte Seitenschiffe 1180 Meter hoch. Es ergibt sich mithin unter Rüchlsicht— 
in den letzteren Jahren bedeutende Fortschritte. So fiel zu Ostern 1929 ahme auf die Emporkirche und die innere Einrichtung ein Rauminhalt 
us dem Relief „Christi Geburt“ die Hand der Madonna herab, vom bon rund 6000 Kubikmeter. 
Wurme ganz zerfressen ... . IJ Die Durchgasung wird mit Blausäuregas (Zyklon B), einem scharfen, 
Das Bundesdenkmalamt hielt bereits im Herbste 1928 in Kefermarkt aber nicht explosiblen Gas, das tödlich wirkt, erfolgen. Blausäure ist 
eine Kommission ab, bei welcher beschlossen wurde, die äußerst dringenden leichter als die Luft, sie ist mit einem „Reizgas“ verbunden. Die Blau— 
äure ist flüssig, wird aber von Kieselgur absorbiert und kommt in dieser 
andartigen Form in entsprechend präparierten Dosen in Verwendung. 
Bei der Durchgasung werden die Dosen in der Kirche von einem Ex— 
eerten, der mit einer eigenen Gasmaske versehen ist, geöffnet und die 
andförmige Kieselgur auf den Boden gestreut. Binnen einer halben 
Stunde ist die Kirche vom Gas erfült .. 
Damit das Gas in der Kirche nicht entweichen kann, werden die 
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verklebt, die Gewölbeöffnungen verschlossen und auch die Türen von 
uußen abgedichtet. Beim Flügalaltare werden die beweglichen größeren 
Statuen etwas gehoben und die Rückwand des Schreines entfernt, 
damit das Gas freien Zutxitt hat. Sollte die Temperatur in der Kirche 
soweit herabsinken, daß die Schockwirkung auf den Holzkäfer gefährdet 
wäre, müßte die Kirche mittels Koksöfen durchwärmt werden. Diese 
Vorbereitungen werden — bis auf das Verdichten der Kirchentüre — 
nit 31. Oktober abgeschlossen sein. An den ersten drei Tagen des No— 
»ember wird noch der Gottesdienst'in der Kirche gehalten, am 4. No— 
bember wird mit der Durchgasung begonnen. Während der Zyklo— 
aierung wird der Zugang zur Kirche abgesperrt, indem die beiden Türen 
der alten Friedhofmauer geschlossen bleiben . 
Das · Fortschreiten der Abtötung des Holzwurmes wird durch Ver— 
suchshölzer biologisch kontrolliert. Von dem Ergebnis wird eine weitere 
Beschickung mit Blausäure abhängig gemacht. Die Dauer der Vergasung 
wird sich nach den Kontrollbefunden richten, sie dürfte etwa 14 Tage 
‚etragen. Zur“* biologischen Kontrolle wird-wurmbefallenes starkes 
Stammholz der Durchgasung in der Kirche ausgesetzt, von dem Stücke 
abgeschnitten und vom Fachmann auf den Fortschritt der Abtötung 
wissenschaftlich uberprüft werdenn.. 
Die Durchgasung ist unter normalen Verhältnissen auch für die 
nächste Umgebung der Kirche ganz ungefährlich. Zur Vorsicht werden 
aber auch im Pfarrhofe, der nur einige Schritte von der Kirche entfernt 
is die Feuster und die Ture gegen die Kirche geschlossen Die Be— 
aützung des Pfarrhofes selbst ist freigegeben. Sollte Gas aus der Kirche 
entweichen, so steigt es rasch in die höheren Luftschichten, weil es leichter 
Fiür alle Eventualitäten ist vorgesorgt. So werden zehn gebrauchs— 
augliche Gasmasken mit eigenen Einsätzen gegen Blausäure bereit— 
gehalten. Gendarmerie und Feuerwehr werden vom Durchgasungs— 
echniker im Gebrauch der Gasmasken eingeübt. Außerdem werden die 
Aigen Behelfe fur die ersie arztliche gisfele stung beigestellt. fur einen 
irztlichen Bereitschaftsdienst ist vorgesorgt. Die Gendarmerie und die 
denerwehr Kefermartte werden auch bei iacht die Kirche überwachen— 
Als Bevollmächtigter des Bundesdenkmalamtes bei der Durch— 
jasung der Kirche und der Sicherung des Hochaltares wurde der Staats— 
onservator Regierungsrat Dr. Oskar Oberwalder ernannt. Dr. Ober— 
valder und noch ein Fachmann aus Wien werden die ganze Zeit hin— 
urch bis zur Wiedereröffnung der Kirche in Kefexmarkt anwesend sein. 
Das Bundesdenkmalamt in Wien wird täglich informiert werden. 
Die Entgasung der Kirche wird nach den Konzessionsbedingungen 
son der Firma durchgeführt. Sie macht keine Schwierigkeit, weil das 
Bas rasch in die Höhe entweicht. Nach Vollendung der Entgasung, die 
iur einige Stunden dauert, werden in der Kirche noch Proben auf Rest— 
jase vorgenommen und erst wenn die volle Entgasung konstatiert ist, 
vird die Pfarrkirche von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt dem 
Pfarramte wieder zur Benützung übergeben.. 
Nach der Entgasung wird das Bundesdenkmalamt sogleich das Be— 
treichen des Hochaltares mit einer 1igen Lösung Natrium arseni- 
osum. in Alkohol und die nachfolgende Fixierung mit Dammarr-Lack 
surchführen. Die Restaurierungsarbeiten am Hochaltar wird die Firma 
Ing. Bernh. Ludwig im Frühjahre 1980 beginnen. Hoffentlich wird 
es gelingen, das wertvolle Kunstwerk zu retten. 
JIl. 
Die Kefermarkter Pfarrkirche Phot F. Nedorost 
Konservierungsarbeiten heuer durchzuführen. Inzwischen hatte man 
Prohepers uche mit Blausäuregas gemacht, die ein günstiges Resultat 
ergaben: — VJ —V09 
Daraufhin fänd am 8. Oktober 1929 in Kefermarkt wieder eine 
Kommission statt, bei der, um die Gefahr einer Neuinfektion des Hoch— 
altares zu beseitigen, beschlossen wurde, die zur Tötung des Holzwurmes 
führende Durchgasung nicht auf den Hochaltar zu beschränken, sondern 
auf die ganze Kirche, einschließlich der Sakristei und des Oratoriums 
auszudehnen, zumal auch die Holzeinrichtung der Kirche (Seitenaltäre, 
Kirchenstühle, Orgel usw.) vom Holzwurm befallen ist. 
Bis vor nicht gar langer Zeit hat man wohl einzelne Statuen iin 
die „Giftkiste“ eingeschlossen, um den Holzwurm abzutöten, die Ver— 
gasung großer Räume wurde erst in der letzteren Zeit — und zwar mit 
bestem Erfolg — durchgeführt. Daß eine ganze Kirche durchgäast 
wird, dürfte in Kefermarkt zum erstenmal der Fall sein. 
Die Kirche in Kefermarkt hat für eine Landkirche eine ganz respek— 
table Größe, sie wurde ja als Wallfahrtskirche gebaut. Das Presbyterium 
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