Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 1 1924 (Nr. 1 / 1924)

kine sprachliche Plauderei von Dr. Hagemann, Münster i. W. 
Es ist eine bunte Gesellschaft, die in dem Geschlecht der 
Schelme an uns vorüberzieht; keine erlauchte zwar und vor— 
iehme, aber doch eine alte und weit verbreitete Sippe, die 
so gut wie irgend eine andere berühmte Familie im Lande 
allerhand Vorspiegelungen in Kontribution setzt“ — also, um 
dieses liebliche Amtsstubendeutsch kurz wiederzugeben, einen 
oornehm auftretenden Gauner. 
Das Wort „Gauner“ tauchte zuerst im 18. Jahrhundert 
n der Form „jauner“ auf in einer oberschwäbischen Pürsch— 
ardnung vom Jahre 1722; dort hat es die Bedeutung eines 
heimatlosen Strolches, der im Lande umherzieht und Diebe— 
ceien begeht. Vom Südwesten Deutschlands verbreitete sich 
das Wort nach Norden in der jetzigen Form 
Gauner; so erscheint es nachweislich zum ersten 
Male in Lessings Lustspiel: Der junge Gelehrte 
mit der noch heute geltenden Bedeutung eines 
Betrügers, der innerhalb der Gesellschaft seinen 
lichtscheuen Geschäften, z. B. im Handel und be— 
sonders im Spiel, nachgeht. Schon im 15. und 
16. Jahrhundert erscheinen diese Dunkelmänner 
als Joner für gewerbsmäßige Betrüger im Karten— 
piel. Der Name Joner ist bezeichnenderweise seit 
»em 30jährigen Kriege zum Gesamtnamen für 
zie Verbrecherzunft des Gaunertums überhaupt 
zeworden. In der Gaunersprache, dem soge— 
tannten Rotwelsch, war „jonen“ ein geläufiges 
Wort für spielen; es kommt vom Hebräischen für 
betrügen, übervorteilen, wie ja im Rotwelsch 
iberhaupt viel jüdisches Sprachgut enthalten ist. 
kin hebräisches Wort steckt auch im Kümmel— 
olättchen, dem bekannten betrügerischen Glücks— 
spiel, nämlich gimel-drei, also ein Spiel mit drei 
Karten, dessen sich die Gauner bedienen, wenn 
sie auf den Gimpelfang gehen. 
Gimpel, ein Name für den Blutfink, kommt 
vom mittelhochdeutschen „gumpen“, hüpfen, sprin— 
zen, und bedeutet im übertragenen Sinne einen leicht ins Netz zu 
ockenden Menschen, einen leichtgläubigen Tor. Und da die Dum— 
nen bekanntlich nicht alle werden, so fallen den Betrügern immer 
toch genug Opfer in die Finger, zumal sie es mit abgefeimten 
Zalunken zu tun haben. Halunke hat man auf die verschiedenste 
Veise zu erklären versucht: zuerst leitete man es von dem is— 
ändischen halloka (Knecht) ab, dann dachte man an das fran— 
ösische haillon (Lumpen), während es höchstwahrscheinlich 
nit dem böhmischen holomeck (nackter Bettler), erbärmlicher 
Wicht zusaͤmmenhängti. Diese Annahme ist umso sicherer, 
ils im 17. und 18. Jahrhundert auch die. Form „holunke“ 
„orkommt und das Wort erstmalig aus einem Grenzgebiet 
eutscher und slawischer Sprache bezeugt ist, nämlich in dem 
1542, zu Wittenberg gedruckten Buche des Albuero: der bar— 
fußer münche Eulenspiegel und Alcoran in der Form halluck. 
Glockenweihe der Karmelitenkirche in Linz: Konvent der Karmeliten. 
den Chronisten ihrer Geschichte gefunden hat. Nicht, als ob 
sie sich große Verdienste erworben hätte — das Gegenteil 
st der Fall; wenn damit auch nicht gesagt sein soll, daß manche 
hrer Mitglieder es nicht zu einer gewissen Berühmtheit ge— 
hracht hätten. Man könnte auch hier wieder das Gegenteil 
inschwer behaupten, zumal man mehr, als einem lieb ist, 
on ihren Streichen und Taten zu lesen und zu hören bekommt. 
Ind das wird auch wohl immer so bleiben; denn leider ist für 
das Geschlecht der Schelme die Gefahr des Aussterbens nicht 
zu befürchten, da es immer wieder verjüngt und von neuem 
ersetzt wird. Alle seine Angehörigen haben, so sehr sie sich in 
hrem Auftreten und ihrer Tätigkeit unterscheiden, das eine 
zemeinsam, daß sie ehrliche Arbeit scheuen, vielmehr auf Kosten 
anderer leben und dort ernten wollen, wo sie nicht gesät haben. 
Die äußerlich Vornehmsten von ihnen sind die Hochstapler. 
Das Wort kann bis zum Jahre 
1753 zurück . verfolgt werden, 
während Stappler schon früher 
vorkommt, und es bedeutet eigent⸗ 
lich einen Menschen, der hoch 
stapft, aus betrügerischen Gründen 
über seinen Stand und seine Ver— 
hältnisse hinausgeht, oder wie der 
Publizist vom Jahre 1858 ihn 
childert, als das Wort aus der 
Hhaunersprache, der es ursprüng⸗ 
lich angehörte, in die Oeffentlich— 
keit drang und allgemeiner be— 
kannt zu werden begann: „Unter 
dem polizeilichen Nawen Hoch— 
stapler versteht man einen Men— 
schen, der entweder wirklich der 
gebildeten Gesellschaft angehörend 
oder in der Behauptung ihr anzu— 
gehören wiederum nur die Mit— 
glieder dieser Gesellschaft unter 
Die österreichis chen Roͤmpilger beim 9l. Vater. 
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