Volltext: Illustrierte Kriegsbeilage Nr. 27 1917 (Nr. 27 1917)

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die doch sonst das Stillsitzen nicht zur Gewohnheit hatten, 
einen Kreis um „Hänsele" gebildet und lauschten atemlos 
und gespannt den Erzählungen des alten Kriegers. 
Der Schilderung von Land und Leuten in Italien 
kann ich mich leider nicht mehr erinnern, wohl aber 
seines Verhältnisses zu Hauptmann 36. und zum Feld¬ 
marschall Radetzky. Wenn „Hänsele" von seinem „Vater 
Radetzky" sprach, dann übermannte ihn die Rührung 
derart, daß er kaum mehr sprechen konnte und ihm die 
hellen Tränen über die Wangen liefen. 
„O, das war ein guter Vater", sagte er immer, 
„wie es auf der Welt keinen zweiten mehr gibt; ihm 
durfte man alles sagen und die Offiziere zitterten, 
wenn sie den gemeinen Mann zu ihm auf ,Rapport' 
gehen sahen, weil manche von ihnen in Behandlung der 
Untergebenen kein gutes Gewissen hatten; da gab's dann 
oft ganz merkwürdige Transferierungen! Ja, ja", schloß 
„Hänsele" immer, „für und mit ,Vater Radetzky' hätte 
ich mit allen Teufeln Krieg geführt und wär' für ihn 
durchs Feuer der Hölle gegangen." 
Nicht auf solch freundschaftlichem Fuße stand „Hän¬ 
sele" mit seinem Hauptmann; da gab's oft „Kartätschen¬ 
feuer"! Hauptmann 36., ein geborner Böhme, war nach 
der Schilderung „Hanseles" ein überaus jähzorniger 
und hochfahrender Charakter, dabei aber — zu seiner 
Ehre sei es gesagt — beseelt von einer feurigen Vater¬ 
landsliebe und Kaisertreue; „sein Stolz und sein Pa¬ 
triotismus", sagte „Hänsele" immer, „war grenzenlos!" 
Sonst aber war Hauptmann 36. für niemand zugänglich; 
niemand konnte sich seiner Freundschaft rühmen, auch 
nicht das zarte Geschlecht; er lebte nur für den Kaiser 
und das Vaterland. 
Daß bei diesen Charaktereigenschaften seines Herrn 
der Bursche „Johann" einen harten Stand hatte, ist 
leicht denkbar und dies um so mehr, da auch „Hänsele", 
wie er es später oft selbst bekannte, tn*der Jugend sehr 
mit Jähzorn zu kämpfen hatte. War der Hauptmann 
bei schlechter Laune, so fluchte und wetterte er, „daß 
jedes lebende Wesen vor ihm die Flucht ergriff und 
sogar die Fliegen an der Wand sichAus dem Staube 
machten"! Wehe dann seinem Burschen Johann! Er 
Da kam ihm plötzlich eine glückliche Idee. Welche, 
werden wir gleich sehen. 
_ Diesen Abend ward in der Oper ein neues Werk 
aufgeführt, das kennen zu lernen für Theodor einen 
besonderen Reiz hatte. 
„Meine Liebe", sagte er eines Morgens beim Früh¬ 
stück zu Luise, „heute abends gibt es verschiedene Varietes, 
Opern- und Theaterstücke. Aber ich meine, wir bleiben 
heute zu Hause im trauten Heim." 
„Aber doch nicht, Theodor." 
„Nun, so gehen wir halt in Gottes Namen, wenn 
du es so haben willst, in das Theater. Ich bin übrigens 
heute so abgeschlagen", sagte Theodor. 
„Nun, dann ist für dich, den Musikus, das Theater 
heute nicht angezeigt, wohl aber die Oper, da bist du 
in deinem Element", sprach Luise. 
(Das war eben der Trick Theodors: er wollte 
heute in die Oper gehen; hätte er Luise die Oper vor¬ 
geschlagen, so hätte sie unfehlbar für das Theater plaidiert.) 
„Du bist doch mein Engel, Luise", antwortete Theodor. 
Und Luise darauf: „Ich lasse durch Klementine zwei 
Billets bestellen." 
Das gerade wollte Theodor. Nunmehr war voll¬ 
kommene Harmonie zwischen den beiden Gatten 
hergestellt; indem Theodor immer, gar immer gerade 
das Entgegengesetzte von dem, was er wirklich 
wünschte und wollte, seiner Frau vorschlug, kam er bei 
ihrem Widerspruchsgeist stets auf seine Rechnung. 
Das war die rettende Idee, die ihm gekommen war:. 
ütus Dem Leben eines hunDertjshrigen 
Von Raph. Mair PeteCfltieN. ,N°chi>r. v°rb.) 
In dem Gebirgskranze der Sarntaler Alpen erhebt 
sich das Weißhorn mit 2707 Meter Seehöhe; an seinem 
Fuße ^glänzt der Spiegel eines kleinen Alpensees, der 
vom Schneewasser des'Weißhornes gespeist wird. 
Still und einsam ist die Gegend und knn Laut ist 
hörbar als der Ruf des Raubvogels, der hoch in Lüften 
Kydroplanansflug nach Walona. 
der warmen Stube beim großen Kachelofen eine gemüt¬ 
liche Gesellschaft beisammen. 
Die jungen Burschen machen eine Partie „Laubbiete'r" 
oder „Perlagger" und die Mädchen sitzen beim schnurren¬ 
den Spinnradel und lauschen den Erzählungen der 
älteren Männer; da kommen dann Geschichten aus 
alter und neuer Zeit, lustigen und traurigen Inhaltes 
zur Sprache und als Schluß der Abendunterhaltung 
erklingen manchmal wohl noch ein paar Tiroler Alpen¬ 
lieder mit lustigen Jodlern. Ich denke oft noch mit 
Kriegsörncke über die Save Bei Mekgrad, erbaut von den Linzer 
Monieren. 
Kin Fänzchen der Linzer Moniere in Mußkand
	        
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