Volltext: Illustrierte Kriegsbeilage Nr. 25 1917 (Nr. 25 1917)

Unterstand „Wilder Jäger" in Wnssi 
3. Aeldkomp 
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fühlte er sich wohl. Er hätte die Hand ausstrecken 
mögen, um hinüberzugreifen, so deutlich sah er alles 
vor sich liegen. Die Kugeln umzischten ihn, er fühlte sich 
unverwundbar wie seine Todesmaschine; er glaubte 
daran. Einmal hatte neben ihm in den Graben ein 
Volltreffer eingeschlagen. Drei junge ungarische Bauern¬ 
burschen lagen mit erstarrten Augen da. 
„Arme Kerle", sagte ihr Leutnant und wandte sein 
Gesicht ab. Karl Gasser schlug die Erdklumpen von 
seiner Uniform und sah kalt auf die Leichen. „Bedauer¬ 
lich, aber das ist kein Maschinendefekt." Der Leutnant 
sah ihn erschreckt an, Karl Gasser aber spähte schon 
wieder über den Grabenrand hinaus. 
Oft hatte ihn schon der Regimentskommandant der 
Honveds eingeladen, einmal ein paar Abendstunden bei 
ihm zu verbringen. „Da stecken Sie ewig allein in 
Ihrem Loche. Den Krieg muß man sich gemütlich 
machen, lieber Hauptmann." Oberst Veres war ein 
jovialer Ungar, der viel Kameradschaftsgefühl hatte. 
Gasser kam auch. Man hatte ihn herzlich aufge¬ 
nommen. Immer wieder trank ihm der Oberst zu. 
„Ihr Teufelsgeschütz soll leben —", buntes, lautes 
Sprechen, dann ein grelles Grammophon, dann melan- 
aus Erd- und Schneehaufen schoben sich Hunderte, Tau¬ 
sende von Gewehren hervor, spitze, eiserne Vögelschnäbel 
drangen in menschliche Körper ein. Aber über den Tod 
hinweg flutete immer neues Leben heran. 
Nur Menschen waren es. — Zur Erde fielen sie, 
aus der Erde wuchsen sie und sanken wieder zu ihr 
zurück. Und der Tod fiel über sie, streute ihre Glieder 
über die Erde, tränkte den Boden mit ihrem Blut 
spielte mit ihren Wunden. 
Jetzt stand der Hauptmann selbst beim Telephon 
Seine Stimme raste, war eine blutige Peitsche. „Das 
Letzte aus den Geschützen heraus, schneller, schneller —! 
Nein, nein, sie springen nicht —! Es ist die Todes- 
maschme, jetzt muß sie es zeigen." 
Wieder flutet es heran, Menschlein springen über 
Totenhügel, Maschinengewehre jagen hinein. 
„Sperrfeuer achthundert Schritte vor der eigenen 
Linie!" brüllte der Hauptmann, heiße Schweißtropfen 
rinnen über seine Stirne. 
Ueber ein ungeheures Leichenfeld laufen wahnsinnige 
Körper und stürzen im ruhigen, höhnischen Feuer zu 
Boden. In einem Grabenstück kämpfen mit Zähnen und 
Messern blutige Menschen, dann lächeln sie irre, der 
Feind ist erwürgt. 
Nieder sinkt die Sonne, und die Nacht streicht über 
Tote. Des Hauptmanns finster hartes Gesicht aber 
Winterstrapazen unserer Linzer Pioniere: Moniere aröeiten im 
Schmimmanzuge im Pezemöer 1915 öei Welgrad. 
(Phot. Sommer.) 
cholische und wilde ungarische Lieder. Nach einem fernen, 
grünen Hause war plötzlich die Sehnsucht aufgeflammt, 
um gleich wieder zu verlöschen. Er war fremd in diesem 
heiteren Kreise, seine Gedanken waren draußen in der 
dunklen Nacht, horchten jedem Schusse nach, liefen schon 
dem nächsten Morgen entgegen. So blieb er ein Einsamer. 
„Schade um ihn", sagte Oberst Veres „einmal ein 
tüchtiger Oesterreicher, aber menschenscheu oder sonst was 
nicht in Ordnung." 
In das monotone Gewehrfeuer spielte das Grammo¬ 
phon einen lustigen Marsch. 
In ruhigen Nächten stieg Gasser zur Batterie hin¬ 
unter. Alles schlief dort, nur der Posten wachte. Zitternd 
erstattete er die Meldung. Stumm nahm sie der Haupt¬ 
mann entgegen, ging um jedes Geschütz herum, fuhr wohl 
auch mit der Hand darüber und ein fremdes Lächeln 
lag auf seinem Gesichte. Einer erwachte aus dem Schlafe, 
setzte sich jählings auf, starrte seinen Hauptmann an 
und bekreuzte sich murmelnd. „Wie ein Geist", dann 
schlief er wieder ein. Langsam ging Karl Gasser wieder 
den Berg hinauf. Die Nacht preßte sich um den ein¬ 
samen Wanderer, saugte seine Gedanken auf, die waren 
von gleicher Farbe. 
Gasser aber war nicht befriedigt, das war alles nur 
ein Anfang, das Gewaltige mußte noch kommen, darauf 
wartete er. Manchmal dachte er an die große Fabrik 
im Westen, und sein Blut lief rascher. 
Die letzten Tage waren ruhiger gewesen. „Das ist 
etn falscher Friede", sagte der Hauptmann. Leutnant 
Bergner nickte stumm. Er hatte sich an den Krieg wieder 
gewöhnt, unib all die Wiener Frühlingsträume lagen 
weit hinter hm. 
Als ihn Oberleutnant Rieglet scherzhaft danach 
fragte, sagte er verächtlich: „Als wenn ein ernster 
Mann so was überhaupt im Kopf hätt'", aber wenn 
die Sonne freundlich schien, da sehnte er sich doch 
danach. Seinem Hauptmann war er zugetan, obzwar 
ihm sein Wesen fremd blieb, manchmal auch unheimlich 
war. „Den hat der Herrgott aus einem anderen Ma¬ 
terial gemacht als unsereiner ist. Ich glaub', der muß 
sich so kalt anfühlen wie Stahl", sagte er einmal zu 
seinen Kameraden. 
Ein Flieger kreiste in der Luft. Kleine, weiße 
Schrapnellwölkchen umtanzten ihn. Wütend kläfften 
Maschinengewehre drein. „Sie haben Absichten", sagte 
Gasser trocken. „Wir sind bereit", sagte der junge Leut¬ 
nant stolz. Er hatte sich in die Todesmaschine verliebt. 
Der nächste Morgen war kaum erwacht, da war er 
vom Donner durchrüttelt, vom Feuer durchglüht. Mit 
ungeheurer Wucht stürzte sich die russische Artillerie auf 
die schmalen Menschengräben; Schlag auf Schlag, die 
Erde brüllte auf, ein einzig wilder Laut war es, Trichter 
neben Trichter bohrte sich in den Boden, Menschen 
duckten sich zitternd, stöhnten auf, lagen starr mit zer¬ 
rissenen Gliedern. 
Wilder und wilder wurde das Toben, der Tod selbst 
trommelte und schrie mit gellender, zischender, fauchender 
Stimme seinen Haß in die sonnklare Luft hinein. Erde 
und Rauch sprang auf, glühende Eisensplitter zuckten 
nach warmen Menschenleibern, Flammengarben loderten 
empor, der Wind spielte mit ihnen wie mit feurigen 
Fahnen. Immer schneller, schneller trommelte der Tod, 
immer lauter, lauter klang sein Lied, immer reicher, 
reicher floß das Blut. Im Geheul des Todes schwiegen 
die Menschen, jegliches Leben hing an dünnen Fäden, 
Seidenschnürchen in brennender, stahldurchschnittener Luft. 
Karl Gasser starrte durch das Fernrohr, unbeweg¬ 
lich war sein Gesicht. Rings um ihn brüllten die eigenen 
Geschütze, sie suchten den Tod abzulenken, der aber tanzte 
in den künstlichen Furchen der Erde, wo junges Men¬ 
schenleben geduldig und mutig auf ihn 
wartete. Nur die Batterie Gasser schwieg 
noch, der Hauptmann wartete, er sparte 
seine Munition. 
Gegen Mittag ver¬ 
hallte das Feuer, es 
duckte sich nieder. Da 
drüben waren zerschossene 
Gräben, eine leichte 
Nachlese sollte es sein. 
Tausende schwarze 
Pünktchen liefen jetzt 
vorwärts, zappelndes, 
schreiendes Leben war in 
ihnen. Karl Gasser biß 
sich die Lippen blutig, 
er wußte es nicht. Die 
Saat lag am Boden, 
jetzt mußte er ernten. 
Die Batterie Gasser 
war am Werk. Lage um 
Lage, mitten hinein in 
menschliche Knäuel, 
rascher, rascher, dieRohre 
glühten, die Luft sauste 
und glänzte, wie eine 
ungeheure blanke Sense bog sie sich zur Erde nieder— lächelte, da erschrak der junge Leutnant, 
r . "Schnellfeuerl brüllte der Hauptmann, als müßte Von diesem Tage an hieß die Batterie Gasser die 
ftlne Stimme selbst hinunterreichen zu den wild feuernden Totenbatterie. 11 
Geschützen. Da wurden auch plötzlich die Gräben lebendig, @@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@ 
Sonnenwende. 
(nachdr. verb.) 
6s ruht das fand im Dämmerfchein, 
Die Heckenrosen glühen, 
Weichleuchtend steht der Hallerbufch, 
Die Sonnroendfeuer sprühen. 
Ulein Sinnen ziehet weit hinaus 
Zu Rußlands fernstem Ende, 
Wo deutsche Jugend denkt in Treu’ 
Der deutschen Sonnenwende; 
Wo deutsche ITlänner furchtlos warten 
Auf die Crlöfungsftunde 
Und sehnsuchtsvoll des Tages harren, 
Der bringet friedenskunde. 
6s liegt das fand im Dämmerfchein, 
Der Hoffnung Rosen blühen: 
6h’ wieder Sonnroendfeuer flammt, 
Des Sieges fackeln glühen. 
flurolzmünfter, Lulle Weymayr. 
Ob.-Oeft. 
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Man wird wohl kaum ein zweites 
europäisches Gebiet finden, in dem die 
Wasserläufe jeder Art eine so schranken¬ 
lose Freiheit genießen, sich ihren Weg 
beliebig zu bahnen, wie dies in Albanien 
der Fall ist. Jeder wie immer geartete 
Wasserlauf von nur einiger Bedeutung 
ist in Albanien eine Individualität mit 
dem ganzen Trotz, mit allen Fehlern und 
Unarten eines, dessen Erziehung nicht 
gegängelt wurde. Wie aber unter solchen 
Umständen Menschen ausarten, so wird 
auch jeder albanische Fluß, und mag er 
als kristallreinstes Forellenwasser ange¬ 
fangen haben, in seinem Unterlauf schließ- 
Kyemalige Wohnöaracke unseres Kaisers als Monfolger und 
Keldherr gegen Italien aus der Kochfläche von Melgereuty.
	        
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