Sonntag, 5. Uovemöer
Stille Helden.
(Militärseelsorge.)
Bon Josef Harter-Hart, Steyr. JJJ (Nachdr. Verb.)
Die großartigste und einzig überlieferte Frucht der
Kreuzzüge und ihrer Bewegung sind die geistlichen Ritter¬
orden, jene einzigartige Verbindung von Ritter- und
Mönchtum, mit den bekannten dreifachen Gelübden der
Armut, Keuschheit und des Gehorsams. Ihr Ideal zeich¬
nete der Vater der Kreuzzugsbewegung St. Bernhard
von Clairvaux: „Der Ritter Christi soll in Zucht und
Gehorsam leben. Nüchtern und mäßig, ohne Weib und
Kind sein. Einträchtig und ernst, nimmer ruhend, ohne
Gut und Habe und ein Feind äußeren Schmuckes und
der Weltlust sein. Auf starkem und schnellem Rosse soll
er in die Schlacht reiten, nur nach Sieg verlangend,
nicht nach Ruhm, nicht von eigener Kraft den Sieg er¬
wartend, sondern von Gott. Er soll Lammessanftheit
mit Löwenkühn¬
heit einen, den
Mönch mit dem
Ritter." Hervor¬
gegangen aus
der Notwendig¬
keit, daß nur ein
Teil der Kreuz¬
fahrer an hei¬
liger Stätte zu¬
rückblieb und
spätere Nach¬
schübe aus dem
Abendlande
kaum genügten,
die Städte und
größeren Orte
zu bevölkern, so¬
wie die christ¬
lichen Bewohner
des Heiligen
Landes und die
Pilger vor den
Angriffen der
Moslimen zu
schützen, ent¬
sprossen aus dem
schönsten als
edelsten Zweig
mittelalterlicher
Anschauung der
Liebe zum lei¬
denden Mitmen¬
schen, war die
gewappnete
Schar ganz er¬
füllt von ihrer
erhabenen Sen¬
dung, weshalb
sie des engsten
Anschlusses an
die heilige Kirche bedurfte, welche in der Vereinigung
von Geistlichkeit mit dem Laienstand zu finden war.
Teilweises Vorbild erbrachte der heilige Norbert,
Graf von Genevve und Pfalzgraf am Niederrhein,
der Stifter des Prämonstratenserordens, durch die Auf¬
nahme seines Freundes Theobald des Großen, Grafen
von der Champagne, des mächtigsten Vasalls französi¬
scher Krone, indem er ihm das Kleid seines Ordens gab,
um ihn als Ritter in der Welt zu belassen. Die Ritter¬
orden schlossen sich enge ans Mönchtum, indem sie von
diesem die dreifachen Gelübde übernahmen, sich verpflich¬
tend, das Heilige Land vor den Angriffen der Moslimen
mit Einsatz ihres Lebens zu schützen, die Pilger durch
feindliche Landstriche zu geleiten, ihnen Herberge und
Verpflegung zu bieten und sie im Falle der Erkrankung
zu betreuen. Sie bildeten die Kerntruppen des Heeres,
wenn es galt, die Angriffe des christlichen Erbfeindes
von außen abzuwehren. Wer sich gefangen nehmen ließ,
ward ausgestoßen. Folgedem stand dem Ordensritter
einzig die Wahl übrig, sich todesmutig durchzuschlagen,
zu siegen oder zu sterben. Sieg oder Tod war ihre Pa¬
role. Keine Feder kann ihre erhabene Sendung und ihre
nächstenliebende segensreiche Tätigkeit herrlicher und er¬
greifender schildern als der Fürst der deutschen Feder,
Schiller:
Herrlich kleidet sie euch, des Kreuzes furchtbare Rüstung,
Wenn ihr, Löwen der Schlacht, Akkon und Rhobus beschützt.
Durch die syrische Wüste den bangen Pilgrim geleitet
Und mit der Cherubim Schwert steht vor dem Heiligen Grab.
Aber ein schönerer Schmuck umgibt euch, die Schürze des Wärters,
Wenn ihr, Löwen der Schlacht, Söhne des edelsten Stamms,
Dient au des Kranken Bett, dem Lechzenden Labung bereitet
Und die niedrige Pflicht christlicher Milde vollbringt.
Religion des Kreuzes, nur du verknüpftest in einem
Kranze der Demut und Kraft doppelte Palme zugleich!
Kloster und Burg zugleich waren ihre Niederlassungen,
welche im gesamten Gebiete des Königreiches Jeru¬
salem lagen, so daß den Pilgern Unterkunft und Schutz
geboten war. In der Zeit des Friedens galt den Or¬
densrittern die gleiche strenge Regel des Mönches, wes-
Vom italienischen Kriegsschauplatz: Kin Maultier von der italienischen Klpenartillerie wird auf einen Ielsvorsvruna
Heruntergelassen.
wegen sie ähnlich dieser außer den Rittern in Priester
und dienende Brüder zerfielen, zu denen auch Bürger¬
liche zugelassen wurden. Erst als die vornehmsten Adels¬
geschlechter. ihre Söhne in die Orden sandten und
Fürsten sich zur Ehre rechneten, das Kleid der Orden
zu tragen, versperrte man den Bürgerlichen die Aufnahme
und forderte strenge Ahnenprobe. Damit war den Bür¬
gerlichen jede Angehörigkeit zu den Orden verschlossen,
welche Normen noch gegenwärtig bei den zwei erhaltenen
Ritterorden — Deutschen Ritterorden und Malteserorden
— in Kraft sind. An der Spitze stand und steht der
Großmeister, ihm zur Seite ein Rat. Den Kampf leitete
der Marschall.
Jede an den Kreuzzügen hervorragend beteiligte
Nation schuf einen Ritterorden; die Franzosen den Temp¬
lerorden, die Italiener den Johanniter (auch Rhodiser- und
Malteserorden) und die Deutschen den Orden der Deutsch¬
herren, genannt Deutscher Ritterorden, deren Mitglieder
auch Marianer hießen, da sie ein „Hospital Unserer Lieben
Frau von Jerusalem" unterhielten, wovon sie auch
die „Brüder des Hospitals Unserer Lieben Frau von Jeru¬
salem" genannt wurden. Diesem Orden, welcher deutscher
Stiftung und Blutes ist, und auf den Schlachtfeldern
des Weltkrieges so unvergängliche und selbstlose Lorbeeren
im Dienste der Nächstenliebe pflückt, sei dieses Kapitel
gewidmet, so daß dessen Wirken in das rechte Licht ge¬
stellt und diesen stillen Helden christlicher Caritas der
gebührende Ruhm gesichert werde, welche Söhne des
Allerhöchsten Kaiserhauses und des vornehmsten heimat¬
lichen Adels sind.
Kurz sei der Templerorden erwähnt, welchen 1118
elf französische Ritter unter Führung Hugos von Payens
stifteten. In die Hände des Patriarchen von Jerusalem
legten sie außer den Ordensgelübden noch das Gelöbnis,
die Pilger durch die feindlichen Orte zu geleiten und
das Heilige Land mit Einsatz ihres Blutes zu vertei¬
digen, weswegen sie als Abzeichen den weißen Mantel,
das Bild des reinen Herzens und das rote Kreuzfahrer¬
kreuz als Symbol wählten, daß sie gewillt sind, ihr
Blut für die
christliche Sache
zuopfern.König
Balduin wies
ihnen Wohnung
in seinem Pa¬
last auf dem
Tempelberg an,
wovon der Or¬
den Templer¬
orden und die
Mitglieder
Templer hießen.
Der Gedanke
des Streiters
für Christi zün¬
dete und als
derheiligeBern-
hard von Clair¬
vaux, dessen
strenge Regel sie
auf der Synode
zuTroyes 1138
annahmen, den
Orden bestens
empfahl, er¬
langte er ra¬
schen Auf¬
schwung, um so
mehr, als ihm
ansehnliche
Stiftungen zu¬
flössen. Diese
und die ausge¬
dehnten Be¬
sitzungen lüfte¬
ten den fran¬
zösischen König
Philipp den
Schönen, um so
mehr, als dessen
Geldkassen durch endlose Kriege geleert warenchnd sämtliche
Finanzkünste diese nicht mehr zu füllen vermochten. Ander¬
seits stand der Orden mit seinem Heer von 15.000 Reitern
als mächtiges Bollwerk seinem absolutistischen Ziele ent¬
gegen. Sein Fall war entschieden nötig, um dies zu
erreichen. Er griff zum niederträchtigsten Mittel — zur
Verleumdung, indem er den Orden auf Unglaube, Un¬
zucht, Verhöhnung von allem, was der Kirche heilig galt,
beim Eintritt Verleugnung Christi, Anspeien des Kruzi¬
fixes usw. anklagte. Der Frankreich ergebene Papst
Klemens V. (1305 bis 1314) sicherte ihm strenge Unter¬
suchung zu. Doch der König fürchtete unparteiische Richter,
weswegen er am 13. Oktober 1307 alle Templer ein¬
kerkern, ihre Güter einziehen ließ und eine Untersuchung
zu Paris mit der Weisung anordnete: Wer gesteht, bleibt
straflos. Wer nicht gesteht, muß sterben. Rein ihres Ge¬
wissens starben 36 Templer auf der Folter, ohne den
Orden zu bezichten. 118, welche infolge der Schmerzen
zugestanden hatten, widerriefen und wurden als rück¬
fällige Ketzer verbrannt. Der Papst war über Philipps
entmenschtes Vorgehen empört. Doch dieser verstand es,
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