Volltext: Illustrierte Kriegsbeilage Nr. 3 1916 (Nr. 3 1916)

Sonntag, 16. Jänner 
Von Hermann Wagner. 
(Aus „Reichspost" Nr. B83.) 
Der Gouverneur des sibirischen 
Kreises 38., der kurz nach dem 
Ausbruch des Krieges ans dem 
Süden nach dem hohen Norden 
versetzt worden war, erhielt eines 
Tages aus Batum im Kaukasus, 
einer Stadt, in welcher er von 
seiner früheren Wirksamkeit her 
ebenso viele Feinde wie Freunde 
hatte, ein Telegramm, dessen dunk¬ 
ler Inhalt ihn in große Unruhe 
versetzte. 
Das Telegramm war ohne 
Unterschrift und enthielt eigentlich 
weiter nichts als eine Warnung. 
Die Warnung, auf der Hut zu 
sein, ohne Angabe, vor wem. Man 
sei Unregelmäßigkeiten auf die 
Spur gekommen und es existierten 
Personen, die Beweise in den Hän¬ 
den hätten. 
Das war alles. 
Der Gouverneur geriet durch 
dieses Telegramm in solche Er¬ 
regung, daß er in seiner Wut zwei 
Stühle zerbrach und seinem Se¬ 
kretär ein gefülltes Tintenfaß an 
den Kopf warf. 
„Ihr Hunde", schrie er seine 
Beamten an, „laßt mich allein! 
Ich rate euch, niemanden mehr 
vorzulassen! Es wäre sein Tod!" 
Der Deutsche trat ein, grüßte kühl-höflich, nahm, 
ohne dazu aufgefordert zu sein, auf einem Stuhle Platz, 
schlug ein Bein üb.er das andere und sagte ohne weitere 
Umschweife: „Exzellenz, ich bitte um einen Auslands¬ 
paß!" 
Man konnte den Eindruck haben, daß der Gouver¬ 
neur ob dieser Frechheit starr sei. 
Er schwieg eine Weile, rückte nervös an seiner gol¬ 
denen Brille und fragte sodann: 
„Wer sind Sie?" 
„Mein Name steht auf der Karte", erklärte der 
Deutsche. „Ich habe viele Jahre als Leiter eines großen 
Schtiker-Weyrschikd itt Wauthausen 
Phot. Pfeneberger.
	        
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