Volltext: Illustrierte Kriegsbeilage Nr. 11 1915 (Nr. 11 1915)

mm\m 
Im WS 
Sonntag, 18. Aprit 
Wor Hundert Jahren: Erinnerung an die Ireiyeitskämpfe. 
Die Trachten haben sich geändert — das Bild ist ba$ gleiche geblieben. 
De Wlro in 
Ein Berichterstatter des „Corriere della Sera", 
Arnaldo Fraeearoli, berichtet in einem Briefe aus dem 
serbischen Hauptquartier in Kragujewatz von den mili¬ 
tärischen Matadoren Serbiens: dem Generalissimus Pul- 
utf, dem Wojwodeu Missitsch, dem König Peter 
und dem Kronprinzen Alexander sowie von den 
Offizieren, die, wenn auch nicht in hohen Kom¬ 
mandostellen, doch charakteristische Figuren des 
Heeres sind. „Als ich gestern," so erzählt er, „im 
Cafe Obrenowitsch bei einer Gesellschaft von Offi¬ 
zieren saß, öffnete sich plötzlich die Tür, und über 
die Schwelle tritt ein junger, schlanker Herr im 
serbischen Nationalkostüm, dem mit schwarzen 
Schnüren besetzten braunen Rock mit der hellschim¬ 
mernden Patronentasche quer über der Brust und 
dem Revolver an der Seite. Kleiner schwarzer 
Schnurrbart, schwarze lebhafte, beständig herum- 
schweifende Augen, ein frisches Gesicht und eine 
schwarze Haarmähne, deren Locken sich unter dem 
Barett hervordrängten. Er trat mit etwas theatra¬ 
lischer Bewegung und leicht tänzelndem Schritt 
herein, grüßte mit einem raschen Griff der Hand 
ans Käppi und nahm zwischen uns Platz. An allen 
Tischen- zeigte sich lebhafte Erregung und leises 
Getuschel. Die Offiziere begrüßten die Erscheinung 
mit lauten Begeisterungsrufen. Ich erkundigte mich 
nach dem Namen des vielbeachteten Herrn. „Es 
ist ein gar seltener Glücksfall, ihm zu begegnen", 
antwortete mir ein Offizier. „Er ist immer in 
den Bergen mit seinem Komitatschi-Bataillon, bald 
im Norden, bald im Süden Serbiens, überall und 
nirgends. Kurz, es ist Taukositsch, der berühmte 
Major Tankositfch, einer der volkstümlichsten 
Männer Serbiens, ein Typ, um den sich ein ganzes 
Netz von Legenden spinnt. Das Volk nennt ihn 
kurzweg den General, den Wojwoden der Komi¬ 
tatschis. Es ist jener Tankositfch, den Oesterreich- 
Ungarn beschuldigte, die Ermordung des Erzherzog- 
Thronfolgers in Sarajewo geplant und die Aus¬ 
führung organisiert und geleitet zu haben. In der 
denkwürdigen Note, die Oesterreich-Ungarn an Serbien 
richtete, forderte es seine Absetzung, seine Festnahme und 
Auslieferung. Wissen Sie, wie man ihn bei uns nennt? 
Den Mann, der den europäischen Krieg entfesselt hat." 
— Alle Wetter, der Mann, der den europäischen Krieg 
entfesselt hat? Das ist wahrlich keine Kleinigkeit! Ich 
sehe ihn mir daraufhin mit verdoppelter 
Aufmerksamkeit an, während er lächelnd 
am Tisch sitzt, sein Glas Wein leert, 
große Rauchwolken in die Luft bläst 
und den Offizieren Rede und Antwort 
steht. Er sitzt etwas abseits vom Tisch 
in einer Stellung, als wäre er auf 
dem Sprunge, um sofort beim ersten 
Alarm aus der Tür zu eilen. Man 
erzählt von ihm die abenteuerlichsten 
Dinge. Er ist das Schulbeispiel eines 
soldatischen Abenteurers, der sein Leben 
mit der Kaltblütigkeit aufs Spiel setzt, 
mit der ein fanatischer Spieler fern 
ganzes Vermögen auf den grünen Tisch 
wirst. Er zählt heute 35 Jahre und 
läßt es sich seit seinem 15. Jahre an¬ 
gelegen sein, das Schicksal in unver¬ 
schämter Weise herauszufordern. Als 
Mazedonien und Albanien noch unter 
türkischer Herrschaft waren, hatte er 
der Hohen Pforte in Konstantiuopel 
nicht geringe Verlegenheiten bereitet. 
Man hatte eine große Prämie auf 
seinen Kopf gesetzt; aber wo fand sich 
einer, der bereit gewesen wäre, das 
Geld zu verdienen? Dann ließ er den 
Statthalter Bosniens verschwinden. 
Im serbischen Heere bekleidet er die 
Stellung eines Majors. Er ist aus 
der Militärschule hervorgegangen und 
hat die regelmäßige militärische Lauf¬ 
bahn zurückgelegt, befehligt aber heute 
ein selbständiges Komitatschi-Bataillon, 
das so etwas wie ein Totenkopf- 
Bataillon darstellt. Bei Beginn des 
Krieges bestand es ans 800 Mann, heute zählt es deren 
nur noch 80; der Rest ist gefallen. Die gefährlichsten 
Unternehmungen, die waghalsigsten Gewaltstücke werden 
immer für das Bataillon Tankositfch aufgespart. Er 
empfängt nur Befehle vom Oberkommando, und wenn 
solche nicht vorliegen, so geht er auf eigene Faust auf 
Zur Mobilisierung 
Kanonen werden über den Franz Josef-Platz zur 
in Linz. Schwarz, Linz.) 
Donau zu den Schleppschiffen geführt.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.