Volltext: Nr. 2 (2. 1919)

9. V e r w u n d u n g c n. 
Die Aufzeichnungen führen an : °/0 
Schußverletzungen 28 67 
Gasvergiftung' 5 12 
Nervenschock ;j 7 
Steinschlag '} 7 
Verschüttung 2 :> 
Brandwunden j 2 
zusammen ... 42 iOO 
Die Gesamtzahl 42 der Verletzungen besagt, daß 
28% aller Eingerückten, bezw. 5.°,% der „a^Tauglichen 
v erwundet wurden. 
10. Kra 11 kh e i t e 11. 
Hier verteilen sich die Fälle folgendermaßen: % 
Infektionskrankheiten . k .... 24 ')() 
Nervenkrankheiten 18 23 
Erkrankungen der Atmungsorgane . . 15 1U 
Erkrankungen der Verdauungsorgane . 7 (J 
Sonstige Erkrankungen 16 19 
zusammen ... 80 100 
53% aller zum Militärdienst Herangezogenen erlitten 
also in Ausübung ihres Dienstes an ihrer Gesundheit 
Schaden, ein weiterer Beweis für die großen und 
schmerzlichen Opfer, die das jüdische Volk in diesem 
blutigen Kriege bringen mlißte. (Schluß folgt.) 
Reform des israelitischen Religionsunterrichtes, 
Wie wir bereits in unserer letzten Nummer berich¬ 
teten, würde im Vormonate von einigen jungen Leuten 
der Kultusgemeindevorstehung Linz ein Memorandum 
vorgelegt, das eine Reform des jüdischen Religionsunter¬ 
richtes zum Gegenstände hatte.' Wir bringen diese' Ein¬ 
gabe in unserem Blatte, weil wir überzeugt sind, daß 
jeder Jude diesem Gegenstande lebhaftes Interesse ent¬ 
gegenbringt und weil eine Reform auf diesem Gebiete 
allerorten dringend notwendig ist, — Eine Reform des 
jüdischen Religionsunterrichtes ist eine der ersten Auf¬ 
gaben, die jetzt an die Kultusgemeinde herantreten, ohne 
Rücksicht darauf, ob bei uns die Trennung von Staat und 
Kirche durchgeführt wird oder nicht. 
Memorandum. 
Im Namen der jüdischen Mittelschüler unterbreiten 
wir Ihnen deren Wünsche über eine dringend notwendige 
Reform des israelitischen Religionsunterrichtes und 
bitten, dieselben ebenso wie die hier niedergelegten Vor¬ 
schläge einer Erwägung zu unterziehen und nach Mög¬ 
lichkeit deren Durchführung veranlassen zu wollen. 
Der israelitische Religionsunterricht, wie er in den 
österreichischen Schulen geübt wurde, litt an zweierlei: 
an dem Mangel eines einheitlichen Lehrplanes — der 
bestehende war von der israelitischen Kultusgemeinde 
Wien für ihren Bereich ausgearbeitet und von den ein¬ 
zelnen Lehrkörpern in der Provinz nach dem lokalen 
Bedarf und Gutdünken umgeändert worden — und an 
einer Halbheit, die in der Unklarheit über die Stellung 
der Juden liegt. Der israelitische Religionsunterricht war 
weder ein rein konfessioneller Unterricht wie der katho¬ 
lische oder protestantische, noch ein nationaler, der der 
jüdischen Jugend jüdische Geschichte, hebräische Sprache, 
jüdische Ethik als völkisches Glut vermittelt hätte, wobei 
er aber doch ganz andere Wege ging als z. B. der biblische 
Unterricht anderer Konfessionen. 
Es scheint uns nun die Zeit gekommen, wo der 
jüdischen Jugend eine ihr zukommende jüdische Schul¬ 
erziehung zuteil werden muß. Die Formen derselben 
werden zweifellos die nächsten Jahre bringen und wir 
bitten schon jetzt, derselben ein Augenmerk zuwenden 
zu wollen. Jetzt schon jedoch halten wir es für eine un¬ 
abwendbare Notwendigkeit, mit einer Reform des Reli¬ 
gionsunterrichtes einzusetzen, ja, wir wissen, daß die von 
uns erbetenen Neuerungen schon im nächsten Semester 
ihrer Durchführung unterzogen werden müssen, »ollen 
nicht auch jene jüdischen Schüler, denen es um ihr Juden¬ 
tum uofch ernst ist, diesem Zweige des Unterrichtes ent¬ 
fremdet werden. 
Die Wünsche der Linzer jüdischen Schüler folgen 
den hier entwickelten Gedankengängen: 
In erster Linie muß der jüdische Religionslehrer 
frei gemacht werden von jeder Rücksichtnahme, die ihn 
daran hindert, energisch die Disziplin während des Unter¬ 
richtes und die Erreichung des Lehrzieles durchzusetzen. 
Es geht nicht an, daß der jüdische Religionslehrer den 
Schüler individuell nach Stellung und Kultussteuerlei¬ 
stung seiner Eltern behandeln muß, noch weniger aber, 
daß Schüler eine Ausnahmsstellung einnehmen, weil sie 
oder ihre Eltern eine schlechte Note mit dem Austritt 
aus dem Judentum beantworten würden, wie es bisher 
leider oft der Fall war. 
Die jüdischen Schüler, die sich selbst ihrer Ver¬ 
pachtung gegenüber dem jüdischen Unterricht bewußt, 
sind, halten es für notwendig, daß die energische Inan¬ 
spruchnahme aller Schuldisziplinmittel durch den ;jüdi 
scheu Lehrer ohne Scheu vor den Schuldirektionen ebenso 
wie in den übrigen Gegenständen durchgeführt werden 
muß. Die Religionsnote muß die tatsächlichen Kennt¬ 
nisse des Schülers zum Ausdruck bringen. 
Als eine leicht abzustellende Härte erscheint, daß 
der Religionsunterricht am Sonntag abgehalten wird. 
Dadurch ist dem jüdischen Schüler der einzige ganz freie 
Tag in der Woche, der seinem christlichen Kameraden 
gegönnt ist, genommen, eine Beschränkung, die um so 
mehr ins Gewicht fällt, als der jüdische Schüler doppelt 
den Wunsch nach ungehinderter körperlicher Betätigung 
und Ausbildung hat. Wir sind überzeugt, daß sich ein 
Ausweg finden lassen wird. 
Zum Lehrplan glauben wir folgende Vorschläge 
machen zu können, und bitten, dieselben zur näheren Aus¬ 
arbeitung einem Fachmann zuweisen zu wollen. 
Wenn wir auf Grund unserer Erfahrung annehmen, 
daß der jüdische Schüler die Volksschule mit der aus¬ 
reichenden Kenntnis des hebräischen Alphabete und des 
hebräischen Lesens verläßt, so ergibt sich als Lehrziel 
der Mittelschule die Kenntnis der hebräischen Sprache 
ungefähr im selben Ausmaß, wie der Gymnasiast das Grie¬ 
chische beherrschen lernt. Dieses Ziel erscheint trotz 
der geringen Stundenzahl in Anbetracht der geringen 
Schülerzahl nicht zu hoch gegriffen. Wir wissen, daß 
einige von uns mit Hilfe der Existierenden nur mittel¬ 
mäßigen Lehrbücher in viel kürzerer Zeit sich genügend 
Kenntnisse aneigneten, um mit Unterstützung des Lexi¬ 
kons leichtere Stücke der Bibel im Urtext zu lesen. Die 
Lehrmethode müssen wir natürlich dem Lehrer über¬ 
lassen. Auf diese Weise könnte dem Schüler das jeg¬ 
liches Interesse ertötende Hebräisch lesen ohne Verstand-
	        
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