WOLFGANG LEB.
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präzisieren. Es betrifft dies zunächst die Bildung
der Köpfe. Vergleicht man die sieben Köpfe des
Mittelfeldes, so erkennt man unschwer an ihnen
eine gewisse Verwandtschaft, man möchte von Fami¬
lienähnlichkeit sprechen. Das Bestimmende hiefür
ist vor allem die runde Bildung des Stirnbeins, die
fast einer Viertelkugel gleichkommt. Die hochge¬
zogenen Augenbogen, die ziemlich scharfkantig gegen
die Stirne absetzen, das starke Hervorquellen der
Augäpfel, die Stumpfnasen, die festgeschlossenen
Lippen kehren bei sämtlichen Köpfen mit nur ge¬
ringen Modifikationen des Gesamtausdruckes wieder.
Es kann kein Zweifel bestehen, dass Wolfgang Leb
hier kaum besonderer Naturstudien sich bediente,
höchstens könnte man bei dem Kopfe Ulrichs von
Sempt an ein bescheidenes Modellstudium, an einen
Versuch bestimmter Individualisierung denken;
doch kann auch von einer solchen nur ganz allgemein
die Rede sein. Entschieden glückt dem Meister
dagegen die Widergabe eines bestimmten Indivi¬
duums da, wo er dasselbe studieren kann; das be¬
kundet uns das Porträt des Abtes Leonhard mit
5. Grabplatte an der Friedhofmauer zu Oberaudorf.
6. Grabplatte der Familie Wolfgang Gumplczheimer an der
Pfarrkirche zu Wasserburg.
dem gutmütig behäbigen, aber nicht sonderlich
durchgeistigten Gesicht.
Die Platte zeigt ausgeprägten Hochreliefstil,
der nicht nur im Figürlichen, sondern auch im Or¬
namente, so besonders in den Wappen des Fuss-
endes deutlich zu Tage tritt (Abb. i). Gerade bei
diesen letzteren weist der scharfe Kontrast und das
wechselseitige Spiel von Licht und Schatten auf die
bedeutenden Höhendifferenzen hin. Kein Steinmetz
Altbayerns mehr hat in ähnlicher Weise so tech¬
nisch geschickt den Meissei geführt, keiner aber
auch hat die Eleganz einer Helmzier so auszudrücken
vermocht, wie Wolfgang Leb. Wir werden sehen,
wie charakteristisch gerade die letztere für seine
Arbeiten ist.
Man wird nicht fehlgehen, wenn man die all¬
gemeine Anordnung des Hochgrabes oder doch jene
der Deckplatte in ihrem ganzen bildlichen Inhalte
auf den Wunsch des Bestellers, des Abtes Sebastian,
zurückführt. Fast erscheint des Guten — ich denke
hier besonders an die Häufung der Figuren im
Mittelteil — zu viel getan, zumal wenn man bedenkt,