WOLFGANG LEB.
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zwei zugehörigen Wappen ist in einem rechteckigen
vertieften Feld angeordnet, das nach oben durch
drei Bogen mit Ast- und Blattwerk nischenartig ab¬
geschlossen ist. Die Brustbilder stellen, wie die In¬
schriften auf den raumfüllenden Bändern besagen,
Grafen von Ebersberg dar, die bei der Entstehung
und in der Entwicklung des Klosters eine hervor¬
ragende Rolle spielten. Die energischste Gliede¬
rung erfährt der Unterbau der Tumba durch sechs
vollrund behandelte Sitzfigiirchen von Mönchen,
welche an den Ecken und in der Mitte jeder Längs¬
seite auf Konsolen angebracht sind, und über denen
zierliche Baldachine vorkragen. Den Schwerpunkt
der Dekoration aber verlegte Meister Wolfgang Leb
auf die fast überreiche Deckplatte (Taf. IX). Den
breiten Rand derselben bildet eine mit Schriftbändern
ausgefüllte Hohlkehle, die dem System des Unter¬
baues entsprechend an den Ecken und in der Mitte
der Längsseiten durch sechs Wappenschilde geziert
ist. Das stark vertiefte Mittelfeld zerlegt sich in drei
Teile, in zwei schmälere am Kopf- und Küssende
der Platte und in das figurenreiche Mittelteil. Am
Fussende sieht man, bezeichnet durch ein Schrift¬
band, Abt Sebastian Häfele, dem das Werk seine
Entstehung verdankt, betend knieen, rechts und
links von ihm die Wappen der Stifter, des Grafen
Ulrich von Sernpt und seiner Gemahlin Richardis
von Kärnten. Hinter dem Abt und den Helmzier¬
den der Wappen entwickelt sich eine Konsole, auf
der die Stifter knieen; diese halten in den Händen
das Modell der Klosterkirche gegen die über der¬
selben im Brustbilde dargestellte Madonna im Strah¬
lenkränze empor. Zu Seiten Mariä fassen zwei Engel
ein Schriftband und breiten hinter den Stiftern einen
Teppich aus. Den oberen Abschluss bildet ein
ausserordentlich reicher Baldachin in den charak¬
teristischen Masswerkformen der Spätgotik. Er
entwickelt sich aus der architektonischen Umrah¬
mung oder, besser gesagt, Flankierung des Bildfel¬
des ; diese wird gebildet von zierlichen Pfeilern,
welche aus figürlich dekorierten Postamenten sich
erheben, und auf denen in der Höhe des Hauptbild¬
feldes die Figuren des hl. Sebastian und des hl. Be¬
nedikt stehen. Kleinere Baldachine mit Fialenbekrö¬
nung leiten zu dem Hauptbaldachine über. Selbst die
flüchtigste Beschreibung muss schon einen Begriff
von dem überquellenden Reichtum des ganzen Wer¬
kes und namentlich der Deckplatte geben. Wir
beschränkten uns hier auf das Notwendigste und
fügen nur noch bei, dass das Werk erst unter dem
Nachfolger des Abtes Häfele, dem Abt Leonhard
aufgestellt wurde und zwar nach dem Datum an
der Hauptkonsole der Deckplatte im Jahre 1500.
Links unten am Rande der Deckplatte liest man
die Künstlerinschrift: W. Leb. maister des bercks
(— Werks). Damit werden die Daten 1492 bezw.
1496 hinfällig, es müsste denn sein, dass Sighart auf
einer uns nicht erhaltenen oder unbekannten Nach-
2. Grabplatte des Hans Baumgartner in der Pfarrkirche
zu Wasserburg.
rieht fusst, auf Grund deren man diese Daten als
den Beginn der Arbeit, die sich doch sicher auf
einige Jahre hinzog, annehmen dürfte.
Wir wollen eine kurze Charakteristik des Stiles
des Werkes geben, uns dabei jedoch auf den wichtig¬
sten Bestandteil desselben, die Deckplatte beschrän¬
ken. Was zunächst die Einteilung derselben an¬
langt, so kommt diese mehrfach vor, speziell bei