Volltext: Aus dem Garten Österreichs (Oberösterreich). (Folge 7 / 1926-27)

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„Ihr ehrbarn Fraun uncl züchtigen Herrn, 
ich komme zu euch in die Täfern 
zu haben mit euch einen guten Mut, 
wie man jetzuncl zur Fastnacht tut." 
— Und dann verkündete er, wie jetzt etliche Gesellen, „ain spil 
agirn wölln" sein Fastnachtspiel aufführen) und teilte Kur; den 
Inhalt desselben mit. Dann schlotz er: 
„Nun gebt recht acht und seid fein still: 
sofort beginnt das Zastnachtspiel." 
kaum war sein letztes Wort verklungen, da ging abermal 
die Tür auf und herein sprangen seltsam vermummte Gestalten, 
so ;. B. ein phantastisch gekleideter Teufel, ein altes Weib, ein 
Kaufmann, ein Bauer in besonders drolligem klufzug u. dgl. 
Diese begannen nun ihr Spiel. — Die Theatectechnik war höchst 
einfach, Kulissen gab es noch nicht, Spieler, die ihre Nolle erledigt 
hatten, traten einfach nach rechts oder links ab und warteten 
neben der Tribüne, bis das Spiel zu Lüde war. — Der Inhalt 
dieser Volksstücke war aus dem vollen Leben herausgegriffen: 
der betrogene Bauer, das zänkische Lheweib und ihr furchtsamer 
Gemahl, Nausszenen vom Markt: das waren Haupthandlungen 
bzw. hauptgestalten dieser spätmittelalterlichen Komödien. — 
Spieler waren in Zreistadt mit Vorliebe die Stadtschreiber oder 
der Schulmeister und seine Gesellen, oder Bürgersöhne, weibliche 
Nöllen wurden von Männern gespielt. Die Linübung der Stücke 
besorgte für gewöhnlich der Schulmeister und er erhielt dafür 
eine „Verehrung" vom Nate. 
Nachdem das Spiel zu Lüde war, trat als „Ausschreier" 
wieder derselbe auf, der den Vorspruch getan hatte und sprach 
den „Beschlutz" oder „Gesegenreim". In diesen Versen war die 
Lehre des Stückes herausgeschält, die jeder ziehen sollte. Nutzer- 
dem bat er um Entschuldigung, „wenn man zu grob gesponnen 
hätte" (zu derb gewesen war) und forderte schlietzlich auf zu 
Tanz und Musik. 
Und damit war der letzte Teil der mittelalterlichen Faschings- 
feiet eröffnet. Die Spieler verhetzen den Saal, munter setzten 
Pfeifer, Trommler und Bläser ein und alles erhob sich zum Tanz. 
Er dauerte bis tief in die Nacht hinein. Um etwa 1 Uhr aber, 
da wankten wieder die Laternen aus dem „Schullergätzchen" 
heraus, verstreuten sich über dem Platz und verschwanden in 
den Häusern. 
Die Nacht mit ihren tausend Sternen blickte nieder auf die 
tollheitsmüden Schläfer. 
Und am nächsten Tag — dem Aschermittwoch früh — hallte 
wiederum Glockenläute über die Stadt hin und vom Turme herab 
schallte ernste, fast düstere Musik: der Türmer und seine Gesellen 
bliesen „zur puess" (zur Butze), die Glocken riefen zur Äscherung 
und der Priester tat das Zeichen des Kreuzes auf gar manche 
noch heitze Stirn: „Gedenke, o Mensch, datz du Staub und 
Asche bist!" FI. Gmainer. 5. M.
	        
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