84
arBetter im Ruhestand und bezieht er seine kleine Pension, dann
sangt >ur rhu erst der schöne Teil des Lebens an. Im Alter von
achtzig Jahren ist der Goiserer Holzknecht frisch und Iiiftiq, und
erreicht er das neunzigste Jahr, so fängt er manchmal vor lieber»
mut und Freude zu tanzen an.
Wird einer in Goisern hundert Jahre alt, dann gibt es in
&Aanfn Z^'mde ein lautes Fest. Böllerschüsse werden abge-
,euert, die Burgermusik ruckt mit ihren geräuschvollen Instru¬
menten an und der Hundertjährige erhält vom Staat für den
Rest semes> L'ebens die doppelte Pension.
. . So ist es wenigstens bei der letzten Hundertjahrfeier vor
einigen Jahren hergegangen.
* £,"rn‘> ätzten Jahr haben die Goiserer wieder einen Holz»
ane W Hundertjahrfest herangebracht. Es war
der alte Miichel, der >risch und fröhlich in sein neunundneunzigstes
S? emgerreten ist und ganz sicher auf das Übliche Böl-
lerschreßen, die Burgermnsrk und vor allem auf die doppelte Pen¬
sion gerechnet hat. Der letzte Teil des: Festprogrammes bätte
wahrschemlich -dem Mich! seine dreiziffrige Geburtstagsfeier be¬
sonders angenehm und erreichenswert gemacht.
.. .Aber kürz vor Beginn des Sommers legte sich, der Michl. der
bisher noch ,est au, den Beinen gewesen war, plötzlich! ins Bett,
aß nichts, rranf nur mehr Wasser und war zwei Wochen später
tot. Und wie alles, was ern Goiserer Holzknecht in die Hände
$Kr'x-0U£ ft ausgeführt wird, so war auch! born
Hl f fl'l r .i’, Sterbens kürz, aber sicher zu dem erwar¬
teten Ende^gÄracht worden. Er war tot, unwiderruflich tot.
, brMrcht hatte einst in dem heute schon sagenhaft MtooxP
betten Krimkrieg als Soldat an dem von der österreichisch>en Milit¬
ärverwaltung befohlenen Heeresaufmarsch- an der russischen
Grenze teilgenommen und mußte einige Jahre später in dem
E-N,ch-N Feldtzug des Jahr«s issg sein Gewehr und "etnm
Tornister gegen raren wirklichen Feind tragen.
u r ?iepSnilllaf}II\e ?n ’)ern Begräbnis des alten Veteranen war
besonders stark und die Trauer allgemein und echt.
, £m meisten klagte und jammerte um den Verlust des MiÄ
der Weudtner Hans, der selben schon siebendneunzig Jahre al>
ist und zu den nächsten Anwärtern auf die Hundertjahrfeier ae-
frert. Der WEn» schluchzte unb weinte f. taut, daß i»u -°iu-
m^«^«*tm0Rme" ®m6e mußten und zu *,
„Achl,"wehrte der Hans alte Trostworte ab, „so einen guten
|aTfen^ie ben Michr finde ich mein Leben lang
nicht mehr. Wir sind mitsammen in die Schul' 'gangen, wir wa¬
ren zur gleichen Zeit Soldaten in Italien, wir haben Tag für
Tag, ^ahr ,ur ^ahr als Holzknechte in bem gleichen Schlag a&
«Ä'jn Nacht m der gleichen Holzstube geschlafen. Deir
Michl har mich, nie belogen oder betrogen, der Michl hat mich
u. keiner Not oder Gefahr im Stiche gelassen, der MichL hat in
Sf S>ch^ier,gke,t ,ur mich einen guten unb brauchbaren Rat
gewußt, und darum rann ich es nicht glauben, darum drückt es