Volltext: Innviertler Kalender 1936 (1936)

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richtig in Verdacht -hatte. Es geschah weiter nichts, jedoch 
die Deputar-Brotlarbchen wurden von nun an sichtlich größer 
»jty erhielt Lateinunterricht von Frater Theobald, dem nach- 
maligen Abt des Strftes. Da,Äc wurde ich sein Leiblaufer und 
es machte mir stets besondere Freude, wenn ich für vbn einen 
lletwen Dienst machen durfte, so daß ich wie ein Sausewind 
fjorteilte, wm ja bald wieder zurück zu sein. Ich war dann stolz, 
denn es trug mtr recht oft L'ob ein, auch in Eßwaren und in klin- 
gender- Münze. 
Sehr willkommen war uns die Weinlese im Stiftshos, wo¬ 
bet wir Sangerknaben mithelfen dursten. Dabei aßen wir Traube 
um Traube, l>ts wir kugelrund waren. 
Recht interessierte mich, als wir zu den Herbstjagden im na- 
hen Sturnbergerforst fahren mußten, um dort die Jagdgäste im 
chwarzen Frackletn und weißen Handschuhen beim Mittagsmahl 
zu bedienen. Wie bestaunte ich, die große Strecke von Hirschen, * 
Rehen, Hasen usw. ^ch konnte mich nicht satt genug sehen. Aber 
att wurden wtr Sängerknaben an den wohlschmeckenden Reh- 
lebern. Gegen Wtnter erhielt ich ein neues Paar Stieselchen. Ich 
stolzierte damit freudigst umiher und kam unglücklicherweise ru 
Er 5;u,gefrorenen Wiesen-Wasserlache. Ich probierte, ob meine 
Stieftlchen wohl auch wasserdicht wären und freute mich über 
das Klirren der von mir eingestampften Eiskruste. Ich. stieg bis 
an den Stiefelrand ms Wasser. O weh, das sah mterfreulicher;» 
weise der daherkommende Stiftsschaffner. 'Resultat: Mir wurden 
d« hochgeltebten Stieselchen weggenommen und ich erhielt dafür 
alte, ,geflieste, das mich, sehr wehmütig stimmte. Ich schämte mich 
ß'em Schuster schmeichelte ich so lange, bis er mtr end 
liichi doch metne neuen Stieselchen heimlich wieder gab 
Mein bester Freund war der Stiftsschneider und -Pförtner. 
p besuchten ihn oft und gerne, denn er erzählte 
mä schone Märchen und schnurrige Geschichten. 'Ihm zuliebe 
lernte ich nahen und ich erinnere mich lebhaft; daß ich unter 
ferner Anleitung ein ganz anständiges Uhrpölfterchen anfertigte, 
an dem ich viel Gefallen fand. 
v- 5s\f , ,?r9tl^0en war für uns Sängerknaben die 
abendliche Polsterschlacht in unserem Schlafzimmer, die wir oft 
und oft zum besten gaben. Freilich, ging einmal eine brennende 
Petroleumlampe m Trümmer und ein Tuchent fing Feuer, wo¬ 
rauf etn gräßlicher Gestank uns zwang, das einzige große Fenster 
zu ofinen, damit wir nicht erstickten. Denn die Tür war ver¬ 
schlossen. Wir 6 Kämpfer standen nun im Nachthemd am großen, 
of,enen, stark bauchig vergitterten Fenster und riefen um Hilfe. 
Liefe kam bald und der glimmende Tuchent wurde gelöscht. 
Den Polster kämpf verschwiegen wir. 
Emmal kam ich, zur offenen Tür des Weinkellers. Ter Kel¬ 
lermeister erblickte mich! und rief: „Du kommst mir gerade recht, 
sannst mir beim Weinabziehen helfen!" Das ehrte mich fahr. 
E ^r rEv 1 r• ^ Arbeit und auch fleißig beim Weinnippen, 
E X].'l schließlich stolperte und eine Weinflasche zerbrach. Da 
eilte ichi wankend heim, ins Bett. Ich war scheintot.
	        
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