Volltext: Innviertler Kalender 1936 (1936)

und wie ein leuchtender Wald abend sonnenschein lag stiller Friede 
über fernen Zügen. 
Das Telegramm hatte diese Veränderung bewirkt. Nun 
find sie schon drunten in Linz. Sie können nicht gar lange mehr 
ausbleiben. Und siehe da: da unten rumpelt ein Wägelchen um 
die Waldecke — noch eines — das Gesicht des Alten glüht — 
Herrgott, sie sinds! 
Und ba wars um seine Ruhe geschehen. Er trippelt van 
einem Fuß auf den andern, die Pfeife wollte gar ttimmer bren¬ 
nen und immer näher und näher kamen sie . . . 
Jetzt fuhren sie den Berg herauf, der Alte stand, da fingen sie 
an zu totnfen ... unb da, da — hielt es den Alten nicht, mehr 
länger. Er eilte selber bie Straße hinab . . . 
Die Wägelchen hielten. Heraus sprangen bie Brüder. Joses 
zuerst, dann Franz . . . 
Und da stand -der alte Bauer vor dem Wiedergefundenen. Ein 
Blick nur, aber so heiß, so innig, dann breitete er die Arme aus: 
„Franzl, mein lieber Bub . . . Gott dank, daß du toiefbter zur 
Heimat gef unb ett hast!" 
Sie Hielten sich lange umschlungen. Unb die Geschwister 
standen dabei und hatten bie Augen troll Wasser . . . 
Aber bann stiegen sie hurtig bergan — sie ließen bie Schwe¬ 
stern vorausfahren — und der alte Bauer war so glücklich- unb 
friedlich, als er am Arme feiner beiden Söhne dem Hofe zu¬ 
wanderte. 
Josef redete von der Pilgerfahrt. Er hatte Palmen in ben 
Händen. Franz war noch zu ergriffen, nm viel zu reben. Als aber 
Me Sprache daraus kam, wie ihn Josef gefunden hatte, ba sagte 
Franz: „Bater, das war ein Wunder! Man mag darüber denken, 
wie man will, aber das eine ist sicher: die Pilgermuttergottes 
hat mir den Weg in die Heimat gewiesen!" „Die Pilgermutter^ 
gottes!" sagte der Vater und nickte. „Ja, wir wollen sie allezeit 
in Ehren halten! Wir haben auch da -wieder bie alte Wahrheit er¬ 
fahren, baß es noch- nie erhört -worden ist, daß diejenigen, die zu 
Maria ihre Zuflucht nehmen, von ihr verlassen worden wären. 
Ter Pilgermuttergottes will ich- ganz eigens danken. Bon heute 
an wird alle Monate ein Bestimmter Betrag zum Bau des Zin- 
zer Mariendomes gefanbt. Ihr seid doch! einverstanden?" 
„Freilich, Vater, freilich!" riefen die Söhne wie aus einem 
Munde. „Das find wir ja ber Mutter des Herrn schuldig!" 
„Und wenn btt Vertrauen hast zu mir, Vater," sagte Franz 
bewegt, „und glaubst, daß ich meinen Sinn geändert, daß ich 
mich bessere —" 
Fällt ihm ber Bauer ins Wort: „Franz, darüber ist fein 
Zweifel. Den bie Mutter Gottes wieder auf den rechten Weg ge¬ 
bracht, der wird allezeit auch darauf wandeln. Aber nun sind 
wir da. Tretet ein, meine Söhne, und besonders du, mein ver¬ 
loren geglaubter Franz, sei nochmals herzlich begrüßt im Vater- 
haus, in der Heimat." 
Die drei Männer traten bewegten Herzens ein und der 
letzte Abendsonnenschein strich in leuchtenden Gluten über den
	        
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