Volltext: Innviertler Kalender 1936 (1936)

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■ " • • • echweftern beugten sich tiefer über ihre Stickereien, 
der Alte in der Ecke richtete mit zitternden Fingern fein Raucb- 
zeng zurecht. 
Sann brach er das Schweigen. „Ob er noch lebt und wo 
•«. kann das wissen?" sagte der Bauer. „Ich fürchte, er 
ist verschollen. Er hat ja einmal geschrieben, daß er nach Ame¬ 
rika geht." ' 
Ser Alte ließ den Kopf hängen. „Daß der Bub so mißraten 
mußte! Und er war doch... er war doch — auch mein Bub! 
Trotz allem: ich' hab' ihn gern g'habt!" 
Wieder eine Weile Stille. Sann meinte Therese: „Ich 
glaub immer, Vater, er kommt doch wieder! Ich hab' so eine 
Ahnung..." 1 
(Sott geb's!" seufzte der Alte. „Wenn ich am Sonntag in 
der Fiuh tn die Meß' hinunter ins Dorf geh' oder wenn ich 
n auf steig Sum Bildstöckl Unserer Lieben Frau im Wald, dann 
denk ich immer dran . . . unb da bet' ich besonders gern: Ver¬ 
gib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unseren Schul¬ 
digem . . . und da meine ich immer bien Franzl." 
"3ch werde des Bruders gedenken an heiliger Statte " sagte 
der Bauer. „Vielleicht, daß dann doch einmal ein Lichtblick fällt 
m feine Verschollenheit 
„Tu' das, Joses, tu;' das . . . ! O, das wäre so schön, 
wenn ich ant Ende meines Lebens die Gewißheit haben könnte, 
daß mietn Bub doch nicht ganz verloren ist . . ." 
Set alte Bauer ließ die Pfeife finken. Eine "Träne rollte 
über seine gefurchten Wangen. Sann standen 'sie alle auf, die 
Theten griff nach dem Rosenkranz und sie begann: „Ich glaube 
an Gotr den Vater ..." ; a 
Ein Falter schwirrte um die Lampe. Sie Uhr ging weiter 
ihren monotonen Gang. 
Am nächsten Morgen fuhr der Br einbauet von der Heimat. 
Es wuwen ihm doch die Augen feucht, als er vom alten Vater 
und den Geschwistern ging. Aber dann zog der Schimmel an. 
noch ein herzliches „B'hÜt Gott!", ein letztes Winken und das 
Wägelchen rollte die Straße hinunter gegen Linz, wo in der 
3ierne bereits die Türme vom Pöstlmgberg herübergrüßren. 
. - . £anitte e§ der Landeshauptstadt an, ktfj „etwas los 
Pllger kamen, vielfach mit ihren Angehörigen, und zogen 
zum ~ötne, ihrem Sammelpunkt. Sie Linzer selber waren auf 
den Füßen und viele Rengierige kreuzten die Straßen. Das 
peht man ja nicht alle Tage, daß der Bischof mit seinen Landes 
lindern ms Heilige Land fährt . . . 
cm Irinnen im Some kniete im Reisekleide Bischof Dr. 'Franz 
Maria Soppelfcauer inmitten seiner Priester und der Pilger und 
betete den Reifefegen. Sann öffneten sich weit die Tore, Me 
Scharen strömten heraus unb die Tomglocken fingen an ihr dröh¬ 
nendes Lied zu singen. Sie boten ben im festlichen Zuge aus¬ 
ziehenden Pilgern den letzten Heimatgruß. Manch' Auge ist dabei 
feucht geworben und manche stille Sorge tauchte auf: Werden
	        
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