Volltext: Innviertler Kalender 1936 (1936)

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Franz Selb old sieht auf. Breiter Sonnenschein steht auf 
seinem Gesichte. „Hochwürden, sind ein Teutscher — ? Vielleicht 
gar ein Oberösterreicher — ?" 
„Oberösterreicher, gerade wie Ihr!" lachte gemütlich der 
Pater. „Ich kenn Euch doch am Dialekt! Und ich bin aus dem 
„Landl" daheim, aus dem „Landl"! Ihr kennts doch wohl?" 
„Ja freilich kenn ichs! Tort beim Hausruck in dem Tale, das 
vor den Bergen liegt — 
„Richtig! Und da um Lambach herum bin ich daheim. Und 
der Traunstein und das Höllengebirge hat mir alle Morgen zum 
Fenster hereingeguckt. Von wo aber seid denn Ihr her?" 
„Bin ein Mühlviertler. In der Nähe von Linz daheim 
Stamme von einem Bauernhof." 
„Bon einem — Bauernhof? Und da treffe ich Euch als Wan¬ 
derbursch in Jerusalem? Ja, sagt mir, wie ist denn das zuge¬ 
gangen?" 
"Sst eine lange und mitunter böse Geschichte, das, Hochwüv- 
den! Ich: mag nicht gern davon reden." 
„Ei freilich, warum denn nicht? Nur heraus damit!" 
„Ja sehet; ich bin ein ruheloser Wandervogel seit vielen Jah= 
ren schon, walze herum in der ganzen Welt, heute da, morgen 
dort, ab und zu arbeitend, vielfach auch nicht. So bin ich halt 
auch! da hergekommen. Als Köhlenschupfer auf einem Dampfer. 
Bin ein unguter Gesell und wenn Hochwürden wüßten ." 
„91.ch was, Landsmann!" unterbrach der Pater, „es wird 
wohl so arg nicht sein! Kommt mit ins österreichische HoWz, 
und da — er zog eine Schnupftabakdose aus seinem weiten Äer- 
mel — nehmt eine ehrliche deutsche Prise, damit Eure Lebens¬ 
geister wieder etwas mehr aufgefrischt werden . . 
Sie gingen zurück in die Heilige Stadt. Auf dem Wege dort¬ 
hin erzählte Franz Seibold dem Pater Landsmann von den 
Franziskanern feine Geschichte. Der Pater hörte teilnehmend zu, 
dann sagte er in feiner robusten Art: „Schmiedgesell', Ihr müßt 
seßhaft werden! Ihr müßt, verstanden. Laßt endlich einmal das 
Herumgaukeln, seid ja doch schon über dreißig Jahre alt! Biel- 
leicht, daß Ihr hier Glück habt. Tann bleibt aber einmal län¬ 
gere Zeit. Und wenn nicht, dann zurück in die Heimat, wenn auch 
mit Schwierigkeiten! Ihr solltet doch auch einmal an das Selbst- 
standigw erden denken." . 
„Dazu bin ich: zu leichtsinnig, Hochwürden —." 
„Ach was, zu leicht! Immer solche Ausflüchte! Wenn man 
nicht will, ist man nicht leicht! Wenn Ihr Euch einbildet — justa¬ 
ment will ich es einmal probieren, so müßte es doch gehen! 
Habt Ihr denn gar keine Schneid dazu?" 
Der /Geselle kratzte sich hinter den Ohren. „Ich weiß halt 
nicht — ich kenne mich zu gut —." 
Ihr natürlich immer Euren schlechten Launen nach¬ 
gegeben habt . . . aber Ihr müßt das anders machen, Freund! 
•vleim Euch eine solch' schlechte Laune anwandelt, dann sagt 
Euch: Ich bin doch ein Deutscher und habe das Herz am rechten 
Fleck, und weitn ich mir einmal etwas Gutes in den Kops setze,
	        
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