Volltext: Innviertler Kalender 1934 (1934)

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Als er nun allein dastand, mußte er hellaus lachen. Doch 
nun dritte er sich nimmer verraten! Er würde ja das Mäd¬ 
chen beschämen. Nein! Nur das nicht! Denn Walter Seyfried 
war sehr feinfühlend. 
So spreite -er denn seine Rolle gut zu Ende, schluckte mit 
scheinbarem Heißhunger drei Knödeln hinunter, tat freudig 
und endete mit tiefer Wehmut: 
„Bielen, innigen Dank, Fräulein! Ich werde es Ihnen nie 
berig,essen!" Er sprach es ans wirklich aufrichtigem Herzen. 
Dann wendete er sich zum Gehen. 
Ilse hatte seinen vermeintlichen Heißhunger mit Mitleid 
beobachtet, ;u:itb— und irgend etwas fiel ihr an dem jungen 
Manne so angenehm auf. Was, das wußte sie selbst nicht. 
Und in momentaner Eingebung streifte sie ihr zartes Silber¬ 
ringlein vom Finger und reichte es ihm mit den Worten: 
„Zum Abschied! Er ist geweiht! Er wird Ihnen bestimmt 
Glück bringen!" 
.Walter Seyfried war es, als wollten sich ihm ob so 
viel Mitgefühls und tätigen Mitleides Tränen durch die Kehle 
pressen. Es wird ihm unmöglich, auch nur ein einziges Wort 
hervorzubringen. Gerührt erfaßte er ihre Hand und küßte sie. 
Küßte sie innig und in aufrichtiger Bewunderung. 
Tragen Sie ihn aber in Ehren! Es ist ein Glücksring!" 
Dies war ihre erste Begegnung. 
* * * 
Eine geraume Zeit war vergangen. Walter Seyfried wollte 
der kleine nette Vorfall nicht mehr ans dem Sinn kommen. 
„Er wird Ihnen Glück bringen! Er — ist — geweiht!" Immer 
und immer wieder klangen diese Worte an sein Ohr. Warum 
nur handelte sie so? Und, — wenn ein Menschenherz zu sol¬ 
chen lieben Opfertaten fähig ist, dann muß es auch wirklich 
gut und edel sein. Doch auch ihre äußere Erscheinung machte 
>ie begehrenswert! 
Und eines Tages faßte er einen festen Entschluß. 
Walter Seyfried machte sich „nett" und ließ einspannen. 
Er sandte einen Boten zum Rosengärtner, der leinen 
Besuch ankündete. 
Zwei edle Lipizzaner fuhren im Trab davon. 
Mit entblößtem Haupte eilte der alte Gärtner zum Wa¬ 
gen und begrüßte ehrfurchtsvoll seinen jungen Gönner. 
„Ja, .Herr von Seyfried! Schon lange nicht mehr das 
ÜSeranügen gehabt!" 
Und der greise Mann, der dem jungen Gutsherrn so 
ganz vom Herzen zugetan war, machte Miene, ihm vor Freude 
die Hand zu küssen. 
„No, uo, Alter!" verwehrte er es ihm. 
„Elegant sind's aber heut' beinander! Als dürsten's aus 
Brautschau gehen!" verwunderte sich der Gärtner. 
„Erraten, alter Freund!" Und in leichtem Uebermut und
	        
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