Volltext: Amtliches Linzer Adreßbuch 1931 (1931)

III 
Die Landeshauptstadt 
Linz a. N. 
Allgemeines. Linz, die Landeshauptstadt non Oberöster- 
reich, zählt nach dem Stande vom 30. Juni 1930 113.576 
Einwohner. Der Flächenraum beträgt einschließlich Ur¬ 
fahrs, der Vororte Lustenau und Waldegg und der Ort¬ 
schaften Pöstlingberg, Hagen, Bachl und Gründberg 52.29 
Quadratkilometer und ist mit zirka 30.000 Haushalten, die 
in 5627 Häusern Wohnung finden, 'besiedelt. Linz liegt in 
einer Seehöhe von 264 Meter unter 48°17’82”8m nörd¬ 
licher Breite und 31°57’36” östlicher Länge von Ferro in 
der anmutigen Gegend des Linzer Beckens zu beiden Ufern 
der Donau, dort, wo sie aus einer Enge hervortritt. Zwei 
stattliche Brücken führen zum linken Donauufer, -zur ehe¬ 
maligen, feit 1919 eingemeindeten Stadt Urfahr. 
Das Klima «der Linzer Gegend ist milde und gesund; 
die mittlere Jahrestemperatur beträgt 9° Eelsius, Maxi¬ 
mum im Sommer höchstens 30o Eelsius, im Winter selten 
unter — 11° Eelsius. Die Stadt Linz ist in allen Teilen 
kanalisiert und hat .gesundes Trinkwasser. 
Geschichtliches. Der Ursprung der Stadt kann auf Grund 
der Funde weit, jedenfalls bis in die jüngere Steinzeit 
zurückverlegt werden. Der Name ist keltischer Herkunft. Linz 
wurde von den Römern als kleiner befestigter Lagerplatz 
in der Kette der Donaufestungen, die die Römer zur Feit 
des Kaisers Marc Aurel zum Schutz gegen die vordringen¬ 
den Germanen angelegt hatten, ausgebaut. Der Mittelpunkt 
dieses Lagers befand sich wahrscheinlich auf jener Höhe, 
wo das Schloß und die Martinskirche stehen. Der Name 
Lentia wird zwar erst zu Anfang des 5. Jahrhunderts 
ausdrücklich als Standort der 2. italienischen Legion ge¬ 
nannt, aber er ist sicher viel älter. Als gegen Ende des¬ 
selben Jahrhunderts die nördliche Reichsgrenze Roms den 
Einfällen der Germanen nicht länger zu widerstehen ver¬ 
mochte und die Stürme der Völkerwanderung wild ver¬ 
heerend darüber hinwegrasten, .ging jenes älteste Linz ge¬ 
waltsam zugrunde, um für Jahrhunderte sozusagen spur¬ 
los zu verschwinden. Erst 788 unter dem Bayernherzog 
Tassilo II. wird Linz wieder urkundlich genannt. Im 
9. Jahrhundert war es bereits eine eigene 'Zollstätte und 
nicht unwichtiger Handelsplatz, der mit Enns, Steyr und 
Wels zu den Hauptorten des Landes zählte. 1241 wird 
Linz als Stadt bezeichnet, seit 1265 Versammlungsort der 
oberösterveichifchen Stände, am 10. März 1490 wurde Linz 
von Kaiser Friedrich III., der auf dem Schlosse lange und 
mit Vorliebe verweilte, das Recht der freien Wahl eines 
Bürgermeisters verliehen. 1601 bauten die Bürger von 
Linz -ein<e Brücke über die Donau, wodurch der Handel mit 
der nördlichen Donaugegend eine erhebliche Förderung er¬ 
hielt. Hand in Hand ging damit ein baulicher Aufschwung 
der Stadt, der aber infolge der Religionswirren bald einen 
empfindlichen Rückschlag erlitt. Die sogenannte Gegen¬ 
reformation erstickte die frische Blüte des Aufschwunges 
und versengte sie so gründlich, daß «durch mehr als 260 
Jahre ein vollkommener Stillstand der Stadtentwicklung 
eintrat. Während des zweiten Bauernkrieges (1626), als 
Oberösterreich unter der Verwaltung des bayrischen Statt¬ 
halters Herberstorf stand, wurde Linz von den Scharen 
des Bauernführers Stephan Fattinger vergeblich bestürmt 
und Fattinger bei der Rekognoszierung des Landhauses 
tödlich verwundet. Nach Unterdrückung der Bauern wurden 
am Hauptplatz 18 ihrer Führer hingerichtet, ihre Leich¬ 
name zerstückelt und an die Türme und Tore gesteckt. Linz, 
dessen Name infolge der Belagerung mit einem Male selbst 
in weiten Landen genannt worden war, trat dann 
wieder in den Hintergrund geschichtlicher Beachtung, um¬ 
somehr, als es auch vom Dreißigjährigen Krieg nicht be¬ 
rührt wurde. Erst im österreichischen Erbfolgekrieg (1742) 
besetzten Franzosen und Bayern die Stadt während eines 
ganzen Jahres, und auch unter den napoleonifchen Kriegen 
mußte sie ähnliche Einfälle erleiden. Der darauffolgende 
Staatsbankerott vollendete das Unheil, das seit Beginn des 
Jahrhunderts die Stadt so schwer getroffen hatte und 
brachte erneut ihre Fortentwicklung zum Stillstand. Das 
1800 niedergebrannte Schloß wurde nur mehr teilweise 
hergestellt, zuerst als Strafanstalt und später als Kaserne 
eingerichtet. 1803 wurde der Bau des neuen „ständischen 
Theaters" vollendet, 1821 ein Teil der Stadt kanalisiert. 
1825 gepflastert. 1832 ging von Linz nach Budweis die erste 
und älteste Eisenbahn Europas, 1837 wurde die Donau- 
dampfschiffahrt eröffnet, 1872 die eiserne, von einer fran¬ 
zösischen Firma um 950.000 Gulden erbaute Donaubrücke 
dem Verkehr .übergeben. In neuerer Feit entstanden zahl¬ 
reiche schöne, öffentliche und private Bauten, Industrie 
und Handel nahmen den größten Aufschwung, wozu die 
vielseitigen Bahnverbindungen wesentlich beitrugen. Seit 
1880 besitzt die Stadt eine Straßenbahn, anfangs mit Pfer¬ 
den, von 1897 an elektrisch betrieben. 
Linz ist die Geburtsstadt vieler hervorragender Per¬ 
sönlichkeiten, darunter die Schauspielerin Therese Schimann 
(1748), der Botaniker Dr. Johann Duftschmid (1804), der 
Polksdichter Norbert Purfchka (1813), der Altertumsforscher 
Friedrich Kenner (1834), der Historienmaler Josef Munsch 
(1838) und andere. In ihren Mauern weilten 1492—1493 
der ^gelehrte Humanist Ioh. Reuchlin, 1501 der berühmte 
Wiener Dichter Konrad Eeltis, 1612—1627 der Astronom 
Kepler, den die Landstände von .Oberösterreich in ihre 
Dienste genommen hatten, 1812, 1814 und 1815 Beethoven, 
1848—1868 Adalbert Stifter, 1864 der Dichter Hermann 
Gilm, 1855—1868 der Komponist Anton Bruckner. 
Die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten. Vom Bahnhof 
gelangt man durch eine Allee zum Städtischen Volksgarten, 
der 1858 von der Stadtgemeinde erworben wurde und die 
Denkmäler „Freude am Schönen", ferner des Turnvaters 
Jahn und des oberösterreichischen Mundartdichters Franz 
Stelzhamer enthält. An seiner Ostseite nimmt die Land¬ 
straße, die Hauptverkehrsader von Linz, ihren Anfang und 
mündet über die Schmidtorstraße in den großen, vormittag 
durch den Obst-, Gemüse- und Blumenmarkt reich belebten 
Platz des 12. November oder Hauptplatz, wie er im Volke 
zumeist genannt wird. In dessen Mitte steht die 26 Meter 
hohe Dreifaltigkeitssäule, die 1723 zur Erinnerung an die 
Pest und die Kriegsgefahren 'errichtet wurde. An der Ost¬ 
front des Platzes befindet sich das Rathaus aus dem Jahre 
1414, erst 1824 vollkommen ausgebaut, mit Amtskanzleien 
und dem großen Sitzungssaal des Gemeinderates. Pördlich 
grenzt der Platz an die Donau, wo eine große Donaubrücke 
nach Urfahr hinüberführt. Eine zweite, 1900 eröffnete 
Reichsbrücke dient dem Eisenbahn- und Wagenverkehr und 
befindet sich etwas unterhalb. Zwischen beiden Brücken 
liegt der Kai mit dem Landungsplatz der Dampfer, den 
Parkanlagen der Donaulände, an deren Ende das modernst 
eingerichtete Parkbad mit drei Schwimmbecken, Sportplatz, 
Kinderplanschbecken, großem Park, Winterhallenbad und 
zahlreichen Brausebädern liegt. 
Vom Hauptplatz .westlich gelangt man durch die Bad- 
gasse und Hofgasse zum Schloß und zur sogenannten Alt¬ 
stadt, der Keimzelle von Linz, während die Klosterstraße
	        
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