Die ehemal. Ciſtertienſerabtei Raitenhaslach
bis zum Ausgang des Mittelalters.
Von Dr. phil. Esgar Krauſ en, München.
(1. Fortsetzung).
Nach diesem rechts- und verfaſsungsgeschichtlichen Überblick
ſei etwas. auf die inneren Kloſterver hältnisse ein-
gegangen. Die innere Leitung und äußere Vertretung einer
jeden Ciſtercienſerabtei lag in den Händen des Abtes, der von
seinen Mitbrüdern in geheimer Wahl unter Ausschluß jeglicher
Mitwirkung des Diözesanbiſchofs gewählt wurde, wofür aller-
dings bis zum Jahre 1265 der Abt von Salem als Abt des
Mutterkloſters Stimmrecht besaß. Damals wurde dieſe Befugnis
durch Papſt Clemens IV. für den ganzen Orden aufgehoben !,
doch hatte der Vater-Abt odex ,„Abbt-Weyser“, wie er in mittel-
alterlichen Urkunden so gerne genannt wurde, weiterhin während
der Sedisvakanz die Leitung des verwaiſten Tochterkloſters zu
übernehmen und sich um die Wahl eines Nachfolgers zu
kümmern, indem er dem Walhlakt ſselbſt vorſtand oder zum min-
deſten dazu einen Bevollmächtigten ſandte. Überdies hatte er
auch in Zukunft wenigstens einmal im Jahre sein Tochterkloſter
zu viſitieren und darüber nachzuforſchen, wie es mit der Zucht
stünde, ob die Kassenverhältniſſe in Ordnung seien und ob die
verschiedenen Erlasse der Ordenskapitel eingehalten würden, ja
î_ ihm oblag sogar die Überprüfung der Pitanzien, d. h. der den
Mönchen von verschiedenen Seiten zu ihrem sonst nach Ciſter-
cienserart recht kärglichem Mahle gestifteten Zukoſt ?. Da uns
aus der mittelalterlichen Zeit des Klosters keinerlei Visitations-
protokolle und dgl. erhalten sind, vermögen wir nicht zu sagen,
wie lange die „Weisung“ dauerte und wie die Überprüfung vor
ſich ging. Urkundlich lassen sich übte von Salem in Raitenhaslach
im Mittelalter überhaupt nur in den Jahren 1297, 1316 und
14198 ? bezeugen, im letzten Jahre nachweislich anläßlich der
Waltl des Abtes Johann VI. Guotgelt. Dennoch darf man an-
nehmen, daß ſie um ihrer jährlichen Visitationspflicht willen die
| beschwerliche Reiſe von der Bodenseegegend in das Salzachtal
1) Schreiber a. a. O., I, 86; Ciſt. Chronik 36 (19214), 52; I. Eiche-
| .. ler, Stud. u. Mitt. 19' (1931), 71.
tz Krauſen, Freiburg. Diöz. Arch. N.F. 35 (1934), 26A4 . j:
s) Salzb. Reg. |, A1 n. 328; HStAM. Ger. Urk. Mcuerkiecher.
Faſc. 1; Gen.Land. Arch. Karlsruhe Lit. 2597 (124, 3). |